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07.08.2007 | 13:59 | Maul- und Klauenseuche 

«Wir beten und hoffen» - Britische Farmer in Zeiten der Seuche

London - Phoenix ist eine Überlebenskünstlerin. Für die Farmer, die jetzt in England um ihre Existenz bangen, ist die schneeweiße Kuh der französischen Charolais-Rasse zu einem Symbol der Hoffnung geworden.

Rindermaul
(c) proplanta
Als 2001 während des verheerenden Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche (MKS) Millionen von Tiere gekeult und auf Scheiterhaufen verbrannt wurden, war Phoenix noch ein Kalb. Es war davongerannt, war den Schlächtern wie durch ein Wunder entkommen.

«Heute strotzt Phoenix vor Gesundheit», sagt Philip Board, der Besitzer der Kuh, auf seiner Farm in der südwestenglischen Grafschaft Devon. «Wir können nur beten und hoffen, dass das Virus sich nicht weiter ausbreitet und wir sie diesmal doch noch töten müssen.»

Beten und Hoffen. Mehr bleibt auch Mike Clear nicht. Sein Viehzuchtbetrieb liegt viel dichter am Herd der Seuche, ganze zehn Kilometer von der Pride-Farm in Surrey südwestlich von London entfernt, auf der am Freitag die ersten Rinder als MKS-infiziert diagnostiziert und sofort getötet worden war.

Clear hat seine Farm erst vor 16 Monaten gekauft. 200 Hektar einer malerischen leicht hügeligen Landschaft mit einem glasklaren Bach. 160 Kühe grasen hier. «Wir überprüfen sie jeden Tag, ja jede Stunde», sagt der Viehzüchter. «Die Angst um unsere Herde treibt uns um.»

Für Derrick Pride hat das Beten keinen Sinn mehr. Der 78-Jährige war der erste, der bei seinen Rindern Blasen und Schaum im Maulbereich feststellte. «Wir sind ihm ungeheuer dankbar, dass er sofort Alarm geschlagen hat», heißt es beim Nationalen Farmerverband (NFU), «denn dadurch wurden vielleicht viele Herden gerettet.»

Nur für die von Farmer Pride war es zu spät. Sämtliche seiner Tiere wurden getötet. Jetzt hofft er, dass eine Entschädigung gezahlt wird und zwar bald. Auf umgerechnet bis zu 22 Millionen Euro schätzt der NFU die Einnahmeausfälle für Großbritanniens Viehzüchter durch die unmittelbaren Folgen des Seuchenausbruchs - das EU-Exportverbot für Tiere und Fleisch aus Großbritannien und das Verbot sämtlicher Tiertransporte innerhalb Großbritanniens.

«Es geht einfach nichts mehr», sagt Viehzüchter John Emerson, dessen Farm innerhalb des Sperrbezirks in Surrey liegt. «Das Vieh ist in den Ställen, wir können es zu keinem Markt bringen - und selbst wenn, wer wollte es jetzt kaufen?» 2001 waren hunderte Farmer bankrott gegangen. Später gezahlte Entschädigungen konnten daran nichts mehr ändern.

Entsprechend groß ist jetzt die Angst - und die Wut. Viele glauben, dass das Virus nur aus einem der beiden Labore in der Ortschaft Pirbright unweit der betroffenen Farmen kommen konnte. «Wir sind jetzt mit dem Schlamassel konfrontiert, den andere angerichtet haben», sagt Richard Kendall, Regionaldirektor der NFU. «Und das, wo die meisten Farmen immer noch dabei sind, die schweren Einbußen von 2001 zu überwinden.»

An den letzten großen Seuchenausbruch muss jetzt auch Gordon Nixon immer wieder denken. Ihm war damals das Kalb Phoenix entwischt. Aber das ist nicht der Grund dafür, dass er seinen Beruf als Schlächter aufgeben musste. Fast im Sekundentakt hatte Nixon damals Rinder getötet. Aus nächster Nähe, hunderte, tausende innerhalb weniger Tage. Am Ende war er ein Fall für den Psychiater, der dauerhafte post-traumatische Störungen diagnostizierte. «Ich liege immer noch fast jede Nacht wach», sagt er. «Den Fernseher lasse ich jetzt sicherheitshalber aus, sonst machen mich die Bilder noch völlig verrückt.» (dpa)
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