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24.10.2012 | 19:17 | Agrarkultur 

Gesellschaft für Agrargeschichte verleiht AgrarKulturerbe-Preis

Frankfurt/Main - Die Gesellschaft für Agrargeschichte (GfA) hat zum dritten Mal die AgrarKulturerbe-Preise verliehen.

Schloss Blankenhain
(c) gfa
Damit ist gestern das Deutsche Landwirtschaftsmuseum Schloss Blankenhain (Landkreis Zwickau) und sein Leiter Dipl.-Geogr. Jürgen Knauss ausgezeichnet worden.

Zweite Preise erhielten zu gleichen Teilen der Architekt und Denkmalpfleger Benno Kolbe aus Gürth (Bad Brambach/Vogtland) für sein Lebenswerk sowie gemeinschaftlich die Witzenhausener Studenten Hannah Fritsch, Jette Haak und Frank Kessel sowie der Historiker Dr. Jochen Ebert von Universität Kassel für ihren vorbildlichen Beitrag zur Geschichte der Zwangsarbeit während des Nationalsozialismus.

Die Preise wurden im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung vom Zweiten Vorsitzenden der Gesellschaft für Agrargeschichte Prof. Dr. Andreas Dornheim (Universität Bamberg) gemeinsam mit dem Staatssekretär im Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft Dr. Fritz Jaeckel überreicht.


Dr. Rieger: Die Pflege des Kulturgutes im ländlichen Raum unverzichtbar für die Gesellschaft

Von wunderschönen Landschaften wird das Bild Deutschlands mit geprägt. Doch „die deutsche Landschaft wäre heute nicht das, wenn nicht unsere Vorfahren und die heutige Generation der Landwirte und der agrarkulturell Tätigen mit ungeheurem Fleiß, Kreativität und Zukunftsorientierung" ihre Aufgaben mit Verantwortung erfüllen würden.

So formulierte es Dr. Dietrich Rieger als Mitglied des Vorstandes der Gesellschaft für Agrargeschichte in seiner Begrüßung zu Beginn der Veranstaltung.

Die Pflege des Kulturgutes im ländlichen Raum sei für unser Land unverzichtbar. Das Bewusstsein dafür wach zu halten und zum verantwortungsvollen Umgang mit historisch wertvollen Gütern im ländlichen Raum zu motivieren, hat sich die Gesellschaft für Agrargeschichte, deren Gründungsgeschichte 1904 in Weimar begann, zum Ziel gesetzt.

Zu ihren Aufgaben gehören die Pflege des Agrarkulturerbes, die Erforschung der Agrargeschichte und die Information der interessierten Öffentlichkeit. Auf vorbildliche Initiativen zur Sicherung unseres kulturellen Erbes im agrarisch geprägten ländlichen Raum aufmerksam zu machen, dem dient der AgrarKulturerbe-Preis, den die Gesellschaft für Agrargeschichte 2008 gestiftet hat.

Er wird seitdem zweijährlich verliehen. Die diesjährigen Preisträger zeigen nach den Worten von Dr. Rieger die Vielfalt von Agrarkultur und agrarkulturellen Erbes.

„Sie reicht vom musealen Darstellen möglichst aller Aspekte der Agrarkultur über die Landespflege und bauliche Denkmalspflege bis hin zu Studien über unsere jüngste Geschichte durch engagierte Studenten."


Staatssekretär Dr. Jaeckel: Reichhaltige Kulturlandschaft und stolz auf 20 Jahre Aufbauarbeit

Trotz seiner 200 jährigen Industriegeschichte ist Sachsen ein agrarisch geprägtes Land. Auch heute lebe rund die Hälfte der Bevölkerung im ländlichen Raum, wie der Staatssekretär im Sächsischen Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft Dr. Fritz Jaeckel in seinem Grußwort hervorhob.

Sachsen sei stolz auf sein reichhaltiges kulturelles Erbe. Bundesweit setze das Land hierbei Maßstäbe durch das 1993 beschlossene Kulturraum-Gesetz, mit dem die reiche und vielfältige sächsische Kulturlandschaft über drei städtische und fünf ländliche Kulturräume direkt in den Regionen gefördert und weiterentwickelt werde.

Der Kulturraum Zwickau-Vogtland ist einer davon. Dass Sachsen heute über eine „einzigartige Kulturlandschaft" verfügt, bezeichnete er mit als ein Ergebnis dieses Kulturraum-Modells und vor allem auch seiner „großen Zahl engagierter Bürger, die sich hierfür einsetzen".

Staatssekretär Dr. Jaeckel sprach der Gesellschaft für Agrargeschichte und der Jury für die diesjährigen Preisträger ein besonderes Lob aus, weil dadurch das besondere Engagement der Bürger wie auch 20 Jahre Aufbauarbeit gewürdigt würden.

„Hierauf können wir in Sachsen stolz sein". Zudem bezeichnete er die Aufarbeitung und die Herausstellung vieler kleinteiliger Beispiele als wichtige Aufgabe, die mit den Schatz unseres Kulturerbes ausmache.


Zukunft braucht Tradition - Förderung des Kulturerbes für Bernard Krone-Stiftung eine Verpflichtung

Gefördert wird der Agrarkulturerbe-Preis in diesem Jahr durch die Dr. Bernard Krone-Stiftung in Spelle. Die Krone-Gruppe gehört zu den führenden Herstellern im Bereich Landtechnik und Nutzfahrzeuge.

Dr. Rieger dankte dem bekannten Emsländer Unternehmen ausdrücklich für die Förderung. Es habe damit die Herausstellung und die Würdigung von außerordentlichem Engagement und Leistungen zur Bewahrung von agrarkulturellem Erbe ermöglicht. Dr. Günter Kozlowski hat für die Dr. Bernard Krone-Stiftung die Preise mit überreicht.

In einem Grußwort hob Dr. Kozlowski hervor, dass für das Unternehmen, das vor über 100 Jahren gegründet wurde, und vor allem für die Unternehmerfamilie Bernard Krone die Verankerung und das Bekenntnis zur heimatlichen Region stets ein vorrangiges Anliegen ist.

Mut auf die Zukunft sowie aktives Anpacken und Handeln gehören zu den Leitsätzen von Dr. Bernard Krone, so Dr. Kozlowski. Und „Zukunft braucht Tradition", daher sieht die Stiftung in der Förderung des Agrarkultur-erbes eine besondere Verpflichtung.


Beispielhafte Aufbauarbeit und innovatives Konzept: Deutsches Landwirtschaftsmuseum Schloss Blankenhain - Bedeutendstes Museum seiner Art in Ostdeutschland

Mit dem AgrarKulturerbe-Preis 2012 wurden das Deutsche Landwirtschaftsmuseum Schloss Blankenhain (Landkreis Zwickau) und sein Leiter Dipl.-Geograph Jürgen Knauss ausgezeichnet.

Nach einer wechselvollen Geschichte seit seiner Gründung 1972, unter anderem auch von Schließung bedroht, hat es sich inzwischen als Deutsches Landwirtschaftsmuseum Schloss Blankenhain zum größten Landwirtschafts- und Freilichtmuseum in Mittel- und Ostdeutschland entwickelt.

In einer beispielhaften Aufbauarbeit ist nach der Wiedervereinigung ein beeindruckendes Museum geschaffen worden, wie Prof. Dr. Hermann Heidrich (Universität Kiel) als Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates der Gesellschaft für Agrargeschichte in seiner Würdigung hervorhob.

Es trägt in den vergangenen 20 Jahren entscheidend die Handschrift von Jürgen Knauss, der seit Juli 1992 das Museum auf den Erfolgsweg bringt. Der aus Schwäbisch-Gmünd in Ost-Württemberg stammende und zuvor an der Universität Stuttgart als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig gewesene Diplom-Geograph erweist sich als ein Glücksfall.

Mit Ideenreichtum und Visionsgabe habe der heute 51-jährige Museumsleiter zusammen mit seinem Team den Auf- und Weiterbau des Freilichtmuseums mit neuem Konzept und neuem Namen zielgerichtet vorangetrieben.

Ein wichtiger Meilenstein bei der Weiterentwicklung stellte die Schließung des Museums am Standort der ehemaligen „agra" in Markkleeberg bei Leipzig und die Überführung der Objekte nach Blankenhain dar.

Ein besonderes Lob zollte Laudator Prof. Heidrich dem Freistaat Sachsen und dem Landkreis Zwickau für die klugen Entscheidungen mit der Weiterführung des Museums Anfang der 90-er Jahre und der Überführung der agrargeschichtlichen Sammlungen von der „agra" nach Blankenhain.

Durch die 2006 erfolgte offizielle Umbenennung ist Schloss Blankenhain eindeutig der ost- und mitteldeutsche Standort des „Deutschen Landwirtschaftsmuseums" neben Stuttgart-Hohenheim.

Das Museum mit seinen rund 80 Gebäuden und baulichen Anlagen sowie der Vielzahl thematischer Ausstellungen zum Alltag, zum Wohnen und Wirtschaften auf dem Land ist nicht nur für die Region von überragender Bedeutung, sondern auch überregional beispielgebend. Es stellt historisch Wertvolles aus der Region modern, anschaulich und überzeugend dar.


Benno Kolbe: Ehrung für einen Pionier in Sachen ländlicher Denkmalpflege - Er verleiht seiner Region Vogtland Ansehen, Würde und Wert

Mit dem zweiten Preis wurden in diesem Jahr zu gleichen Teilen zwei Preisträger ausgezeichnet.

Zum einen wurde Benno Kolbe aus Gürth (Bad Brambach/Vogtland) für seine Lebensleistung im Bereich des Agrarkulturerbes geehrt. „Benno Kolbe hat den Dörfern und ihren Häusern im Vogtland zu Ansehen und Zukunft verholfen", hob Prof. Dr. Christel Köhle-Hezinger (Universität Jena) als Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirates und der Jury dessen Verdienste in ihrer Würdigung hervor.

Er half „das Alte, Bedrohte, Verfallende auf neue Weise zu betrachten, zu beachten und zu nutzen. Damit verleiht er seiner Region Vogtland Ansehen, Würde und Wert".

Seine Ausbildung erhielt der heute 78-jährige an der Bauhaus-Universität in Weimar und sein Diplom im Fach Dorfplanung - Ländliches Bauen. Zunächst bis 1975 als Architekt in der Hochbauprojektierung in Plauen tätig, widmete sich Kolbe danach dem Aufbau des "Vogtländischen Freilichtmuseums" in Landwüst und Eubabrunn.

Zunächst als Aufbauleiter und ab 1983 bis 1990 als Leiter des Bauernmuseums habe er Beispielhaftes geschaffen. Seit 1975 auch ehrenamtlicher Denkmalpfleger, sei er zudem heute noch ein unermüdlicher Förderer ländlicher Baukultur.

Darüber hinaus ist Benno Kolbe für Frau Prof. Köhle-Hezinger ein „leidenschaftlicher Vermittler und Aufklärer, Liebhaber und Experte, ein Autor, Praktiker und Planer gleichermaßen".


Außergewöhnliches studentisches Projekt gegen das Vergessen: Untersuchung zur Geschichte der Zwangsarbeit in der Landwirtschaft in Frankenhausen (Kreis Kassel)

Ebenfalls mit einem zweiten Preis wurden gemeinschaftlich die drei Witzenhausener Studenten Hannah Fritsch, Jette Haak und Frank Kessel sowie ihr betreuender Historiker Dr. Jochen Ebert von der Universität Kassel für ein außergewöhnliches Projekt gegen das Vergessen ausgezeichnet.

Das bisher wenig beachtete Kapitel der Zwangsarbeit in der Landwirtschaft während des Nationalsozialismus ist in diesem studentischen Projekt konkret anhand der hessischen Staatsdomäne Frankenhausen (Kreis Kassel) in beeindruckender Weise untersucht und für die Öffentlichkeit vermittelt worden.

So würdigte die Juryvorsitzende Frau Prof. Dr. Christel Köhle-Hezinger dieses vorbildliche studentische zeit- und agrargeschichtliche Projekt.

Die Domäne Frankenhausen wird seit 1998 von der Universität Kassel gepachtet und als ökologischer Lehr- und Versuchsbetrieb betrieben. Sie soll Modell sein für ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltiges Wirtschaften in der Region.

Die Domäne ist für Frau Prof. Köhle-Hezinger heute ein Modell, das über das Agrarische hinausreiche. Der Anstoß für diese Untersuchung kam vom wissenschaftlichen Leiter des Versuchsbetriebs Dr. Christian Krutzinna. Von Anbeginn ist das Vorhaben wissenschaftlich von dem Historiker Dr. Jochen Ebert begleitet worden.

Mehr als drei Jahre haben die Studenten zusätzlich zum Studium der ökologischen Landwirtschaft Umfang und Organisation der Zwangsarbeit während der Zeit des Nationalsozialismus anhand der Staatsdomäne Frankenhausen erschlossen.

Sie gingen hierbei akribisch, unbeirrt und mit großer Beharrlichkeit vor, obwohl die Quellenlage anfangs aussichtslos schien. Bekannt sind heute die Namen von beinahe 100 Zwangsarbeitern, ihr Lebensalter, die meisten der Herkunftsorte, die Arbeits- und Lebensumstände sowie Einzelschicksale.

Die vielfältigen zusammengetragenen Informationen werden zudem auf der Domäne in einem historischen Rundgang über die Zwangsarbeit vorbildlich für die Öffentlichkeit in sechs Stationen sowie mit Gedenktafeln und Publikationen dargestellt.

Sie sollen zum Erinnern sowie zu einer kritischen Auseinandersetzung anregen. So ist die Domäne auch Kultur- und Begegnungsort geworden. Durch die vorbildliche Projektarbeit zur Geschichte der Zwangsarbeit in Frankenhausen ist nach den Worten von Frau Prof. Köhle-Hezinger „der einst abgeschottete Ort von Zwang und Terror zu einem Ort regionaler Identität und der gemeinsamen europäischen Geschichte geworden."

Das Projekt leiste zugleich einen gewichtigen Beitrag zu Erhellung eines kaum beachteten Kapitels aus der jüngsten deutschen Agrargeschichte. (GfA)
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