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01.11.2014 | 15:19 | Gesundheit 

Antibiotika: Die Wunderwaffe wird stumpf

Berlin - Die Deutschen schlucken zu häufig Antibiotika - und nehmen damit diesem wichtigen Arzneimittel gegen Bakterien zusehends Wirkkraft. 2013 seien fast 30 Prozent der Antibiotika-Verordnungen fragwürdig gewesen.

Antibiotikum
Bei Erkältung greift man gern zum Antibiotikum. Bloß schnell gesund werden und wieder zur Arbeit. Doch das ist oft ein Fehlgriff. Denn die meisten Erkältungen gehen auf Viren zurück. Der hohe Verbrauch an Antibiotika wird sogar zur Gesundheitsgefahr. (c) Tobilander - fotolia.com
Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der gesetzlichen Krankenkasse DAK-Gesundheit, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Die Folge: Immer mehr Bakterien entwickelten Resistenzen und bedrohten zunehmend die Gesundheit von Patienten - insbesondere im Krankenhaus.

Der Vorsitzende der DAK-Gesundheit, Herbert Rebscher, forderte Ärzte und Patienten zu verantwortungsvollerem Umgang mit Antibiotika auf. 40 Prozent der in der Studie Befragten seien schlecht über die Einsatzgebiete der Wirkstoffe informiert. Sie verlangten etwa bei Erkältungen oder Bronchitis Antibiotika. Diese würden aber nicht helfen, weil es sich hierbei in bis zu 90 Prozent aller Fälle um Viruserkrankungen handele.

Die Über- und Fehlversorgung werde gerade während der Erkältungszeit besonders deutlich, so die DAK-Studie. Die problematische Erwartung der Patienten beeinflusse offenbar auch das Verschreibungsverhalten von Ärzten, hieß es weiter. Ärzte wüssten zwar in der Regel um die Einsatzgebiete der Wirkstoffe gegen Bakterien. Um die erkälteten Patienten zu beruhigen, verschrieben sie aber dann doch ein Antibiotikum.

Die Verordnungsraten bei Kindern seien im übrigen zwar rückläufig. Der erstmals vorgelegte DAK-Antibiotikareport zeige jedoch, dass junge Versicherte immer noch mehr Antibiotika verschrieben bekämen als Erwachsene: 2013 seien es 45 Prozent der unter 15-Jährigen gewesen. Fast genauso hoch ist die Zahl bei Älteren - 44 Prozent der 85- bis 90-Jährigen nahmen demnach Antibiotika ein.

Bei der Einnahme von Antibiotika gibt es ein Ost-West-Gefälle. Versicherte in Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern nähmen im Durchschnitt vergleichsweise wenig Antibiotika ein. Ärzte im Saarland, in Rheinland-Pfalz und in Niedersachsen verschrieben deutlich häufiger Antibiotika. Und auch im internationalen Vergleich seien deutliche Unterschiede festzustellen. In Schweden würden deutlich weniger, in südeuropäischen Ländern deutlich mehr Antibiotika eingenommen als in Deutschland.

Die dramatischen Folgen des häufigen Antibiotika-Einsatzes würden in den Krankenhäusern sichtbar. Gerade hier bedrohten resistente Bakterien die Gesundheit der Patienten. Die Analyse der Krankenhausdaten zeige, dass bei immer mehr Patienten Krankenhauskeime nachgewiesen werden. Von einer Million Versicherten, die 2013 in Krankenhäusern behandelt wurden, trugen knapp 20.000 einen resistenten Keim in sich. 2010 waren es noch rund 15.000 Versicherte gewesen.

Bundesweit und kassenübergreifend sterben jährlich 7.500 bis 15.000 Patienten an Infektionen, die im Zuge einer Krankenhausbehandlung entstehen, so die Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums. Wenn Patienten Antibiotika richtig einnähmen, Ärzte die Medikamente zielgerichteter verordneten, Kliniken notwendige Hygienekonzepte umsetzten und in der Nutztierhaltung weniger Antibiotika eingesetzt würden, käme man der Problemlösung einen großen Schritt näher.
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