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30.12.2013 | 14:45 | Insektenzucht 

Ess-Insekten: knackige und nahrhafte Delikatessen

Paris - In einer unscheinbaren Halle züchtet der Jungunternehmer Cédric Auriol aus Toulouse Abermillionen von Insekten für den menschliches Verzehr - nach eigenen Angaben als erster in Europa.

Leckere Insekten
(c) proplanta

Die Ekelgefühle vieler Europäer?



«Vollkommen unbegründet.» Ein bisschen nussig, ein bisschen würzig, so schmecken die getrockneten Tierchen. Neben «Insekten pur» hat Auriol Pralinen und Kekse mit Insekten im Angebot.

Auf die Idee ist Auriol durch die Welternährungsorganisation FAO gekommen. Durch Zufall fiel dem Franzosen, der bis dahin vor allem mit Verpackungsmaterial handelte, eine Studie zu Problemen durch den globalen Bevölkerungszuwachs in die Hände. Eine der Lösungen lautete Entomophagie, das heißt Verzehr von Insekten durch den Menschen. «Bis dahin hatte ich noch nie eine Grille oder einen Mehlwurm gegessen», erinnert sich Auriol, «aber ich war neugierig.»

Aus Interesse wurde schnell ein Projekt. Auriol probierte sein erstes Insekt, sah sich in Asien bei Kleinproduzenten um und legte los. Mit Mehlwürmern und Grillen, weil diese verhältnismäßig leicht zu züchten sind.

Zucht umfasst zwei Tonnen Mehlwürmer und Co.



Heute hüpfen, kriechen und krabbeln in seiner Halle rund zwei Tonnen Insekten. Wie viele Tiere das sind? «Noch wird es eine Zahl im Millionenbereich sein», sagt Auriol. «Ende nächsten Jahres sollten es aber mehr als eine Milliarde sein.»

Im Vergleich zu einer Legebatterie ist Auriols Halle ein angenehmer Ort. Die Grillen wachsen in luftigen Boxen auf, als Rückzugsraum dienen zu kleinen Hochhäusern gestapelte Eierkartons.

Die Mehlwürmer sind in etwas tristeren schwarzen Plastikboxen mit Streu untergebracht - in einem Raum mit hoher Luftfeuchtigkeit. Als Futter gibt es Weizenmehl, Gerste, Gemüse und Obst - alles aus biologischem Anbau. «Das macht es für viele Verbraucher leichter, so etwas zu probieren», meint Auriol. Derzeit seien viele seiner Kunden noch Insekten-Freaks oder abenteuerlustige Esser.

Erster Sternekoch serviert Insekten-Menü



Das Dschungelcamp-Image soll aber möglichst schnell weg. Einen Partner dafür hat Auriol in David Faure gefunden. Der experimentierfreudige junge Mann betreibt in Nizza das Feinschmecker-Restaurant «Aphrodite» und hat als wohl erster Sterne-Koch ein Insekten-Menü im Programm.

Faure steckt Mehlwürmer in Erbsenpüree-Würfel an Karottenschaum und garniert eine Maiscreme an gebratener Foie gras mit knusprigen Grillen. Für die weiteren Gänge kommen die Tiere als Puder auf Kabeljau oder in Whisky-Gelee-Kugeln auf den Tisch.

«Es war schon immer mein großes Anliegen, mit neuen Nahrungsmitteln und neuen Techniken zu überraschen, zu verblüffen, zu bewegen», kommentiert der Koch. Es gehe bei der Verwendung der «lustigen kleinen Biester» allerdings keineswegs darum, Schlagzeilen zu machen, sondern um neue Geschmackswelten.

Faure berichtet, er habe schon seit Jahren ein Insektenmenü kreieren wollen. Bei importierten Tieren hätte er allerdings niemals überprüfen können, ob bei der Produktion europäische Hygiene-Standards eingehalten werden. Erst mit Auriols Unternehmen Micronutris kam die Lösung.

Mit Spannung wird erwartet, ob Faure seinen Michelin-Stern auch mit Insekten auf der Speisekarte behält, die Entscheidung wird im März bekannt.

«Klar hat David Angst um sein Image», sagt Auriol. Das Risiko sei für ihn natürlich viel größer als zum Beispiel für den Mexikaner, der Tapas mit Insekten anbiete. Auf der anderen Seite kämen aber nun viele neue Gäste zu Faure - nur für das 59 Euro kostende Menü mit den Namen «Alternative Food».

Zwei Millarden Menschen ernähren sich von Insekten



Viel Inspiration in Sachen Insekten kommt aus Ländern außerhalb Europas. Die artenreichste Tierklasse der Welt trägt bereits jetzt zur Ernährung von rund zwei Milliarden Menschen bei, schätzt die Welternährungsorganisation.

In Großstädten wie Kinshasa oder Bangkok werden jährlich tonnenweise Insekten konsumiert. «Sie sind nahrhaft mit hohen Protein-, Fett- und Mineralstoffgehalt», lautet der erklärende Kommentar der FAO-Experten.

Das Weihnachtsgeschäft ist nach Angaben von Auriol hervorragend gelaufen - die Grillen-Pralinen und der Schlemmer-Pack waren bereits Tage vor dem Fest ausverkauft. Bis sich der Insektenhandel richtig lohnt, wird es aber wohl noch etwas dauern. Auriol schätzt, die Produktion von einem Kilo koste derzeit rund sieben Mal so viel wie die Produktion von einem Kilo Fleisch - für 40 getrocknete Grillen verlangt er deswegen derzeit 12,50 Euro.

Der Schwerpunkt der Produktion soll in Zukunft auf der Herstellung von Pulvern und Pasten liegen - zum Beispiel für Müsliriegel oder Kekse. Da sei dann auch die Hemmschwelle der Konsumenten niedriger, sagt der Herr der Insekten. (dpa)
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