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23.11.2011 | 05:26 | Lebensmittelskandale 

Der schwierige Weg zu einem Lebensmittel-Krisenstab

Berlin - Dioxin in Tierfutter, der tückische Darmkeim EHEC in Salatsprossen, Salmonellen in der Salami.

Salami
Wenn beim Verzehr von Lebensmitteln Gesundheitsgefahren drohen, hoffen die Bürger auf scharfe Kontrollen und klare Informationen. Doch die Überwachung ist in der föderalen Republik nicht gut genug organisiert, wie der Bundesrechnungshof moniert. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) will Abläufe ändern und mehr bundeseinheitliche Vorgaben machen. Das dürfte Auseinandersetzungen mit den Ländern geben.


Wer ist für Lebensmittelkontrollen zuständig?

Die allererste Verantwortung liegt bei den Herstellern. In eigenen Qualitätskontrollen müssen sie zum Beispiel regelmäßig Proben nehmen und darauf achten, dass Kühlketten eingehalten werden. Aufgabe des Staates ist dann die «Kontrolle der Eigenkontrolle». Zuständig sind die 16 Bundesländer, die dafür aber jeweils unterschiedliche Strukturen aufgebaut haben. Mehr als 400 Stellen sind bundesweit mit der Aufsicht über Lebensmittel und die Produktion von Tierfutter betraut und nehmen jährlich etwa 400.000 Betriebe unter die Lupe.


Welche Aufgaben haben Bund, Länder und Kommunen?

Das Zusammenspiel ist ziemlich kompliziert. In die Firmen kommen die Lebensmittel- und Veterinärkontrolleure der Kreise und Städte. Fachaufsicht und Koordination liegen etwa bei den Regierungspräsidien und letztlich beim zuständigen Landesministerium. Der Bund muss dafür sorgen, dass Vorgaben der EU umgesetzt werden, und bei entdeckten Gefahren in Deutschland die europäischen Partner alarmieren. Einen Gesamtüberblick, selbst zur Zahl der Mitarbeiter auf allen Ebenen, haben aber auch Fachleute nicht. «Derzeit wissen wir noch nicht einmal, welches Bundesland gut aufgestellt ist und als Vorbild dienen kann», beklagt FDP-Ernährungsexpertin Christel Happach-Kasan.


Warum wird über eine neue Organisation diskutiert?

Zusehends dominieren große Hersteller und Handelsriesen den Lebensmittelmarkt, die ihre Rohstoffe weltweit einkaufen und Waren jenseits der Grenzen verkaufen. In Konzernen gelten die eigenen Kontrollen als sehr professionell - bei Fehlern sind die Folgen aber besonders weitreichend und treffen schnell Zehntausende Verbraucher quer durch die Republik. Die Überwachung sollte daher nicht allein beim örtlichen Ordnungsamt liegen, empfiehlt der Bundesrechnungshof.

Für Discounter, Ketten von Supermärkten und Schnellrestaurants soll es neue, länderübergreifende «Spezialeinheiten» geben.


Was soll sich in Krisen ändern?

Bei akuter Gefahr wie zuletzt der EHEC-Infektionswelle sollte ein «nationaler Krisenstab» aktiv werden, schlägt der Rechnungshof vor. Denn bisher stünden Notfallpläne der Länder «weitgehend beziehungslos nebeneinander». Der Krisenstab soll daher «alle erforderlichen Kompetenzen» bekommen und auch ein Kommunikationschaos verhindern. Überhaupt seien mehr bundesweit einheitliche Standards nötig, heißt es in der Mängelliste. Wo es für Kontrollen nicht genug Geld und Personal gibt, dürften auch Gebühren kein Tabu sein.


Was will Ministerin Aigner?

«Es muss sich etwas ändern», lautet die Ansage der Ministerin. Doch dafür muss sie sich auf schwierige Verhandlungen mit den Ländern einstellen, die auf ihre Zuständigkeiten pochen. In einer gemeinsamen Arbeitsgruppe soll bis Herbst 2012 nach Lösungen gesucht werden.

Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn dringt auf Tempo vor allem bei Notfallregeln: «Das darf jetzt nicht wieder Monate dauern, weil die nächste Krise erfahrungsgemäß eher früher als später kommt». (dpa)
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