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20.07.2011 | 21:30 | Lebensmittelklarheit.de 

Portal Lebensmittelklarheit ging heute an den Start

Berlin - Kalbswürstchen mit viel Schweinefleisch, angebliche Vitaminbomben, Käsevariationen ohne Milch: Irreführende Angaben auf Lebensmittelpackungen können Kunden künftig an ein Internetportal der Verbraucherzentralen melden.

Lebensmittel-Mogeleien
«Was drauf steht, muss auch drin sein. Darauf wollen sich die Kunden beim Einkauf verlassen können», sagte Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) zum Start der Seite «Lebensmittelklarheit.de» am Mittwoch. Die Branche wehrt sich heftig gegen einen «Pranger». Informationen zu Lebensmitteln und anderen Produkten sollen Bürger bald auch einfacher bei Behörden einholen können. Eine entsprechende Reform beschloss das Bundeskabinett.

Auf dem neuen Portal sollen Produkte unter Täuschungsverdacht mit Stellungnahmen der Hersteller veröffentlicht werden. König Kunde bekomme nun endlich die Möglichkeit, sich selbst kritisch zu äußern, sagte Gerd Billen, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), der das Angebot betreibt. Mit den Beschwerden, die eine Internetredaktion bearbeite, werde verantwortungsvoll umgegangen.

Über ein Formular können Kunden online Produkte melden, bei denen sie sich getäuscht fühlen. Der Hersteller bekommt sieben Tage Zeit für eine Stellungnahme, die dann mit der Beschwerde und einem Verbraucherschützerkommentar samt Produktfoto eingestellt wird. Ist eine Aufmachung umstritten, aber rechtlich zulässig, soll das Produkt nur anonymisiert dargestellt werden.

Das Portal solle zeigen, wo Verbraucher der Schuh drücke und Regeln möglicherweise angepasst werden müssten, sagte Aigner. Ihr Ministerium fördert das Projekt mit 775.000 Euro. Dabei gehe es um einen seriösen Dialog zwischen Verbrauchern und Wirtschaft. «Dialog ist das Gegenteil von Pranger.» Lebensmittelkennzeichnungen würden sehr unterschiedlich wahrgenommen, wie eine eigene Umfrage gezeigt habe. Etwa ein Drittel der Verbraucher finde sie lückenhaft.

Die Branche kritisierte das Vorhaben scharf. «Niemand darf durch eine öffentliche Zurschaustellung bestraft werden, wenn er sich an Recht und Gesetz hält», sagte der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), Jürgen Abraham. Es sei nicht akzeptabel, wenn eine andere, nicht legitimierte Instanz als Behörden und Gerichte darüber entscheide, «ob ein Produkt quasi mit amtlichem Anstrich öffentlich abgewertet wird». Das bedrohe auch Arbeitsplätze.

Um Anfragen zu Kennzeichnungen und Messergebnissen bei Behörden zu erleichtern, beschloss das Bundeskabinett am Mittwoch eine Reform des seit 2008 geltenden Verbraucherinformationsgesetzes. Umwelt- und Verbraucherverbände beklagen, dass Bürger bisher die Möglichkeiten kaum nutzen, weil Anfragen lange dauern und Gebühren fällig werden. Künftig sollen eine E-Mail oder ein Anruf reichen und Auskünfte meist kostenlos sein. Als Konsequenz aus Lebensmittelskandalen sollen Ämter zudem von sich aus die Öffentlichkeit informieren, wenn sich bei Überwachungen herausstellt, dass Grenzwerte überschritten wurden.

Der Anspruch auf Auskünfte wird erweitert. Künftig können Bürger auch Informationen über technische Geräte wie Waschmaschinen oder Haartrockner, Möbel und Heimwerkerartikel bei Ämtern erfragen. Jetzt gilt dies für Lebens- und Futtermittel sowie Bedarfsgegenstände wie Kleidung, Spielwaren oder Reinigungsmittel. Können für einfache Anfragen bisher 5 bis 25 Euro Gebühr erhoben werden, soll dies bis zu einem Verwaltungsaufwand von 250 Euro gratis werden. Wenn Rechtsverstöße erfragt werden, liegt die Schwelle bei 1.000 Euro.

Werden bei der amtlichen Lebensmittelüberwachung überschrittene Grenzwerte festgestellt, müssen Behörden künftig aktiv damit an die Öffentlichkeit gehen. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) warnte vor einer Gefährdung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ohne tatsächlichen Nutzen für die Verbraucher. Aigner widersprach: «Dioxin-Werte sind kein Geschäftsgeheimnis.» Dem Gesetz müssen noch Bundestag und Bundesrat zustimmen. SPD, Grüne und Linke kritisierten es als unzureichend. Der Auskunftsanspruch müsse unter anderem auch auf Dienstleistungen ausgeweitet werden.
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