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24.03.2009 | 12:14 | Lage der Landwirtschaft 

Landwirtschaft im Umbruch - Herausforderungen und Lösungen

Goslar - Eine umfassende Beschreibung der Lage der Landwirtschaft mit ihren inneren und äußeren Herausforderungen stand im Mittelpunkt der KTBL- Tage 2009.

KTBL-Tage 2009
(c) proplanta
Das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft hatte als Veranstalter in die niedersächsische Stadt Goslar eingeladen. Das Generalthema der Veranstaltung mit 130 Teilnehmern lautete: „Landwirtschaft im Umbruch - Herausforderungen und Lösungen“.

Mit Blick auf die globalen Zusammenhänge stellte einerseits Prof. Dr. Enno Bahrs fest, dass die Erzeugung von Biomasse zum Zweck der stofflichen und energetischen Verwertung für die Landwirte eine betriebswirtschaftliche Risikominderung darstellt. Die Erzeugerpreise für „grünen“ Strom schwanken wegen staatlicher Garantien kaum im Gegensatz zu denen von Welthandelsprodukten wie Fleisch, Milch oder Getreide. Andererseits legte Prof. Dr. Matin Qaim Wert auf die Feststellung, dass angesichts mehrerer hundert Millionen hungernder Menschen auf der Welt die Pflanzenproduktion lieber Nahrungsmittel als Energie erzeugen und auch auf die grüne Gentechnik zurückgreifen sollte. 


Milchviehhaltung unter der Lupe

In einer speziellen Sektion der KTBL-Tagung wurde der Bedeutung des Themenbereiches Milchviehhaltung Rechnung getragen. Eine eindeutige Antwort auf die Frage, wohin die Milchproduktion innerhalb Deutschlands bei bundesweiter Handelbarkeit der Quote ab 2010 und nach ihrer Abschaffung 2015 wandern wird, konnten die Fachleute nicht geben. Sie stellten aber fest, dass die Milchproduktion Deutschlands bereits heute ziemlich stark räumlich konzentriert ist. Des Weiteren haben die stark schwankenden und deshalb kaum vorhersehbaren Weltmarktpreise für Ackerfrüchte auf die Standortorientierung der Milchproduktion einen entscheidenden Einfluss.

Dr. Jürgen Strümpfel konstatierte, dass produktionstechnische Kosteneinsparung und Intensivierung alleine nicht in der Lage sein werden, die Einkommenslage der deutschen Milcherzeuger zu stabilisieren. Auf absehbare Zeit könne deshalb auf unterstützende Transferzahlungen nicht verzichtet werden. Die Notwendigkeit, geschlossene Nährstoffkreisläufe bei N-, P-, K- und Spurenelement-Verbindungen herzustellen, legte Dr. Hubert Spiekers den Milchviehhaltern nahe. Besonders eng werde es für die Betriebe oft beim Stickstoff, von dem laut Düngeverordnung maximal 170 Kilogramm pro Hektar und Jahr aus Wirtschaftsdünger ausgebracht werden dürfen.

Dr. Hans-Heinrich Kowalewsky beleuchtete die Möglichkeiten der Energieeinsparung im Futterbau. Bis zu 25 Prozent weniger Dieselverbrauch bei der Gründlandbewirtschaftung hält er für möglich. Stallbaukonzepte für wachsende Milchviehbetriebe standen im Mittelpunkt der Vorträge von Andreas Lindenberg und Michael Herdt. Sie machten deutlich, dass trotz der derzeit katastrophal niedrigen Erzeugerpreise für Milch wachstumsorientierte Betriebe bei Stallneubauten nicht sparen. Sie stocken meist die Anzahl ihrer Tiere in Verdoppelungsschritten auf, wobei Stallneubauten für 300 Milchkühe oder mehr heute keine Seltenheit sind. 


Optimierung der Schweinehaltung

Für die Schweineproduktion zeigte Dr. Dirk Hesse auf, wie deutsche Ferkelerzeuger durch gezieltes Management Stallgebäude, Arbeitsfaktoren, Tiergesundheit und Energiekosten optimieren und dadurch Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz aus Nachbarstaaten gewinnen können. Ein drängender Forschungs- und Entwicklungsbedarf zur Verbesserung der Abluftreinigung bei Schweineställen wurde von Ewald Grimm konstatiert. Einen Blick auf die Möglichkeiten der Online-Überwachung von Mastanlagen warf Dr. Engel Friederike Hessel. Sie zeigte, dass prinzipiell vielversprechende Perspektiven bestehen, dass elektronische Informationstechnologien die Betriebsleiter bei der Führung der Tierbestände unterstützen, z.B. bei der frühzeitigen Diagnose von Atemwegserkrankungen. Aber sie wies auch darauf hin, dass die Technik der Sensoren und Messgeräte noch nicht ausgereift und die Systeme auch noch zu teuer sind. 


Chancen und Risiken der Pflanzenproduktion

Elektronik und elektronische Datenverarbeitung werden auch im Pflanzenbau weiter an Bedeutung gewinnen, davon ist Dr.-Ing. Detlef Ehlert überzeugt. Er prognostizierte, dass die präzise Landbewirtschaftung mit Satellitennavigation und elektronischer Steuerung der Schlepper und Geräte weiter voranschreiten wird, da hier immer mehr technische Hemmnisse aus dem Weg geräumt werden. Wie der Landwirt Phosphor effizient düngen und Bodenvorräte gezielt nutzen kann, was er bei der Qualität von P-Düngemitteln beachten sollte und dass Klärschlämme und Schlachtnebenprodukte als P-Quellen angesichts schwindender mineralischer Phosphatvorkommen erschlossen werden können, war Gegenstand des Vortrages von Dr. Frank Lorenz.

Dass für den Pflanzenbau in bestimmten Regionen Deutschlands im Zuge des Klimawandels zukünftig das Wasser knapp wird, betonte Prof. Dr. Manfred Stock. Unproduktive Wasserverluste durch gezieltes Mulchen verringern, Pflanzenbausysteme mittels Fruchtfolge wassersparend optimieren, klimatisch angepasste Sorten anbauen, Anbautechnik und Düngungsstrategien zielorientiert wählen und gegebenenfalls eine effektivere Technik in der Feldberegnung einsetzen - so lauten die Empfehlungen von Dr. Dagmar Matuschek.

Wenn das alles nichts hilft und Dürreschäden eintreten, könnte eine aus der Hagelversicherung abgeleitete Mehrgefahrenversicherung den Landwirten das Risiko abnehmen. Aber das finanzielle Risiko einer Versicherung gegen großflächige Dürreschäden überfordert die finanziellen Möglichkeiten von Landwirten und Versicherern gleichermaßen, stellte Dr. Rainer Langner in Goslar fest. Deshalb müsste sie im Rahmen einer „public private partnership“ finanziell gefördert werden, wie dies in den EU-Nachbarländern bereits geschieht.

Der Vortrag von Dr. Steffen Beerbaum über die Änderungen bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, die die EU-Agrarpolitik beschlossen hat, machte deutlich, dass in den kommenden Jahren zwar rund sieben Prozent der Wirkstoffe wegfallen, dass die Verluste aber bei weitem nicht so gravierend sein werden, wie von der Praxis anfänglich befürchtet. Außerdem kommen die Wirkstoffverluste nicht von heute auf morgen, sondern mit mehrjähriger Verzögerung zum Tragen. Betriebswirtschaftliche Untersuchungen verschiedener Autoren zu Risikomanagement, Bewertungssystemen und Kostenaspekten der Produktion rundeten das Themenspektrum der KTBL-Tage ab. 

Der Tagungsband „Landwirtschaft im Umbruch - Herausforderungen und Lösungen“ (277 S., 26 €, ISBN 978-3-939371-83-0, Best.-Nr. 11474) ist erhältlich beim KTBL e.V., Tel.: 06151 7001-189, E-Mail: vertrieb@ktbl.de oder im Online-Shop unter www.ktbl.de. (ktbl)
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