Umstrittenes Vorhaben zunächst auf Eis gelegtFrankfurt - Mogelpackung, Papiertiger, Etikettenschwindel: Über Jahre hinweg waren die Pläne für ein Verbraucherinformationsgesetz von heftigen Diskussionen und wenig schmeichelhaften Umschreibungen begleitet worden. |
(c) proplanta Nun liegt das Vorhaben auf Eis, da Bundespräsident Horst Köhler das Vorhaben im Dezember wegen verfassungsrechtlichen Bedenken stoppte.Das Staatsoberhaupt sieht in der vorgesehenen Übertragung bestimmter Aufgaben an die Kommunen einen Verstoß gegen die schon umgesetzte erste Stufe der Föderalismusreform.
Noch vor der Verabschiedung des Gesetzentwurfs im Bundestag hatte Bundesverbraucherminister Horst Seehofer (CSU) dagegen von einem Meilenstein hin zu mehr Markttransparenz und Information gesprochen. Vor der Sommerpause winkten die Abgeordneten das Gesetz durch - damals noch relativ unbeachtet von der Öffentlichkeit. Das änderte sich im August schlagartig, als zunächst in München Gammelfleischfunde immensen Ausmaßes bekannt wurden.
Zwar sollte das Gesetz nie bloß ein Gammelfleisch-Informationsgesetz sein. Dennoch wurden die Rufe nach einer raschen Verabschiedung durch den Bundesrat angesichts der Ekel erregenden Nachrichten aus Bayern und später auch aus anderen Bundesländer immer lauter. Denn künftig sollten Behörden Ross und Reiter nennen - gerade dann, wenn zum Beispiel Gammelfleisch auftaucht.
Die Behörden sollten von sich aus aktiv werden, wenn Rechtsverstöße vorliegen. Der Öffentlichkeit hätte dann der Firmen- und Produktname genannt werden sollen. Im Gesetz stand darüber hinaus, dass etwa Strafverfolgungsbehörden die Lebensmittelüberwachung über aktuelle Verfahren informieren müssen. Im Gegensatz zur derzeitigen Regelung sollten Rechtsverstöße auch keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse mehr darstellen.
Neu an dem Gesetz war zudem, dass Unternehmen auch dann noch an den Pranger hätten gestellt werden können, wenn die betroffene Ware nicht mehr auf dem Markt ist. Doch nicht nur in Sachen Gammelfleisch sollte das Gesetz greifen: Andere Beispielfälle wären Pestizidbelastung von Obst und Gemüse oder notorisch gering befüllte Verpackungen. Auch sollten Bürger erstmals einen rechtlichen Anspruch darauf bekommen, von den Behörden Auskunft über Hersteller und deren Produkte zu erlangen.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) kritisierte, dass es auch mit dem neuen Gesetz keinerlei Informationspflichten der Unternehmen den Verbrauchern gegenüber gegeben hätte. Außerdem befürchteten die Verbraucherschützer, dass die neu geschaffenen Auskunftsrechte wegen zu hoher Gebühren oder allzu langer Bearbeitungszeit zum stumpfen Schwert geworden wären. Schließlich bemängelten sie die Vielzahl von Ausnahmeregelungen.
Konkret sah das Gesetz eine Änderung im Lebensmittel-, Bedarfsgegen-stände- und Futtermittelgesetzbuch (LFBG) vor. Dort sollte die Auskunfts-pflicht der Behörden festgeschrieben werden, das eigentliche neue Verbraucherinformationsgesetz hätte den Konsumenten schließlich das Recht eingeräumt, für sie wichtige Informationen selbst einzuholen. Es erstreckt sich auf den Lebensmittel- und Futtermittelbereich, außerdem auch auf Wein, Kosmetika und Bedarfsgegenstände wie etwa Bekleidung, Verpackungen oder Reinigungsmittel.
Seehofer kündigte nach dem Nein des Bundespräsidenten an, das Verbraucherinformationsgesetz nun zügig zu überarbeiten und Köhlers Einwände zu berücksichtigen. DJG/mal/27.12.2006
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