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04.03.2021 | 11:13 | Öffnungen mit Norbremse 

Scharfe Debatte um neueste Corona-Beschlüsse

Berlin - Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) hält die neuen Beschlüsse von Bund und Ländern in der Corona-Pandemie für angemessen.

Corona-Lockerungen
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Der Lockdown zur Bekämpfung der Corona-Pandemie wird grundsätzlich bis zum 28. März verlängert. Allerdings soll es je nach Infektionslage viele Öffnungsmöglichkeiten geben. Um Schnell- und Selbsttests entbrennt bereits Streit. (c) proplanta
«Man kann nicht eine Gesellschaft nach vier Monaten jetzt weiter im Winterschlaf halten. Deshalb sind diese Öffnungsschritte richtig», sagte Braun am Donnerstag im ARD-«Morgenmagazin.»

Nach mehr als neunstündigen Verhandlungen hatten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Länder-Ministerpräsidenten neue Corona-Beschlüsse ausgearbeitet. Vereinbart wurden eine neue Teststrategie und stufenweise Öffnungen mit eingebauter Notbremse.

Der Kanzleramtschef versicherte, dass es für die Teststrategie ausreichende Kapazitäten in Deutschland gebe, was aus der Opposition bezweifelt wird. «Es sind sehr, sehr viele Schnelltest verfügbar. Bei den Hersteller liegen die in dreistelligen Millionenanzahlen auf Halde», sagte Braun. Bei den Eigentests laufe der Vertrieb erst an. In den ersten Wochen würden zunächst weiter vor allem die herkömmlichen Schnelltest eingesetzt.

Auch Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) erwartet schnell ausreichende Testkapazitäten. Er verwies im ARD-«Morgenmagazin» ebenfalls auf Schnelltests und die nun verfügbaren Selbsttests. «Wir wollen diese beide Möglichkeiten einsetzen, um mit einer umfassenden Teststrategie uns mehr Spielraum für Öffnungen zu erarbeiten», sagte der Bundesfinanzminister.

«Es gibt sehr viele Testangebote, die beschafft werden können», antwortete Scholz auf die Frage, ob es zügig ausreichende Kapazitäten geben werde. «Und deshalb gehe ich davon aus, dass nach einer kurzen Übergangsphase, die ja diesem Beschluss notwendigerweise folgen muss, überall genügend bestellte Test zur Verfügung stehen und diese Testzentren, die dann eingerichtet werden können, auch mit den Test arbeiten können.» Er ergänzte, «irgendwann und im großen Umfang wird es dann auch Selbsttests geben», die sehr hilfreich seien, um sie beispielsweise an Schulen einzusetzen.

Scholz' Parteikollege, SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, äußerte sich bei Twitter hingegen besorgt zu den Beschlüssen des Spitzentreffens: «Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass mit diesem Beschluss die 3. Welle langsam anläuft. Es kann sogar sein, dass das Terminshopping und Außengastro kurz anläuft. Aber spätestens Anfang April liegt die Inzidenz über 100 und das Intermezzo ist beendet.»

Vor allem für die Wirtschaft sei viel erreicht worden, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). So werde es im März erste wichtige, aber verantwortbare Öffnungsschritte geben. Zudem habe sich die Runde von der umstrittenen 35er-Inzidenz verabschiedet.

«Die Inzidenz von 35, die sehr streng war, die viele verärgert und aufgeregt hat, die ist nicht mehr für die Öffnung Voraussetzung.» Es gebe damit für den Einzelhandel und die Gastronomie die Möglichkeit, in vielen Teilen Deutschlands wieder zu verkaufen, wieder an den Start zu gehen.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bezeichnete den Monat März im Kampf gegen die Corona-Pandemie als Übergangsmonat. «Es kann sich zum Guten, aber auch zum Schlechten entwickeln», sagte Söder in der Nacht zum Donnerstag. «Wir hoffen sehr, dass der März ein Chancen-Monat wird.» Gleichzeitig warnte Söder vor zu hastigen Öffnungsschritten. «Das Herz sagt uns: So viel öffnen wie möglich! Der Verstand mahnt aber eindeutig zur Vorsicht». Es gelte aufzupassen, um nicht in den nächsten Lockdown zu schlittern, möglicherweise schon zu Ostern.

Angesichts der neuen Teststrategie machte FDP-Fraktionsvize Michael Theurer Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Altmaier (beide CDU) für einen absehbaren Mangel bei Testkapazitäten verantwortlich. «Dass es scheinbar noch einige Wochen dauern wird, bis Schnelltests überhaupt flächendeckend in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen werden, grenzt an Arbeitsverweigerung der Minister Spahn und Altmaier.»

Zudem fehle ein Gesamtkonzept, in das die Eigentests integriert werden könnten. «Damit geht das Impf-Desaster übergangslos mit dem Test-Fiasko weiter», sagte der FDP-Politiker. «Es ist nicht zu verstehen, warum die Bundesregierung für den notwendigen Impfturbo und Testturbo nicht Erfahrungen aus erfolgreichen Ländern wie den USA nutzt.»

Nach Ansicht von FDP-Vize Wolfgang Kubicki schadet das Corona-Krisenmanagement der Bundesregierung dem internationalen Ansehen Deutschlands. «Kein vernünftiges Schnelltestmanagement, kein Impfmanagement, keine Alternative zur einfältigen Schließung ganzer Branchen - nach über einem Jahr Pandemie. Mit dieser Politik schadet diese Bundesregierung dem Ansehen Deutschlands in der Welt massiv», sagte Kubicki der «Rheinischen Post» (Donnerstag).

Auch die beiden Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion kritisierten die Ergebnisse des Spitzentreffens. «Diese Beschlüsse sind ein Hohn für die Bürger, die zunehmend genug haben von der plan- und nutzlosen Lockdown-Politik der Bundesregierung und der Länder», sagte Alice Weidel. Von einer «Ausstiegsperspektive» könne keine Rede sein. Für die meisten Betriebe in Einzelhandel, Gastronomie und Dienstleistungsgewerbe würden die Beschlüsse weitere Wochen der Unsicherheit bedeuten.

Alexander Gauland bezeichnete die abermalige Lockdown-Verlängerung bis Ende März als einen «Willkürakt» und griff die Gesamtstrategie der Kanzlerin an. «Die Bürger sollen dafür büßen, dass die von Merkel vorangetriebene «europäische Lösung» direkt ins Impfstoffdesaster geführt hat. Auch bei der Beschaffung und Bereitstellung von Schnelltests hinkt die Bundesregierung weit hinterher», so Gauland.
dpa
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