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24.09.2022 | 11:31 | Allergie-App 

Forscher wollen das Leben von Allergikern erleichtern

Bad Hindelang - Dass Vanessa Zeller unter Heuschnupfen leidet, wirkt mit Blick auf ihren Heimatort erstaunlich.

Pollenallergie
Rund 12 Millionen Menschen in Deutschland haben Heuschnupfen - und leiden im Alltag teils stark darunter. Wie können diese Menschen ihre Beschwerden ohne Medikamente selbst lindern? Dazu forschen derzeit Wissenschaftler - ausgerechnet an einem wenig betroffenen Ort. (c) seite3 - fotolia.com
Sie ist in Bad Hindelang im Oberallgäu aufgewachsen, ein heilklimatischer Kurort, der mit «unbeschwertem Urlaub von der Allergie» in einer «extrem pollen- und feinstaubarmen Luft» wirbt. Trotzdem ist Zeller immer wieder auf Augentropfen und Nasenspray angewiesen - und führt nun ein Tagebuch über ihre Allergie-Leiden.

Denn Umweltmediziner der Universität Augsburg aus dem Team von Claudia Traidl-Hoffmann haben den Heimatort der 30-Jährigen als «Reallabor» für eine Studie zur Allergie-Prävention ausgewählt.

Vanessa Zeller und rund 70 weitere Teilnehmende dokumentieren dafür seit Mai, wie sie ihren Alltag gestalten und wann sie besonders unter ihren Allergien leiden. Ihre Angaben wollen die Forscher mit Pollen- und Schadstoff-Messungen sowie Wetter-Daten vergleichen, um herauszufinden, wie sich Allergiker am besten vor laufenden Nasen, tränenden Augen oder gar Asthma-Anfällen schützen können.

Am Ende der Studie solle eine App stehen, die Betroffenen möglichst individuelle Empfehlungen zum Schutz vor Allergie-Leiden gibt, sagt Projektleiterin Caroline Böck. «Die meisten Pollen-Apps nutzen dafür nur hochgerechnete Daten. Aber die Pollen-Konzentrationen können lokal sehr unterschiedlich sein - und viele Schadstoffe in der Luft befeuern die Leiden noch einmal.»

Mit Hilfe der App sollen sich Allergiker ein Stück weit selbst schützen können, zum Beispiel an gewissen Tagen oder zu bestimmten Tageszeiten Aktivitäten im Freien vermeiden, die Fenster schließen oder Kleidung und Haare waschen. «Wenn das hier gut läuft, kann das auch zu einer Blaupause für andere Orte werden», sagt Böck.

Um einen Vergleich zur Stadtluft zu haben, sollen auch Menschen in Augsburg an der Studie teilnehmen. Das bayerische Gesundheitsministerium fördert die bis Frühjahr 2025 geplante Untersuchung mit 200.000 Euro.

Der Bedarf für Allergie-Prävention ist groß. Nach Angaben der Europäischen Stiftung für Allergieforschung leiden rund 25 Millionen Menschen in Deutschland an einer Allergie, etwa 12 Millionen davon an Heuschnupfen. Dabei reagiert das Immunsystem auf Proteine in den Pollen, die bei Kontakt mit den Schleimhäuten in Mund, Nase und Augen freigesetzt werden. Zu den Folgen gehören Entzündungen, Juck- und Niesreiz, aber auch Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Asthma.

Wer bei Markus Koch in Bad Hindelang in Behandlung geht, leidet meist massiv unter solchen Symptomen. Der Mediziner leitet die Alpenklinik Santa Maria der Katholischen Jugendfürsorge Augsburg im Ortsteil Oberjoch, die sich auf Reha-Aufenthalte für Allergiker spezialisiert hat. Allergiker aufmerksamer für ihre Beschwerden zu machen und bei der Prävention zu helfen, sei wichtig, sagt Koch. «Viele sagen einfach, ich nehme ein Antiallergikum - und alles ist gut. Das kann gut gehen, muss es aber nicht.»

Manche Patienten kämen mit heftigen Symptomen in die Klinik, ohne überhaupt zu wissen, wogegen sie allergisch sind, sagt Koch. Allergien entwickelten sich aber oft weiter. Besonders problematisch sei der sogenannte «Etagenwechsel» - wenn aus Allergie-Beschwerden ein Asthma oder dauerhafte Lungenkrankheiten entstünden.

«Mit einem Symptom-Tagebuch oder Allergie-Kalender oder der geplanten Gesundheits-App kann ich früher merken, wenn die Symptome zunehmen oder eine Therapie nötig wird», sagt Koch.

Durch die Teilnahme an der Studie sei sie in diesem Bereich jetzt schon aufmerksamer geworden, sagt Vanessa Zeller. «Es fällt einem schneller auf, wenn das Auge juckt - und man macht sich mehr Gedanken, wie man den Tag eigentlich gestaltet hat.»

Jeden Tag den digitalen Fragebogen der Augsburger Forscher auszufüllen, koste zwar Zeit, sagt sie. «Aber wenn irgendwann eine App daraus entsteht, die Allergikern wie mir hilft, dann ist es im Vergleich nicht so viel Aufwand.»
dpa/lby
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