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25.12.2010 | 13:17 | Tofu statt Truthahn 

Veganismus liegt im Trend

Berlin - Sie trinken Sojasud, tragen Stofflatschen und füttern ihre Hunde mit Kartoffel-Matsch aus der Dose.

Pilze und Zucchini
Vegan zu leben, heißt auf alles zu verzichten, was tierisch ist. Wirklich alles. Das Bild der Veganer hat sich in den letzten Jahren jedoch stark gewandelt: Aus dem Verzichter ist ein Verfechter geworden - für das Klima, für die Gesundheit und natürlich für die Tiere.

Veganer sein ist «en vogue» und die Branche reagiert mit einer Fülle an Angeboten auf diesen Trend. Sebastian Zösch, Geschäftsführer des Vegetarierbunds Deutschland (VEBU) bestätigt: Veganismus - «das ist im Moment ein ziemlich großer Hype!» Allein in diesem Jahr sei die Mitgliederzahl des VEBUs von 2.700 auf 3.500 gestiegen.

Der Vegetarierbund vertritt die Interessen aller Vegetarier - das heißt alle Ausprägungen vom Ovo-Lakto-Vegetarier (kein Fleisch und Fisch, aber Ei- und Milchprodukte) bis hin zum Veganer (sie meiden alle tierischen Produkte). «Das Vegane hat gerade einen starken Imagewandel durchlebt», sagt Zösch. Vor allem junge Leute würden sich immer häufiger vegan und nicht einfach nur vegetarisch ernähren. «Es ist vielleicht noch ein bisschen cooler, gerade weil es noch ein bisschen konsequenter ist.»

Konsequent fleischlos isst man auch im «La Mano Verde» in Berlin. Hier wird veganes Gourmet-Essen serviert: Gerichte wie Zucchini-Röllchen mit Walnussbolognese oder Kohlrabischeiben mit Tomaten-Cashew-Füllung à la «Ravioli Blanc» stehen auf der Speisekarte. Obwohl alle Produkte im Restaurant vegan sind, wird dieses Wort im «Mano Verde» bewusst vermieden. «Vielen Nicht-Veganern gefällt das Wort "vegan" nicht», so Restaurant-Chefin Christiane Radin. Sie würden es mit einer radikalen Einstellung zum Essen verbinden. Um Fleischesser und Vegetarier nicht zu verprellen, ist im «La Mano Verde» deshalb von «Pflanzen-basierter» Küche die Rede.

Christian Vagedes, Vorsitzender der kürzlich gegründeten Veganen Gesellschaft Deutschland, vergleicht die Zunahme der Veganismus mit der Bio-Welle vor einigen Jahren. Ihn verwundert der Trend nicht: Der Wechsel vom Fleischesser zum Gemüseliebhaber sei schließlich nur «eine Umgewöhnungsgeschichte», eine vegane Ernährung zudem viel gesünder.

Ernährungswissenschaftler geben dem Lobbyisten jedoch nur teilweise Recht: Zwar empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) in Bonn - eine staatlich geförderte Ernährungs- Fachgesellschaft - Erwachsenen seit einiger Zeit eine ausgewogene ovo-lakto-vegetarische Kost. Sich gänzlich ohne tierische Produkte - also vegan - zu ernähren sieht Antje Gahl von der DGE allerdings «ein bisschen kritischer.» Vor allem bei Menschen mit einem erhöhten Nährstoffbedarf - also Schwangeren, Stillenden und Kinder - drohe ein Mangel an Eisen, Vitamin B12 und Omega-3-Fettsäuren.

Unklar ist, wie viele Veganer es tatsächlich in Deutschland gibt. Das ist vor allem schwierig, weil stets nur die Zahl aller Vegetarier erhoben wird, von denen die Veganer nur eine Untergruppe sind. Der Vegetarierbund Deutschland spricht von sechs Millionen Menschen, andere Schätzungen liegen etwas niedriger. In der letzten statischen Erhebung zu diesem Thema, der Nationalen Verzehrstudie II aus dem Jahr 2008, gaben nur 1,6 Prozent der Befragten an, sie würden sich fleischlos ernähren - demnach gäbe es also nur 1,3 Millionen deutsche Vegetarier.

Trotz widersprüchlicher Zahlen sind sich die Experten in einer Sache einig: Es gibt den Trend zum Fleischverzicht. Die Ursachen dafür sieht Vegetarier-Funktionär Zösch an unterschiedlicher Stelle. Relativ neu sei «die ganze Geschichte, dass man das Klima rettet, indem man kein Fleisch ist». Aber auch ethische und gesundheitliche Bedenken beim Fleischkonsum würden nach wie vor eine Rolle spielen. Auch durch den Weltbestseller «Tiere Essen» von Jonathan Safran Foer seien viele in diesem Jahr zum Vegetarier geworden.

In seinem Buch beschreibt Foer bis ins kleinste Detail, wie Tiere aus der Massentierhaltung getötet werden. Das Buch hatte in den Medien eine Welle der Berichterstattung ausgelöst, Promis wie Schauspielerin Natalie Portman verkündeten, Foer hätte sie zum Fleischverzicht bekehrt. Und selbst zum Fleischfest Weihnachten können Vegetarier auf Alternativen zurückgreifen: neben der klassischen Tofu-Wurst gibt es mittlerweile auch schon den Weihnachtsbraten in einer Weizeneiweiß-Variante. (dpa)
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