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31.07.2020 | 01:01 | Spezialisierung schwierig 

Tönnies kritisiert neues Gesetz für Fleischbranche

Rheda-Wiedenbrück - Deutschlands größter Fleischverarbeiter Tönnies hat Vorwürfe zurückgewiesen, mit Firmenneugründungen die Abschaffung von Werkverträgen und Leiharbeitern in der Branche ab 2021 umgehen zu wollen.

Tönnies
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15 Firmen ließ der Tönnies-Konzern zuletzt ins Handelsregister eintragen. Normal, um die Einstellung von bisherigen Werkvertragsarbeitern vorzubereiten, sagt ein Sprecher. Die Gewerkschaft NGG hat Zweifel. (c) tönnies
Tönnies hatte zuletzt 15 sogenannte Vorratsgesellschaften am Amtsgericht Gütersloh für Rheda-Wiedenbrück ins Handelsregister eintragen lassen.

«Wir haben angekündigt, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kernbereichen der Produktion direkt anzustellen. Dabei bleibt es uneingeschränkt. Wir sind bereits mitten in diesem Prozess, da wir Mitte September die ersten 1.000 ehemaligen Werkvertragsarbeiter fest eingestellt haben wollen», sagte ein Konzernsprecher am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur.

Die Gründung dieser Vorratsgesellschaften sei ein völlig normaler Vorgang in einem internationalen Konzern. «Für die Festanstellungen braucht es rechtliche Grundlagen. Es ist momentan noch völlig unklar, welche Organisationsformen das geplante Gesetz vorsieht. Vorsorglich haben wir deshalb diese Gesellschaften gegründet», sagte der Sprecher. Mit diesen Gesellschaften könne Tönnies Direkteinstellungen an verschiedenen Standorten und für die verschiedenen Gesellschaften im Konzern schnell umsetzen.

Das Bundeskabinett hatte am Mittwoch die geplanten schärferen Regeln für die Fleischindustrie auf den Weg gebracht. Der Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sieht vor, dass in größeren Betrieben der Branche ab dem 1. Januar 2021 im Kerngeschäft Schlachtung, Zerlegung und Fleischverarbeitung keine Werkvertragsarbeiter und ab 1. April 2021 auch keine Leiharbeiter mehr beschäftigt werden dürfen. Bei Verstößen drohen Bußgelder. Ausgenommen sind Fleischerhandwerksbetriebe mit maximal 49 Mitarbeitern.

Heil schrieb bei Twitter zum Vorwurf, Tönnies würde damit die Hürde von 50 Mitarbeitern beim Werkvertragsverbot umgehen: «Nein (...) Die 50er Regelung gilt nur für HANDWERKSUNTERNEHMEN.»

Freddy Adjan von der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) äußerte Zweifel an der Darstellung von Tönnies. «Die Fleischindustrie hat in der Vergangenheit sehr viel kreative Energie aufgebracht, um Gesetze zu umgehen. Herr Tönnies hat das menschenverachtende System der Werkverträge über fast zwei Jahrzehnte in seinen Unternehmen perfektioniert», sagte Adjan der «Rheinischen Post» (Freitag). Daher sei es wenig glaubhaft, dass es sich bei den Gründungen von Tochtergesellschaften lediglich um Vorsorgemaßnahmen handeln solle, sagte der Gewerkschaftsvertreter.

Geschäftsführer Clemens Tönnies meldete sich in der «Lebensmittelzeitung» selbst zu Wort und zeigte sich unzufrieden mit den geplanten schärferen Regeln für die Fleischindustrie. «Wir sollen ein Konzernverbot bekommen. Untergesellschaften sollen verboten werden, nur noch einen Inhaber soll es geben», sagte Tönnies.

Der Manager beklagte, dass dem Unternehmen durch das neue Gesetz «die Möglichkeit der Spezialisierung und die Möglichkeit, auf Marktereignisse zu reagieren», genommen werde. «Ich muss doch Würste und Schinken produzieren und die an einem anderen Punkt schneiden und verpacken können. Mit Veggie-Wurst und Käse darf ich das. Da besteht zwingend noch Diskussionsbedarf», sagte Tönnies.
dpa
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