Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
04.06.2015 | 14:17 | Tee-Streit 

Urteil: In Tee muss enthalten sein, was drauf steht

Luxemburg - Muss ein Tee die Früchte, mit denen er wirbt, auch enthalten? Oder zumindest Aromen dieser Früchte? Ja, meint der Europäische Gerichtshof (EuGH) und stärkt mit seinem Urteil Verbraucherschützern und Kunden den Rücken.

Streit um Tee
(c) proplanta
Der Streit um einen aromatisierten Früchtetee von Teekanne hat schon mehrere Gerichte beschäftigt, nun urteilt der Europäische Gerichtshof (EuGH).

Worum geht es in dem Verfahren?

Um die Frage, ob der Hersteller Teekanne seine Kunden in die Irre führt. Streitobjekt ist ein Kindertee des deutschen Marktführers. Der aromatisierte Früchtetee namens «Felix Himbeer-Vanille Abenteuer» wirbt auf der Packung mit der beliebten Kinderbuchfigur Hase Felix, der zwischen Himbeeren und Vanilleblüten herumspringt.

Der Tee hat den Aufdruck: «Nur natürliche Zutaten». Allerdings enthalten die Teebeutel keinerlei Bestandteile von Himbeeren oder Vanille - und nicht einmal deren Aromen. Die Zutatenliste zeigt, dass der Tee hauptsächlich aus Hibiskus, Äpfeln, süßen Brombeerblättern, Orangenschalen und Hagebutten besteht. Teekanne bewarb den Tee bei der Einführung 2010 mit seinem «lecker beerigen Geschmack». Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat Teekanne verklagt. Seit 2012 vertreibt Teekanne den Tee nach eigenen Angaben nicht mehr.

Was werfen die Verbraucherschützer Teekanne vor?

Sie sprechen von einer «Werbelüge». «Der Verbraucher wird durch die Bilder getäuscht», kritisiert Susanne Einsiedler vom vzbv. «Auf einer Verpackung sollte nur das bebildert werden, was auch in dem Produkt drin ist.» Laut Zutatenliste enthält der Tee natürliche Aromen mit Vanille- und Himbeergeschmack. Solche Aromen werden laut vzbv aus Rohstoffen wie Holzspänen oder Schimmelpilzen gewonnen; das Aroma Vanillin etwa aus Öl, Nelken oder Zuckerrüben.

Was schreibt das EU-Recht vor?

Laut EU-Richtlinie aus dem Jahr 2000 darf die Etikettierung den Käufer nicht «über die Eigenschaften des Lebensmittels» irreführen, also Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung und Herstellungsart.

Welche Auffassung vertritt Teekanne?

Dass die Verpackung den Regeln entspricht. «Die stilisierten Früchte weisen auf die Geschmacksrichtung hin», schrieb Teekanne in einer Stellungnahme. Mit den natürlichen Aromen werde «das bekannte Geschmackserlebnis von Himbeeren und Vanille erreicht, was bei der Zugabe von Himbeeren und Vanille in getrockneter Form und in den Mengen, die in Teebeuteln verwendet werden können, nicht möglich ist.» Die Verpackung weise den Verbraucher «mehrfach, eindeutig und unmissverständlich» auf die Verwendung von natürlichen Aromen hin.

Wie hat das Landgericht Düsseldorf geurteilt?

Das Gericht gab 2012 den Verbraucherschützern recht. Es sei verboten, Lebensmittel unter einer irreführenden Aufmachung zu verkaufen, die über die Zusammensetzung des Lebensmittels täuschen könne. «Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt», heißt es im Urteil.

Hatte dieses Urteil Bestand?

Nein. In zweiter Instanz gab das Oberlandesgericht Düsseldorf 2013 Teekanne recht: «Die Verpackung enthält keine zu untersagende Irreführung.» Ein Früchtetee namens Himbeer-Vanille müsse nicht zwingend diese Früchte oder Aromen von ihnen enthalten. Es reiche, wenn der Tee nach Himbeeren und Vanille schmecke und die Zutaten auf der Verpackung korrekt angegeben seien. Der Fall ging an den Bundesgerichtshof, der den EuGH um Auslegung bat.

Welcher Meinung wird sich der Europäische Gerichtshof anschließen?

Das ist offen. Das Urteil aus Luxemburg ist in jedem Fall bindend für die deutschen Gerichte.

Ist dies ein Einzelfall?

Nein. Verbraucherschützer beanstanden immer wieder ähnliche Produkte. Der vzbv schreibt: «Ob deutscher Käse in griechischer Aufmachung, Formfleisch statt abgebildeter Hähnchenbrust oder «Acerolasaft» mit der Hauptzutat Apfelsaft - die Aufmachung und Kennzeichnung von Lebensmitteln weckt bei vielen Verbrauchern falsche Erwartungen.» Viele Lebensmittel hätten Fantasienamen wie «Erdbeertraum». Der EuGH entschied 2014 in einem anderen Fall, dass die Firma Ehrmann sich bei ihrem Fruchtquark «Monsterbacke» möglicherweise nicht an Regeln zu gesundheitsbezogenen Angaben gehalten hat. Dabei ging es um den Aufdruck auf der Packung «So wichtig wie das tägliche Glas Milch!».
zurück
Seite:12
weiter
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Tee-Kontroverse: Briten und Amerikaner scherzen über Zubereitung

  Kommentierte Artikel

 Ukrainisches Getreide macht EU-Märkte nicht kaputt

 Jedes vierte Ei in Deutschland aus Rheinland-Pfalz

 Hundesteuer steigt - Rekordeinnahmen bei Kommunen

 Neuartige Atomreaktoren auf Jahrzehnte nicht marktreif nutzbar

 Milliardenschweres Wachstumspaket kommt, aber ohne Agrardiesel-Subventionen

 Wieder Bauernproteste in Berlin

 Cholera-Alarm: Impfstoffproduktion muss hochgefahren werden

 Deutsche Wasserspeicher noch immer unterhalb des Mittels

 Staaten kündigen beschleunigten Ausbau von Atomkraft an

 Bamberger Schlachthof vor dem Aus