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14.10.2017 | 05:23 | Veterinärmedizinische Universität Wien 

Amselsterben Das Usutu Virus ist zurück

Wien - Das aus Afrika stammende Usutu-Virus wurde 2001 erstmals in Österreich nachgewiesen - als Verursacher des sogenannten „Amselsterbens“.

Amselsterben
(c) proplanta
Bis 2005 wurden in Ostösterreich viele Amseln, aber auch andere Singvögel, Opfer dieses Erregers, danach wurden 10 Jahre lang keine Usutu-Virus-bedingten Todesfälle bei Vögeln in Österreich registriert - im Gegensatz zum benachbarten Ungarn. Im Vorjahr wurden erstmals wieder zwei Fälle diagnostiziert - und heuer bereits sechzehn. Ein Team um Forschende der Vetmeduni Vienna untersuchte die verantwortlichen Virusstämme. In  einer zweiten Studie wurde in sieben humanen Blutspenden aus Ostösterreich das Usutu-Virus nachgewiesen, was darauf hinweist dass humane Infektionen häufiger sind als bislang angenommen. Implikationen für das Blutspendewesen in Europa werden diskutiert. Die Ergebnisse wurden in den Fachzeitschriften Emerging Microbes and Infections und Eurosurveillance veröffentlicht.

2001 bis 2005 sorgte das sogenannte Amselsterben in Österreich für großes öffentliches Interesse. Verantwortlich dafür waren Usutu-Viren, die wie FSME-, West Nil- oder Dengue-Viren zur Familie der Flaviviren zählen. Seitdem gab es in Österreich keinen weiteren Ausbruch. In anderen europäischen Ländern, wie etwa in Ungarn, wurde der Erreger dagegen in geringem Ausmaß regelmäßig in toten Wildvögeln nachgewiesen. 2016 wurden aus verschiedenen europäischen Ländern Usutu-Virus-bedingte Todesfälle bei Wildvögeln gemeldet, unter anderem auch bei zwölf Tieren aus Ungarn und bei zwei Amseln aus Österreich.

Ein Team um Spezialisten der Vetmeduni Vienna untersuchte welche Stämme seit 2010 in Ungarn und 2016 in Österreich aktiv waren. Im Humanbereich werden seit 2014 alle Blutspenden aus Wien, Niederösterreich und dem Burgenland auf West Nil-Viren untersucht, wobei sich heraustellte dass im Jahr 2016 ein Spenderblut und 2017 sogar sechs Blutspenden nicht mit West Nil-Viren sondern mit den verwandten Usutu-Viren infiziert waren.

Alte und neue Bekannte zirkulieren in Österreich und Ungarn

„Wir waren überascht dass nach 10-jähriger Pause im Vorjahr wieder mit Usutu-Viren infizierte Amseln gefunden und auch aus den Nachbarländern Nachweise gemeldet wurden“, sagt Studienleiter Norbert Nowotny vom Institut für Virologie. „Daher haben wir die genetische Information der Viren aus Österreich und Ungarn entschlüsselt um besser zu verstehen, welche Virusstämme in den Ländern aktiv sind und von wo sie eingeschleppt wurden.“

Von 2010 bis 2015 waren die in Ungarn gefundenen Erreger mit jenem Stamm verwandt, der zwischen 2001 und 2005 in Österreich für das Amselsterben verantwortlich war. Die Viren, die 2016 in beiden Ländern bestätigt wurden, gehören dagegen zu einem Stamm, der 2009 und 2010 in Italien aktiv war. Die beiden Stämme werden verschiedenen europäischen Abstammungslinien zugeordnet, sind also nicht direkt miteinander verwandt. „Dies zeigt, dass unterschiedliche Virusstämme zwischen benachbarten Ländern zirkulieren“, erklärt Nowotny.

Mit Usutu-Viren infizierte Menschen häufiger als gedacht

Neben Wildvögeln können sich auch Menschen durch den Stich von Stechmücken mit Usutu-Viren infizieren. Üblicherweise verläuft eine Usutu-Virus-Infektion beim Menschen ohne Symptome, gelegentlich können Fieber und Hautausschlag auftreten. Neurologische Symptome und schwerer Krankheitsverlauf sind beim Menschen selten, sie wurden jedoch bei immunsupprimierten Patienten beobachtet, zum Beispiel bei zwei Fällen aus dem Jahr 2009 in Italien.

Aufgrund der regelmäßigen USUV-Nachweise in Wildvögeln nimmt auch die Infektionsgefahr für den Menschen zu. Da das bekannt humanpathogene West Nil-Virus in Ostösterreich endemisch ist, werden seit 2014 alle Blutspenden aus diesem Bereich auf Flaviviren untersucht. „Usutu-Viren sind im Gegensatz zu anderen Flaviviren nicht melde- oder anzeigepflichtig. Sie werden jedoch ebenfalls mit dem zur Untersuchung der Blutspenden eingesetzten Test detektiert“, erklärt Franz Allerberger von der AGES. Die genetische Überprüfung der Flavivirus-positiv getesteten Blutproben zeigte, dass es sich bei insgesamt sieben Spendern um eine Infektion mit Usutu-Viren und nicht West Nil-Viren handelte. Keiner der mit Usutu-Viren infizierten Spender zeigte jedoch Symptome und nur einer gab einen Aufenthalt im Ausland an.

Tests von Spenderblut verhindern Folgeerkrankungen

„Flavivirus-positiv getestete Blutspenden – unabhängig davon ob es sich um West Nil- oder Usutu-Viren handelt – werden vernichtet und stellen daher keine Gefahr für Empfänger von Blutspenden dar. Es gibt aber eine Reihe von Ländern in Europa, in denen West Nil-Viren noch nicht aufgetreten sind, sehr wohl aber Usutu-Viren. Blutspenden aus diesen Ländern werden oft nicht auf Flavivirusinfektionen untersucht. Die Empfänger von Blutspenden sind aber häufig Personen mit geschwächtem Immunsystem, für die eine Usutu-Virus-Infektion gefährlich werden könnte. Darauf aufmerksam zu machen war einer der wesentlichsten Punkte in unserer zweiten Publikation“, sagt Nowotny.
vetmeduni-wien
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