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07.05.2021 | 00:48 | Zusatzstoff E171 

Kommt Stopp des Farbstoffs Titandioxid im Essen?

Berlin/Parma - Der weit verbreitete Farbstoff Titandioxid soll nach dem Willen der EU-Kommission wegen möglicher Krebsrisiken aus dem Essen verbannt werden.

E171 enthalten?
Seit langem ist Titandioxid im Essen zugelassen. Der Stoff mit dem Kürzel E171 macht etwa Kaugummi und Dragees schön weiß. Jetzt warnt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit davor, dass Krebsrisiken nicht ausgeschlossen werden können. (c) proplanta
Mit dem Vorschlag folgte die Kommission am Donnerstag einer Empfehlung der EU-Lebensmittelbehörde Efsa. Der als E171 bekannte Stoff kommt zum Beispiel in Kaugummi, Süßigkeiten, Backwaren, Suppen und Salatsoßen vor. Auch Ernährungsministerin Julia Klöckner plädierte für einen EU-weiten Zulassungsstopp in Nahrungsmitteln.

Die CDU-Politikerin erklärte, die Gesundheit der Verbraucher müsse an erster Stelle stehen. «Im Sinne des Vorsorgeprinzips muss die EU-weit geltende Zulassung für Titandioxid daher zurückgenommen werden. Es ist nicht auszuschließen, dass der Lebensmittelzusatzstoff erbgutschädigend wirkt.» Ähnlich äußerte sich auch die EU-Kommission.

Die Brüsseler Behörde wies aber darauf hin, dass keine akute Gesundheitsgefahr bestehe. Man werde den EU-Staaten einen Zulassungsstopp vorschlagen, aber nach einer geeigneten Übergangsfrist.

Die Sprecherin für Ernährungspolitik bei den Grünen, Renate Künast, kritisierte die Ministerin: «Statt auf die Entscheidung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) zu warten, hätte Bundesministerin Klöckner lieber selber tätig werden sollen.» Solange noch Forschungslücken bestünden, brauche es im Sinne des vorsorgenden Gesundheitsschutzes nationale Regelungen und Verbote. Hier habe die Ministerin versagt.

Die von der Industrie viel genutzte Substanz ist schon länger umstritten. Frankreich hatte festgelegt, dass Titandioxid im Essen ab 2020 zunächst nicht mehr mehr verwendet werden soll. Im Dezember hatte Paris den Bann um ein Jahr verlängert. Auch deutsche Verbraucherschützer etwa von Foodwatch fordern seit einiger Zeit einen Verzicht. E171 kann auch in Medikamenten sein, etwa im weißen Überzug von Dragees. Das Farbmittel ist seit Jahrzehnten zugelassen.

Die Experten der EU-Behörde Efsa im italienischen Parma fanden nach eigenen Angaben jetzt zwar keine abschließenden Beweise für eine toxische Wirkung von E171. Sie konnten aber negative Effekte auf das menschliche Erbgut und mögliche Krebsrisiken nicht ausschließen.

Deshalb rieten sie von Titandioxid im Essen ab. Die Behörde verhängt kein Verbote, sondern gibt ihre Studien an die Europäische Kommission und die 27 EU-Mitglieder. Brüssel und die Staaten können dann mit Vorschriften aktiv werden. In Deutschland schloss sich das Bundesinstitut für Risikobewertung der Bewertung aus Italien am Donnerstag an.

Die Efsa war in einer früheren Studie 2016 zu einem weniger strengen Schluss gekommen. Sie hielt damals mehr Forschung für erforderlich. Jetzt erläuterte der für Lebensmittelzusätze verantwortliche Efsa-Sachverständige Maged Younes: «Unter Berücksichtigung aller verfügbaren wissenschaftlichen Studien und Daten kam das Gremium zu dem Schluss, dass Titandioxid als Lebensmittelzusatzstoff nicht mehr als sicher angesehen werden kann.»

Entscheidend gewesen seien Bedenken mit Blick auf die DNA, also das Erbmaterial. Zwar nehme man durch Essen nur wenig Titandioxid-Partikel auf: «Sie können sich jedoch im Körper ansammeln», erläuterte der Experte.

Die Efsa habe ihre Sicherheitsbewertung auf Ersuchen der EU-Kommission neu geprüft, hieß es. Dabei seien zahlreiche Studien genutzt worden, die seit 2016 verfügbar geworden seien. So ging es etwa um Daten zu kleinen Titandioxid-Partikeln, sogenannten Nanopartikeln.

Titandioxid kann auch in anderen Produkten sein, etwa in Zahnpaste und Waschmittel. Um diese Waren ging es bei der Prüfung nicht. Für eine weitere Produktgruppe, etwa für Farben, Lacken oder Mörtel, hatte die EU-Kommission 2019 erklärt, dass es für Titandioxid in Pulverform künftig einen Warnhinweis geben sollte. Dabei ging es um mögliche Krebsrisiken durch das Einatmen von Pulver.
dpa
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