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02.05.2009 | 11:13 | Mexikanische Schweinegrippe 

Stephan Becker - Der Herr der Viren bleibt ruhig

Marburg - Die immer neuen Berichte über die Ausbreitung der Schweinegrippe bringen Professor Stephan Becker nicht aus der Ruhe.

Schweinegrippe H5N1
H5N1 (c) Cynthia Goldsmith CDC
Es gebe jedes Jahr weltweit Hunderttausende Fälle von Grippe- Infektionen, und jetzt gebe es in Deutschland drei bestätigte Fälle von Schweinegrippe. «Warum soll ich mich jetzt so schrecklich beunruhigen», fragt der 48-Jährige. Es gebe derzeit wirklich keinen Grund, in Panik zu verfallen. Von einer besorgniserregenden Pandemie sei die derzeitige Situation noch weit entfernt.

Becker ist Direktor des Instituts für Virologie an der Universität im mittelhessischen Marburg. Zu seinem Institut gehört Deutschlands modernstes Hochsicherheitslabor für die Virusforschung. Dort werden unter strengsten Sicherheitsmaßnahmen hochgefährliche Erreger wie Ebola-, Lassa-, Marburg-, Sars- und Influenza-Viren erforscht - auch gentechnisch veränderte Erreger. Seit einigen Tagen arbeiten die Marburger Wissenschaftler auch am Schweinegrippevirus.

Wenn immer irgendwo in Deutschland der Verdacht auf tückische Viren aufkommt, dann landen die vermeintlichen Erreger entweder in Marburg oder am Bernhard-Nocht-Institut (BNI) in Hamburg. Dass im August 1967 das Marburg-Virus in der hessischen Universitätsstadt entdeckt wurde, war der Startpunkt für umfangreiche Virenforschungen in Marburg, die inzwischen Tradition haben.

Becker erklärt sich den Wirbel um die Schweinegrippe so: «Diese normalen Influenzawellen, die wir jedes Jahr sehen, an die haben wir uns gewöhnt. Und wir haben uns dran gewöhnt, dass jedes Jahr 10.000 Leute sterben an den Folgen von Influenza in Deutschland.» Bei dem Schweinegrippeerreger handele sich nun um ein neues Virus. «Das ist natürlich immer Anlass zur Besorgnis», sagt Becker, der in Marburg Pharmazie studiert hat und seit Ende 2007 das Virologie-Institut leitet. Aber so der Forscher: «Die Erkrankungen von diesem neuen Virus, die verlaufen meistens mild, das ist kein Killervirus.»

Becker ist ein schlanker, großer Mann mit wachen Augen und dunklen Haaren, in denen hier und da graue durchschimmern. Er sitzt gerade, aber nicht steif auf seinem Stuhl. Seine Sätze formuliert er bedacht, mit ruhiger, weicher Stimme. Dass er in diesen Tagen für Journalisten ein gefragter Interviewpartner ist und sein Telefon nicht mehr stillsteht, scheint er wohlwollend hinzunehmen. Für komplexe Zusammenhänge findet der Virologie einfache Sätze.

«Von der Struktur und der Sequenz der Erbinformationen kann man sagen, dass es sich hier um ein Influenza-Virus handelt, das normalerweise in Schweinen vorkommt. Das hat es geschafft auf den Menschen überzuspringen, das ist nicht ganz häufig und noch seltener ist es, dass diese Viren sich von Mensch zu Mensch sehr effizient vermehren können», sagt Becker. Warum das neue Virus das könne, wisse man noch nicht. Auch nicht, wie lang es schon in den Menschen ist. Aber: «Dieses Virus, das macht ja vorwiegend milde Erkrankungen.»

Beckers Institut arbeitet derzeit mit dem Marburger Pharmahersteller Novartis Behring an der Entwicklung eines Impfstoffs, was aber Monate dauern könne. Dass es noch keinen Impfstoff gibt, sei aber kein Grund zur Besorgnis: «Die gute Nachricht ist, das Virus ist momentan noch empfindlich gegenüber den Grippemitteln, die wir zur Verfügung haben, und die wir auch in großen Mengen zur Verfügung haben - dank der Pandemieplanung in den letzten Jahren.»

Becker ist sich sicher, dass die Schweinegrippe kein Einzelfall bleibt. «Das ist eine Situation, wie sie uns in Zukunft wahrscheinlich häufiger passieren wird. Dadurch dass unsere Welt so zusammengewachsen ist, durch diesen starken Reiseverkehr, werden solche Epidemien an einem Ort der Welt ruckzuck auf andere Stellen verbreitet werden.» Die Schweinegrippe müsse Anlass sein, sich darauf gut vorzubereiten. (dpa)
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