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07.08.2014 | 15:46 | Belgische Küche 

Belgische Fritten als Kulturerbe?

Brüssel - Doppelt im Rinderfett gebadet, mit Sauce Andalouse oder Tartare drauf und mit den Fingern gegessen - die Belgier genießen ihre Pommes auf ganz eigene Weise.

Pommes
(c) proplanta
Da unterscheiden sich die Wallonen nicht von den Flamen.

Nach Ansicht von Bernard Lefèvre, Chef des Verbands belgischer Pommeshersteller, können die Belgier stolz auf ihr Straßennationalgericht sein. Er will die Fritten sogar zum Weltkulturerbe machen.

Die Belgier lieben ihre Fritten, und zwar Flamen und Wallonen gleichermaßen. Sind Kartoffelstäbchen der kleinste gemeinsame Nenner der entzweiten belgischen Gesellschaft?

Antwort: 96 Prozent der Belgier gehen laut einer Umfrage mindestens einmal im Jahr zur Frittenbude, 46 Prozent mindestens ein Mal pro Woche. Aber keiner sagt nie. Ich denke es ist sehr schwer, einen Belgier zu finden, der keine Pommes isst. Ich würde nicht so weit gehen zu sagen, dass die Fritten das Land einen.

Aber es ist wahr: Keiner behauptet, dass Pommes flämisch oder wallonisch oder aus Brüssel sind. Sie sind belgisch - wie Schokolade und Bier. Pommes sind eine Art Heimat-Geschmack.

Was macht belgische Fritten so besonders?

Soll ich Sie nach dem Unterschied zwischen einem deutschen und einem französischen Auto fragen? Sie können es fühlen, Sie können es sehen, Sie können es schmecken - voilà! Was Autos für die Deutschen sind und Mode ist für die Franzosen, das sind die Fritten für die Belgier.

Sie sind ja ein wahrer Pommes-Philosoph!

Ich beginne, mein Land besser zu verstehen, seit ich im Frittengeschäft bin.

Fernab der Philosophie: Sie stellen die Fritten in Belgien doch auch anders her, oder?

Natürlich. Wir haben eine Kartoffelsorte, die vom Süden Hollands bis zum Norden Frankreichs wächst, die Sorte Bintje, aus der sich außergewöhnlich gute Fritten machen lassen. Dann nutzen wir spezielles Öl - meist werden Pommes in Rinderfett frittiert.

In einer Frittenbude sind die Pommes auch das Hauptgericht. Deshalb haben wir spezielles Equipment, das dafür gemacht ist, riesige Mengen herzustellen. Pommes brauchen Platz und müssen schwimmen. Unsere großen Fritteusen mit 20 bis 50 Litern sind Jacuzzis (große Whirlpools) für Fritten. Gute belgische Pommes müssen außen knusprig und innen sehr weich sein.

Franzosen und Belgiern streiten sich seit Jahren über die Herkunft der Pommes. Was sagen Sie zu dem ewigen Zoff?

Wären Fritten französisch, gäbe es wohl seit langem ein Frittenforschungsmuseum in Paris (lacht). Sie sind nicht französisch. Die Franzosen würden nie so viele Witze über Belgier und ihre Fritten machen, wenn Pommes französisch wären. Das Wort «French» in «French Fries» bezieht sich auch nicht auf Frankreich.

Und nun wollen Sie die belgische Frittenkultur zum Weltkulturerbe machen?

Belgier sind nicht sehr stolz darauf, belgisch zu sein. Alles, was typisch belgisch ist, wird von den Belgiern selbst nicht sehr geschätzt. Wir überlegen seit Jahren, die Frittenkultur zu schützen. Viele Städte wollten Pommesbuden noch vor ein paar Jahren abschaffen, weil sie nicht als hübsch betrachtet wurden.

Wir sollten aber stolz sein darauf. Wir begannen, über Unesco zu reden. Der Vorschlag muss in die flämische, französische und deutschsprachige Gemeinschaft eingebracht werden. Im Januar hat der Kulturminister der Flamen die belgische Frittenbudenkultur als geschützt erklärt.

Jetzt machen wir dasselbe in der französischen und deutschen Sprachgemeinschaft. Wenn alle Pommes zum nationalen Erbe erklären, können wir den nächsten Schritt machen. Das Land, in dem es wirklich notwendig ist, Pommes als Kultur zu betrachten, ist aber Belgien.

Wieso? Werden die Pommesbuden auf den Marktplätzen immer noch von Stadtplanern und Bürgermeistern bedroht?

Die Jagd auf Frittenbuden hat ihren Zenit überschritten. Es ist ein bisschen wie die Elefantenjagd, es ist zwar noch nicht vorbei, immer noch legal, wird aber nicht mehr akzeptiert. Mittlerweile rufen sogar Städte an, die eine Pommesbude wollen.

Zur Person: Bernard Lefèvre ist Vorsitzender des nationalen belgischen Pommesherstellerverbands Navefri-Unafri. Der 50-Jährige koordiniert die Interessen belgischer Pommeshersteller und führt selbst eine der rund 5.000 belgischen Frittenbuden.
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