Der Branche jedoch ist die gute Stimmung längst vergangen. Denn die Nachrichten sind schlecht: Die Dominanz der Kulturpflanze auf den deutschen Tellern schwindet, und die Sommer-Dürre trübt die Ernte-Bilanz der Kartoffelbauern.
Auf Europas größter Kartoffelmesse
PotatoEurope 2018 ist bereits von einer historisch niedrigen Ernte die Rede. «Wir müssen die Verbraucher darauf vorbereiten, dass die
Kartoffel nicht nur knapper und teurer, sondern auch nicht so schön wie in den vergangenen Jahren sein wird», sagt Jörg Eggers von der Europlant
Pflanzenzucht mit Hinweis auf Schalenprobleme. Der Geschäftsführer verweist auch auf die europäischen Nachbarn, die mit ähnlichen Dürre-Problemen kämpfen: «Besonders stark scheint es auch die englischen Landwirte erwischt zu haben, die berichten ebenfalls von starken Ernteeinbußen.»
Betroffen sind auch die Produzenten von Öko-Kartoffeln, die bundesweit einen Anteil von fünf Prozent haben. «Ohne
Beregnung hätten wir dieses Jahr nichts geerntet», sagt René Döbelt, Vizepräsident der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (
DLG) und selbst Öko-Kartoffelbauer. Knappes Gut bedeutet höhere Preise - die Branche geht im Vergleich zum Vorjahr von Preissteigerungen um die 30 Prozent aus.
Bundesweit machen dem einstigen Liebling der deutschen Küche aber auch veränderte Essgewohnheiten und regionale Besonderheiten zu schaffen. Angesichts des demografischen Wandels mit immer kleineren Familien geht der Trend schon seit Jahren weg von der reinen Speisekartoffel und hin zu verarbeiteten Kartoffelprodukten wie Kroketten, Gratins oder Puffern. «Ein Megatrend, der weiter anhält», sagt Martin Umhau, Kartoffelbauer aus dem sächsischen Oschatz und DLG-Aufsichtsratsmitglied.
Zudem gibt es in Kartoffel-Deutschland eine Art Nord-Süd-Spaltung. Raue Schale, weicher Kern - so liebt man sie im deutschen Osten und Süden, wo die mehligen Varianten etwa in Bayern oder Thüringen auch für Knödel hoch im Kurs stehen. «Die Norddeutschen dagegen mögen es eher festkochend und knackig, wie bei Linda», sagt Umhau mit Blick auf Kult-Knolle Linda. Die hat aber nur einen verschwindend geringen Anteil im Vergleich zu der in Deutschland am meisten vermarkteten Sorte Belana, sagt Europlant-Geschäftsführer Eggers. Die Vielfalt ist jedoch enorm - sie reicht von Bintje über Desirée, Festo und Sokrates bis hin zu Xerxes oder Trabant.
Gut geerdet und sturmverwachsen wie im Selbstbildnis der Niedersachsen - dem deutschen Kartoffelland Nummer eins - ist die einst beliebteste
Knolle der Deutschen bei der PotatoEurope dennoch der Star schlechthin. Die Messe versteht sich als Informations-Plattform, bei der auch tonnenschwere Erntegeräte von beeindruckenden Ausmaßen auf einem Freigelände die Herzen der
Bauern höher schlagen lassen. Dabei geht der Trend Richtung Digitalisierung.
«Der Bauer sitzt zwar noch auf der Maschine, aber da ist heute enorm viel Sensorik drin», sagte Junior-Chef Christoph Grimme vom gleichnamigen Agrarmaschinen-Hersteller und betont: «Je größer die
Betriebsgröße, umso mehr Nachfrage nach Digitalisierung gibt es.» Er hält es für denkbar, dass die «Uber-Philosophie», wie er es nennt, künftig auch die Landwirtschaft komplett neu aufstellen könnte und
Lohnunternehmen bestimmte Dienstleistungen für die Bauern übernehmen.
Ingesamt zeigen nach Angaben der Organisatoren knapp 240 Aussteller aus 14 Ländern ihre Neuheiten bei der Messe, die nach Frankreich, Belgien und den Niederlanden zum vierten Mal wieder in Niedersachsen ausgerichtet wird. Das Bundesland stellt 40 Prozent der bundesweiten Kartoffelproduktion.