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17.03.2012 | 05:08 | Lebensmittelausgabe 

Im Magen statt im Müll - Tafeln verteilen Lebensmittel

Bremen - Braungesprenkelte Bananen, Salatköpfe mit ein paar welken Blättern, Brot vom Vortag. Im Supermarkt gilt das als unverkäuflich.

Lebensmittel
(c) proplanta
Kristins Familie füllt es den Kühlschrank. Die 34-Jährige und ihr Mann leben von Hartz IV. Frische Lebensmittel können sie sich für ihre drei Kinder kaum leisten. Dass trotzdem regelmäßig ein gesundes Essen auf den Tisch kommt, verdanken sie der Bremer Tafel.

Der Laden im Osten der Hansestadt hat täglich geöffnet, immer ist der Andrang groß. Rentner, Mütter mit Kinderwagen und einige junge Männer warten am Dienstag in einem Raum vor der Ausgabestelle - einige von ihnen sichtlich ungeduldig. Doch nur wer nachweisen kann, dass er wenig Geld hat, darf sich anstellen.

Langsam schiebt sich die Schlange an Regalen mit Brot, Milch, Käse, Konserven, Obst und Gemüse vorbei. Ehrenamtliche Mitarbeiter füllen die Tüten und Rollwagen. Selbstbedienung wie im Supermarkt gibt es nicht.

Wer wie viel bekommt, hat Alwine Delhougne ganz genau im Blick. Seit zehn Jahren arbeitet sie bei der Bremer Tafel. Viele der mehr als 1.000 Bedürftigen, die jede Woche kommen, sind Stammkunden. Manche von ihnen greifen gierig nach den Lebensmitteln, andere öffnen fast verschämt ihre Beutel.

Die 67-jährige Irmgard nimmt Paprika, Grünkohl und Mandarinen dankbar entgegen. «Das hilft schon sehr», sagt sie. Obst und Gemüse nimmt sie besonders gerne mit, denn diese sind im Supermarkt für sie zu teuer.

Nicht immer ist alles in ausreichender Menge vorhanden. «Hier kann niemand mit dem Einkaufszettel kommen», erläutert Helmut Ditzfeld, der die Lebensmittelausgabe organisiert. Die Bedürftigen müssen nehmen, was Supermärkte und Bäcker aus ihren Regalen aussortieren.

Jeden Tag fahren die Tafel-Mitarbeiter mit fünf Lastwagen raus, um die gespendeten Lebensmittel abzuholen und auf die drei Bremer Standorte zu verteilen. Die Ausbeute variiert, mit leeren Beuteln muss Ditzfeld aber niemanden wegschicken. «Irgendwas gibt es immer.» Notfalls Chips und Fertiggerichte.

Doch das ist nicht bei allen der bundesweit fast 900 Tafeln so. «Die Lebensmittelspenden nehmen deutschlandweit zu», sagt Anke Assig vom Bundesverband der Tafeln. Allerdings reicht das Aufkommen nicht überall. Vor allem in wirtschaftlich schwachen Regionen kommt es vor, dass die Läden Menschen abweisen müssen.

«Die Tafeln bemühen sich einzuschätzen, welcher der Bedürftigen am meisten Hilfe braucht. Familien mit Kindern haben in aller Regel Vorrang.»

Die Vereine versorgen 1,5 Million Menschen bundesweit, 30 Prozent davon sind Kinder und Jugendliche. Viele von ihnen müssten ohne die Spenden hungrig ins Bett gehen - und das im wohlhabenden Deutschland.

Gleichzeitig landen einer Studie der Uni Stuttgart zufolge jedes Jahr fast elf Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll. Eine schier unglaubliche Menge. Mehr als die Hälfte der fast 82 Kilogramm, die jeder Bürger jährlich wegwirft, wäre noch essbar gewesen.

Dass manche Menschen halbgegessene Joghurts oder Äpfel mit Druckstellen entsorgen, weil das Haltbarkeitsdatum bald abläuft oder sie nicht mehr so schön anzusehen sind, dafür hat Kristin kein Verständnis. «Da bekomm' ich die Krise», sagt sie. Diese Verschwendung kann sie sich einfach nicht leisten. (dpa)
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