Erstmals sind die 26 Messehallen bis zum letzten Quadratmeter belegt, die Ausstellerzahl liegt mit 1.658 so hoch wie seit 44 Jahren nicht, wie die Messegesellschaft am Mittwoch mitteilte. Von diesem Freitag an präsentieren Aussteller aus 68 Ländern bis zum 25. Januar in Berlin ihre Produkte aus Landwirtschaft, Ernährung und Gartenbau.
Bauern vor Grüner Woche mit Sorgenfalten
Nach einträglichen Jahren kommen die Bauern in diesem Jahr wenig zuversichtlich zur weltgrößten Agrarmesse
Grüne Woche in Berlin. Die Kollegen seien skeptisch und verhaltener Stimmung, sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied am Mittwoch in Berlin. «Wir hatten drei relativ gute Jahre.» Jetzt stehe die Grüne Woche unter einem anderen Stern, sagte Rukwied und verwies auf sinkende Preise für Schweinefleisch, Ferkel, Milch, Getreide und Obst. «Die Märkte haben sich gedreht.» Für Verbraucher bedeutet das vergleichsweise günstige Preise im Supermarkt.
«Das deutsche Lebensmittelpreis-Niveau bleibt moderat», sagte Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, lehnte eine konkrete Prognose aber ab. Im vergangenen Jahr seien Lebensmittel 1,2 Prozent teurer geworden. Landwirtschaft und Ernährungsindustrie leiden unter Handelsschranken zwischen der EU und Russland, die beide Seiten im Zuge der Ukrainekrise errichtet haben. Auch gute Ernten drücken auf die Preise, während der Mindestlohn die Kosten erhöht.
Zuversicht verbreiten indes die Biobauern. Sie rechnen damit, dass nach jahrelangem Stillstand wieder mehr Betriebe auf Öko-Landbau umstellen. Anlass sind gestiegene Fördersätze in den Bundesländern.
Die Grüne Woche beginnt am Freitag. Bei ihrer 80. Ausgabe ist sie mit einer Ausstellungsfläche von 130.000 Quadratmetern so groß wie lange nicht. «Das Bemerkenswerteste ist, dass sich trotz ungünstiger Vorzeichen Russland an dieser Messe beteiligt», sagte Messechef Christian Göke. Er rief dazu auf, die Messe als Dialogplattform zu nutzen. Bis zum 25. Januar präsentierten in Berlin 1658 Aussteller aus 68 Ländern ihre Produkte aus Landwirtschaft, Ernährung und Gartenbau.
Partnerland der Grünen Woche ist in diesem Jahr Lettland, das auch von den Russland-Sanktionen betroffen ist. «Wir hoffen, auf der Messe neue Kontakte zu knüpfen und werden uns mit vielen Delegationen aus anderen Ländern treffen, um neue Märkte für lettische Erzeugnisse zu erschließen», sagte Agrarminister Janis Duklavs in Riga. 2013 gingen nach Angaben von Eurostat fast 10 Prozent aller lettischen Nahrungsmittelexporte nach Russland. «Wir haben größere Probleme als viele andere Mitgliedsstaaten der EU», sagt Duklavs. Besonders betroffen sei die Milchwirtschaft.
Verbraucherschützer kritisierten im Vorfeld der Messe die Werbung für Lebensmittel mit versprochenem Extra-Nutzen für die Gesundheit. Zu oft betrieben die Hersteller «Schönfärberei auf dem Etikett», sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller. In einer Stichprobe seien bei 22 von 46 Produkten gesundheitsbezogene Aussagen über die EU-weit zugelassenen Formulierungen hinaus verstärkt worden.
Landwirtschaft und Ernährungsindustrie sprachen sich für Freihandel der EU mit den USA aus. Sie verlangten aber, in dem dazu geplanten Abkommen unter dem Kürzel TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) europäische Qualitäts- und Produktionsstandards zu wahren. «Wir wollen nicht, dass bei uns Hormonfleisch auf den Tellern ist», sagte Rukwied. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) sagte im ARD-Morgenmagazin: «Die Hygienestandards, die Standards der Lebensmittelproduktion sind sehr, sehr wichtig. Die wollen und werden wir auch durchsetzen und beibehalten.» (dpa)