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27.10.2018 | 15:43 | Kürbisschnitzen 

Süßes oder Saures - Halloweens Weg zurück nach Europa

Dublin / Washington - Bald wühlen sich die einen wieder euphorisch durch Kostümläden, während die anderen zuhause Tür und Tor vernageln - Halloween steht bevor.

Gruselkürbis
An Halloween scheiden sich die Geister: Während die einen den Spuk feiern, können die anderen nichts damit anfangen. Doch wie sieht der Brauch eigentlich in unterschiedlichen Ländern aus? (c) proplanta
Von vielen wird der Brauch als amerikanische Spinnerei abgetan, so mancher Gläubige zittert um den Reformationstag, doch wieder andere können nicht genug kriegen vom Kürbisschnitzen. Wie ist der Brauch überhaupt entstanden? Viele glauben, dass Halloween aus den USA kommt - doch das stimmt nicht.

Michelle Dunne ist Historikerin an der Dublin City University in Irland, sie forscht auch über irisches Volkstum. «Halloween war eines der vier wichtigsten keltischen Feste», sagt Dunne. Seine Anfänge hatte der Brauch vor mehr als 2.000 Jahren. Im Irischen «Samhain» genannt markierte er den Beginn des Winters am 1. November.

Damals glaubte man, dass am Vorabend des Fests Geister auf der Erde wandelten, weil die Grenze zum Totenreich in dieser Nacht verschwamm. «Bevor man ins Bett ging, zündete man in der Küche ein Feuer an und stellte Essen für die Vorfahren bereit, falls diese zurückkommen sollten», sagt Dunne. Bis heute wird Halloween deswegen am 31. Oktober gefeiert. Der Name entwickelte sich aus der Bezeichnung für den Abend vor Allerheiligen: All Hallows' Eve.

Irische Einwanderer brachten den Brauch Ende des 19. Jahrhunderts auch in die USA - und von dort wurde er später zurückexportiert nach Europa. In den USA ist Halloween vor allem ein ungezwungenes Familien- und Nachbarschaftsfest. Kinder gehen verkleidet von Haus zu Haus; die Gebäude sind oft mit Kürbisfratzen oder Spinnweben dekoriert.

«Ein Haufen Süßigkeiten für Sechsjährige ist das Äquivalent eines BMW M3 für einen 40-Jährigen», schrieb die Zeitung «Louisville Courier Journal» zur Bedeutung von Halloween für die Kinder in den USA. Und für die meisten Erwachsenen dort ist es Ehrensache, genug Süßes im Haus zu haben, falls die Candy-Jäger klingeln. Die Supermärkte bieten vor Halloween zig Großpackungen zum Sonderpreis an.

Neben Süßigkeiten für die Kleinen fällt dann auch für die Eltern oft noch ein Glas Wein oder eine Grillwurst nebst nettem Plausch mit den Nachbarn im Viertel ab - in den USA ist Halloween auch ein Stück gelebte Nachbarschaft.

Die größte Halloween-Party Europas steigt seit mehr als 30 Jahren in der nordirischen Stadt Derry. Elizabeth Cunningham organisiert das Festival, sie erwartet dieses Jahr mehr als 100.000 Besucher.

In einer Stadt mit nur 85.000 Einwohnern braucht das «Planung, Planung, Planung», sagt Cunningham. Die Gäste kommen von überall: aus den USA, Kanada und sogar Australien. Mehr als 600 Menschen helfen, die Konzerte, den Festumzug und das Feuerwerk auf die Beine zu stellen.

Und dabei fing 1985 alles ganz klein an: Während der Unruhen in Nordirland veranstaltete ein Pub an Halloween eine Kostümparty. «Man wollte sich ablenken, an andere Dinge denken», sagt Cunningham. Etwa 50 Gäste kamen an diesem Abend in «Doherty's Bar», als plötzlich eine Bombendrohung einging. «Der Pub wurde evakuiert und die Menschen feierten einfach auf der Straße weiter, so ist das Festival entstanden.» Halloween habe die Bevölkerung in Derry einander wieder näher gebracht, erklärt Cunningham.

Dass sich auch in Deutschland am 31. Oktober Menschen in Kürbiskostüme zwängen, liegt der Kulturwissenschaftlerin Monique Scheer zufolge auch an Hollywood: «Wir bekommen hier viel amerikanische Populärkultur zu sehen.» Über Filme und Serien sei Halloween bekannt geworden.

Scheer ist gebürtige Amerikanerin und forscht an der Universität Tübingen über kulturelle Vielfalt. Seit den 1990er Jahren beobachtet sie, wie Halloween zunehmend auch im deutschen Kalender eine Rolle spielt. Die Bedingungen dafür beschreibt sie als günstig: Am Folgetag ist Allerheiligen - und in einigen Bundesländern Feiertag.

Nach Scheers Einschätzung hinderten jedoch sozialräumliche Gegebenheiten das Fest daran, für die ganz junge Generation zum Erfolg zu werden. «In den USA ist Halloween ausgelegt auf die Vororte mit Einfamilienhäusern, wo die Kinder von Tür zu Tür ziehen. So leben aber in Deutschland die wenigsten Familien.»

Deutschen Halloween-Freunden gehe es vor allem um den Grusel-Aspekt, sagt Scheer. Totenköpfe, Hexen und Geister prägen Outfits und Dekoration. In den USA laute das Motto dagegen «Hauptsache verkleiden» - Halloween sei dort auch ein wenig Ersatz für Fastnacht.

Der Import von Feierkultur sei kein Einzelphänomen, sagt Scheer. Das deutsche Weihnachtsfest beispielsweise bestünde aus vielen Versatzstücken internationaler Herkunft. Umgekehrt exportiert Deutschland Traditionen wie Christbaum und Oktoberfest. Und welcher Party-Anlass schwappt als nächstes nach Deutschland? Scheer: «Was Menschen cool finden und aufgreifen, lässt sich nicht vorhersehen.»
dpa
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