Agrar-Demonstration: Wir haben es sattBerlin - Am Berliner Hauptbahnhof gab es am Samstag eine Gegenbewegung zur Grünen Woche, der weltweit größten Ernährungsmesse. |
Unter dem Motto «Wir haben es satt. Nein zu Gentechnik, Tierfabriken und Dumping-Exporten» gingen laut Veranstalter rund 22.000 Menschen für eine neue Agrarpolitik auf die Straße. Essen im Überfluss und gedankenloser Konsum, diese Zeiten sind vorbei, so die Botschaft.
Häppchen wurden nicht nur den Messebesucher gereicht. Bauern verteilten an die Demonstranten Biomilch und Tütchen mit Bio-Knabbermix. In Sprechchören forderten die Demonstranten: «Hopp, hopp, hopp, Agrarfabriken stopp!»
Mehr als 120 Organisationen hatten zum Protest aufgerufen. Die Teilnehmer kamen per Bus und Bahn, einige Familien auch per Fahrrad samt Kinderanhänger. Bauern rollten in Traktoren an: Bereits am Morgen hatten etwa 50 von ihnen mit einer Sternfahrt zur Grünen Woche gegen eine industrialisierte Landwirtschaft protestiert. Weitere Schlepper aus Brandenburg kamen im Laufe des Tages hinzu.
Ein Meer von grünen Luftballons und Transparenten schwebte über den Menschen. Zu lesen waren dort Sprüche wie «Genfood ist beschissen, das soll jeder wissen» oder »Wer Bauern quält, wird nicht gewählt». An einem Wagen hingen federlose Gummihühner. Plakate zeigten gequälte Kühe und Schweine.
Daneben wehten Fahnen von Bündnis 90/Die Grünen, Vereinen wie Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Attac, der Veganen Gesellschaft, Bund gegen Missbrauch der Tiere oder Öko-Produzenten wie Demeter und Bioland. Samba-Trommler sorgten für Stimmung ebenso wie Demonstranten mit ihren Löffeln, Töpfen und Pfannen. Imker stießen mit ihren Smokern kleine Rauchwolken in den Himmel.
|
|
|
| |
Mehr als 120 Bio-, Umwelt- und Natur-Verbände sowie 22.000 Menschen machten heute ihrem Ärger, wegen einer verfehlten Agrarpolitik, Luft. |
|
|
Die Spitzenkandidatin der Berliner Grünen, Renate Künast, griff das Kochgeschirr anschließend in ihrer Rede auf: «Wir wollen und werden Politik mit Messer und Gabel machen!», kündigte sie an. Zuvor hatte sie sich für Verbraucher und Öko-Landwirte stark gemacht. «Wir wollen nicht, dass unsere Bauern Sklaven sind. Dass die von zwei, drei großen Saatgutkonzernen abhängig seien, ist so ziemlich das Bescheuertste, was es gibt.»
Künast durfte erst beim Abschlusskonzert am Brandenburger Tor reden. Politiker waren bei der Kundgebung nicht zugelassen. Stattdessen kam etwa der nigerianische Träger des Alternativen Nobelpreises, Nnimmo Bassey, zu Wort. Er forderte, die landwirtschaftlichen Flächen für den Anbau von Lebensmitteln statt für Biotreibstoffe zu nutzen: «Landwirtschaft für Menschen statt für Maschinen.»
Zuvor hatte auch der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf, klare Worte gefunden. Mit Blick auf den Dioxin-Skandal prangerte er vor allem die Futtermittelhersteller an: «Diese kriminellen Hasardeure machen uns zu Endlagern für toxische Stoffe.»
Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger rief der «neuen Bewegung» zu: «Sie sind nicht Wutbürger, sondern Mutbürger.» Der Regierung drohte er: «Wir kommen wieder nach Berlin, mit doppelt so vielen Leuten, wenn die Politik nicht endlich handelt.» Die Teilnehmer zeigten auch am Ende der mehrstündigen Demonstration schon mal Geschlossenheit - mit La-Ola-Wellen. (dpa)
|
|
|
|
|