Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
09.04.2017 | 08:15 | Zeckenstiche 

Auwaldzecken können ebenfalls FSME übertragen

Stuttgart - Ein kleines braunes Krabbeltier steckt mit dem Kopf voraus in der Haut. Die Füßchen zucken noch, abzupfen geht jetzt nicht mehr. Ekel und Angst sind meist die Reaktion betroffener Menschen.

FSME-Überträger
Obacht im Gras: Die Zeckenzeit startet. Zum Start der Saison haben Forscher schlechte Nachrichten. (c) Carola Schubbel - fotolia.com
Schließlich können Zecken gefährliche Krankheitserreger übertragen. Darunter auch das FSME-Virus, das in schweren Fällen zu einer Gehirnentzündung und zu einer Schädigung des Rückenmarks führen kann. Bislang galt der Holzbock als Haupt-Übeltäter. Nun hat er Verstärkung bekommen.

Denn auch die Auwaldzecke kann das FSME-Virus übertragen, wie Wissenschaftler der Universität Hohenheim in Stuttgart, des Deutschen Konsiliarlabors für FSME in München und des Landesgesundheitsamtes Baden-Württemberg herausfanden. Bislang ist den Experten zufolge allerdings nicht klar, ob die winzigen Tiere erst kürzlich zum Überträger wurden, oder ob ihre Gefährlichkeit bislang schlicht nicht bekannt war.

Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) kann durch Zeckenstiche auf Menschen übertragen werden. Mit 350 bis 400 Erkrankungsfällen bundesweit war 2016 ein extremes Zeckenjahr, wie der Leiter des Deutschen Konsiliarlabors für die FSME, Gerhard Dobler, schreibt.

Neu seien immer mehr Fälle auch aus dem Norden Deutschlands, wie die Stuttgarter Parasitologin Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim berichtet. «Da läuft gerade etwas ab, was sich hier abschließend noch keiner erklären kann.»

Zudem gibt es neben den Zecken auch eine neue Ansteckungsquelle: Zwei Menschen hatten im vergangenen Jahr auf einem Ziegenhof in Zwiefalten bei Reutlingen Rohmilch von Ziegen getrunken, die mit dem FSME-Virus verunreinigt war. Es seien bereits vereinzelt solche Fälle aus Osteuropa bekannt geworden, wie Rainer Oehme vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg erklärt. Bei den Patienten aus Zwiefalten handele es sich aber um den ersten umfassend dokumentierten Fall. Eine Übertragung durch Rohmilchkäse sei ebenso denkbar. Pasteurisierte Milch hingegen könne diesbezüglich bedenkenlos getrunken werden.

Das üble an der vom FSME-Virus ausgelösten Hirnhautentzündung ist, dass es keine Therapie oder Medikamente gibt, wie Oehme erklärt. Die Behandlung beschränke sich nach wie vor darauf, die Symptome zu lindern. «Da macht es wirklich Sinn, sich zu schützen.» Zumal Langzeitschäden drohen.

Baden-Württemberg ist wie Bayern seit Jahren ein FSME-Risikogebiet. Auch Teile Südhessens und Südthüringens sowie kleinere Ecken in Rheinland-Pfalz oder im Saarland zählen dazu. Zuletzt dehnte sich die Grenze weiter Richtung Norden aus.

Die Fälle der Erkrankungen bundesweit schwanken nach Angaben der Experten von Jahr zu Jahr teils deutlich. 80 bis 90 Prozent entfielen bisher aber stets auf den Süden. Die meisten FSME-Infizierten bleiben beschwerdefrei. Andere haben grippeähnliche Symptome wie Fieber und Gelenkbeschwerden. In schweren Fällen kommt es zur Entzündung des Gehirns, etwa der Hirnhäute. Auch das Rückenmark kann betroffen sein.

Inzwischen gebe es keinen Zweifel mehr, dass nicht nur der Holzbock, sondern auch die Auwaldzecke den FSME-Virus auf den Menschen übertragen kann, meint Experte Dobler. Aus Nordsachsen, abseits des Risikogebiets Süddeutschland, sei ein Fall nachgewiesen.

Eine Patientin habe einen Ort angegeben, wo Auwaldzecken samt Virus gefunden wurden. Das Tückische: Im Gegensatz zum Holzbock ist die Auwaldzecke ganz früh im Jahr und im Herbst wieder bis zum ersten Schnee aktiv, wie Dobler erklärt. Die Zeit mit aktiven und gefährlichen Zecken weitet sich also aus. Dobler nennt das «Verlängerung der Aktivperiode».
dpa
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Zecken in Hessen auf dem Vormarsch - Stiko rät zu FSME-Impfung

 Landkreis Oberhavel ruft zu Vorsicht vor Zecken auf

 Zeckenforschung in der Dübener Heide - Hier ist es schon extrem

 Experten rechnen mit vielen Zecken nach mildem Winter in Niedersachsen

 Erste Fälle von Borreliose nach Zeckenstichen gemeldet

  Kommentierte Artikel

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken

 Entwaldungsfreie Lieferketten: EU-Kommission zur Klärung aufgefordert

 Bund Naturschutz: Kein kategorisches Nein mehr zum Wolfsabschuss

 Nach Atomausstieg boomen erneuerbare Energien in Niedersachsen

 Massive Flächenverluste in Bayern

 Umsatzsteuersätze: Union will Reform

 Nachhaltiges Investieren lohnt sich

 Agrarstrukturwandel in Bayern schreitet voran

 Nutrias breiten sich in Mecklenburg-Vorpommern aus - Gefahr für Deiche

 Kanzlerrunde zur Landwirtschaft - Ringen um Entlastungen