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01.09.2006 | 17:03 | Lebensmittelkontrolle 

Gammelfleisch-Händler lieferte bis nach Europa

München/Regensburg - «Ranzig, muffig, alt»: Der Gammelfleischskandal in Bayern nimmt immer größere Dimensionen an.

Gammelfleisch
(c) proplanta
Der betroffene Fleischhandel aus München habe Gastronomie-Betriebe in ganz Deutschland und anderen europäischen Ländern beliefert, sagte ein Sprecher des Kreisverwaltungsreferats am Freitag in München. «Das ganze Ausmaß ist noch nicht absehbar.» Die zuständigen EU-Behörden seien informiert. Am Freitag wurde eine weiterer Fall in Niederbayern bekannt.

In beiden Betrieben waren die Haltbarkeitsdaten der Fleischprodukte zum Teil um mehrere Jahre überschritten. Einen Zusammenhang zwischen beiden Fällen sieht die Polizei aber nicht. Die Grünen warfen der bayerischen Staatsregierung angesichts der Häufung der Fleischskandale erschreckende Lücken im Verbraucherschutz vor.

Bei dem am Donnerstag sichergestellten Fleisch in dem Münchner Kühlhaus hat sich der Verdacht auf verdorbene Ware bestätigt. Nach dem Auftauen hätten mehrere Proben des Fleischs «grünlich und Ekel erregend» ausgesehen, sagte ein Sprecher des Kreisverwaltungsreferats. Das Gesundheitsamt habe die Ware nach ersten Untersuchungen als «ranzig, muffig, alt und fremdartig» bezeichnet.

Der Geschäftsführer der Firma war nach Angaben der Polizei am Freitag nach einem Verhör wieder auf freiem Fuß. Zunächst müsse geklärt werden, ob das verdorbene Fleisch tatsächlich an Kunden geliefert wurde, sagte ein Sprecher. «Wir müssen die genauen Vertriebswege klären.» Zu der Ware gehörten auch tonnenweise Döner-Spieße.

Gegen den 53-jährigen Inhaber der Mettener Fleischzentrale mit Schlacht- und Zerlegebetrieb wird bereits wegen Betrugsverdachts und Verstößen gegen das Lebensmittelrecht ermittelt. Die Fahnder sind nach eigenen Angaben vor wenigen Tagen durch einen Zeugenhinweis auf den Fleisch-unternehmer aufmerksam geworden. Nun müsse bei der Untersuchung von Proben herausgefunden werden, ob das beschlagnahmte Fleisch noch zum Verzehr geeignet ist oder nicht, sagte Polizeisprecher Manfred Brückl. «Die Ermittlungen stehen noch am Anfang.» Es handele sich ausschließlich um tiefgefrorene Nahrungsmittel.

Im Kreis Passau wurden dreieinhalb Tonnen Rind entdeckt, davon waren 518 Kilogramm bereits rund drei Jahre alt. In einem für gewerbliche Zwecke nicht genehmigten Kühlraum unter der Garage des 53-Jährigen in Metten wurde eine Tonne Fleisch, darunter auch Wild, gefunden. In Regensburg stellten die Fahnder 37 Tonnen sicher. Von dort soll das Fleisch nach Hongkong verschifft worden sein. «Ein bereits beladener Transporter wurde von der Polizei gestoppt und wieder entladen», sagte Brückl.

Rheinland-pfälzische Behörden stellten unterdessen in Betrieben in Mainz und Kaiserslautern eventuell verdorbene Lebensmittel sicher. Die Unternehmen sind nach Angaben des Verbraucherschutzministeriums in Mainz von einer bayerischen Firma beliefert worden, bei der in dieser Woche verdorbene Lebensmittel gefunden worden waren.

Bayerns Verbraucherschutzminister Werner Schnappauf (CSU) kündigte an, mit aller Konsequenz und Härte der Gesetze gegen die Verantwortlichen vorzugehen. Die Grünen im Landtag warfen Schnappauf vor, den Bürgern nach den vergangenen Skandalen eine Scheinsicherheit vorgegaukelt zu haben.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion appellierte an die Länder, ihre zurück-haltende Position zur Einrichtung einer länderübergreifenden Qualitäts-sicherung zu überdenken. Auch bei einem Frühwarnsystem für die Verbraucher müssten Bund und Land zusammenarbeiten.

Für Verbraucherschützer Thilo Bode sind die bisherigen Gesetze nicht ausreichend, um Verbraucher vor Gammelfleisch zu schützen. «Es müssen endlich Gesetze her, die für mehr Transparenz sorgen. Die Namen der Gammelfleischbetriebe müssen veröffentlicht werden und die Strafen müssen härter werden, sonst wird sich nichts ändern», sagte der Vorsitzende der Verbraucherorganisation Foodwatch im «ZDF-Mittagsmagazin» am Freitag. «Es ist wichtig zu verstehen, dass es sich hier um ein politisches Problem handelt und die Verbraucher viel weniger Rechte haben, als die Nahrungs-mittelindustrie», sagte Bode.

Quelle: dpa 01.09.2006 / 16:41:38
© dpa

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