Das bisherige Hitzewarnsystem auf Landkreis-Ebene werde dafür ergänzt, sagte Paul Becker, Vizepräsident des Wetterdienstes (DWD), am Dienstag in Berlin.
Grund dafür sei die steigende Zahl älterer Menschen, die bei Hitze ein größeres gesundheitliches Risiko hätten als jüngere. In Städten staue sich die Hitze oft, deshalb könnten hier Temperaturen um bis zu zehn Grad höher liegen als im Umland.
Auch nachts kühle es sich in Städten weniger ab. 79 deutsche Städte mit jeweils mehr als 100.000 Einwohnern sollen dem Warnsystem hinzugefügt werden.
«Hitze ist ein stiller Killer», sagte Becker. Es klinge simpel, an heißen Tagen ausreichend Wasser zu trinken und im Schatten zu bleiben. «Es wird aber trotzdem massenhaft falsch gemacht.» So habe die große
Hitzewelle in Deutschland im Jahr 2003 rund 8.000 Menschen das Leben gekostet, vor allem Senioren über 80. In ganz Europa habe es in jenem Jahr 60.000 Hitzetote gegeben.
Als Hitzetag gilt ein Tag mit Temperaturen über 30 Grad Celsius. Die gefühlte Temperatur, in die auch Luftfeuchte, Strahlung und Wind einfließen, kann dabei höher liegen. Der
DWD will sie künftig auch gezielt für einen älteren Organismus berechnen - und nicht mehr allein für einen 35-jährigen gesunden Menschen. «Im Alter reagiert das Herz-Kreislauf-System nicht mehr so flexibel», erläuterte Becker.
Auch Schweißdrüsen alterten. «Auch deshalb ist die Belastung durch Hitze im Alter deutlich höher.» Ab 32 Grad Celsius gefühlter Temperatur warnt der DWD Senioren ab dem 1. Juni deshalb vor «starker Wärmebelastung», über 38 Grad vor «extremer Wärmebelastung».
Die neuen Informationen sollen in der Regel direkt in Apps gespeist, an Altenpflegeeinrichtungen und Krankenhäuser und an Medien gegeben werden. Eine weitere Vereinbarung gibt es mit Baden-Württemberg. In Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung will der Wetterdienst dort auch Ärzte und Apotheker direkt über drohende Hitze informieren. Dieser Service sei kostenlos, andere Bundesländer hätten bisher nur weniger Interesse gezeigt, sagte Becker. Hitze sei im Süden des Landes aber auch ein größeres Problem.
Auch wenn 2016 in Deutschland kein neues Jahr mit Rekordhitze gewesen sei, dürfe es keine «Hitze-Demenz» geben, mahnte der Vize-Chef des DWD. Durch den
Klimawandel sei langfristig mit deutlich mehr heißen Tagen zu rechnen. Und die Zahl der Menschen über 80 könne sich in Deutschland bis 2060 von 5 auf 12 Prozent mehr als verdoppeln.
Insgesamt war es 2016 in ganz Deutschland nach DWD-Berechnungen mit durchschnittlich 9,5 Grad Celsius deutlich zu warm. Die Temperatur lag um 1,3 Grad über dem Mittel des Vergleichzeitraums zwischen 1961 und 1990 mit 8,2 Grad. Wetter-Extreme zeigten sich im vergangenen Jahr aber vor allem bei Niederschlägen und
Überschwemmungen, besonders in Süddeutschland.