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13.08.2017 | 15:04 | Von Käsekuchen bis Rettich 

Von Bratwurstkrone bis Nudeldiadem: Deutschlands kuriose Produkthoheiten

Steuden - An die Pasta auf dem Kopf gewöhnt es sich schnell. Schließlich sind sie Teil des Diadems der deutschen Nudelkönigin.

Produkthoheiten
Weinköniginnen kennt jeder - aber es gibt auch Herrscher über weit ausgefallenere Gebiete. Ob Nudeln, Bratwurst, Käsekuchen oder Rettich - eine Übersicht über die schrägsten Regenten des Landes. (c) proplanta
Zeiten der Monarchie sind hierzulande vorbei, was manche Anhänge royaler Familien in Europa bedauern. Dafür lassen sich hier Dutzende Menschen als Botschafter allerlei Spezialitäten krönen. Sie tragen dann freiwillig goldene Bratwürste und Mini-Nussknacker auf dem Kopf - oder eben Nudeln. Eine Auswahl ungewöhnlicher Regenten:

Deutsche Nudelkönigin: Die amtierende Hoheit im Namen der Pasta ist seit Mai Patricia I. Die 29-Jährige wurde im sachsen-anhaltischen Steuden gekrönt und ist jetzt zwei Jahre lang auch optisch als Nudelkönigin unterwegs. Die Krone der Hallenserin ist mit Nudeln verziert. «Anfangs war es wirklich seltsam, ich in diesem pompösen Kleid und immer etwas auf dem Kopf», gibt sie zu.

Inzwischen habe sie sich daran gewöhnt und genieße es, zwei bis dreimal im Monat als kulinarische Monarchin zu Festen und Veranstaltungen eingeladen zu werden. Dort verteile sie Nudeln - und Autogrammkarten, die durchaus begehrt seien, sagt Patricia I. Die Wahl meisterte sie gegen zwei Konkurrentinnen mit ihrem Pasta-Wissen. Kein Wunder: Patricia Schenk ist normalerweise Einzelhandelskauffrau in einem Supermarkt und verantwortet dort die Nudelabteilung.

Eberswalder Spritzkuchenkönigin: Jenny I. vertritt ein Gebäck, das dem brandenburgischen Eberswalde zu einiger Berühmtheit verholfen hat. Sie selbst läuft mit glitzerndem Diadem, sonnengelben Pünktchenkleid im Rockabilly-Stil und schwingendem Petticoat sowie der unausweichlichen Schärpe auf. AUch sie kenn ihr Produkt vom Hauptberuf: Jenny Bechly-Günzel ist gelernte Konditorin. Spritzkuchen sind ein Brandteig, in Kringel gespritzt und schwimmend in Fest ausgebacken.

«Es ist toll, welche Leckerei aus wenigen Rohstoffen entstehen kann», sagt sie. Auf die Idee, eine Spritzkuchenkönigin zu krönen, kam Bäckermeister Björn Wiese. «Ein Stück Geschichte sollte wieder in Erinnerung gerufen werden», sagt er. Der Bäcker und Konditor Gustav Louis Zietemann (1807-1880) verkaufte seine Spritzkuchen auf dem Bahnhof Eberswalde.

Nussknackerkönigin: Wohl in keinem anderen deutschen Landstrich als dem Erzgebirge kann eine Nussknackerkönigin gewählt werden - dort, wo die Figuren aus Holz seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ihre Heimat haben. Derzeitige Amtsinhaberin ist die 26-jährige Christin Kopitzke. Die Nussknackerkönigin wird im erzgebirgischen Neuhausen seit 2005 gekürt.

Die Majestät soll die Stadt, die Region, das Handwerk und das Nussknackermuseum selbst bekannter machen. Letzteres schaffte schon vier Einträge ins Guinness-Buch der Rekorde - etwa als größte Nussknackersammlung der Welt: Mehr als 5.500 Exemplare von 49 Millimeter bis mehr als zehn Meter Höhe gibt es zu sehen. Zwei der berühmten Holzfiguren trägt auch die Monarchin auf dem Kopf - im Miniformat an ihrer Krone.

Bratwurstkönig: Er wird nicht gekrönt, er muss sich den goldenen Kopfschmuck, über dem eine Wurst schwebt, erarbeiten: Thüringens Bratwurstkönig. Der Repräsentant der Thüringer Nationalspeise wird in einem Wettbewerb gekürt. Die Majestät muss einen Rost anwerfen und dabei auch noch Späße machen können. Ganz wichtig: Würste werden gebraten. Wer Würste grillen will, ist gleich durchgefallen.

Es heißt schließlich Bratwurst, sagt Uwe Keith vom Verein der Freunde der Thüringer Bratwurst. Derzeit trägt Gerhard I., ein pensionierter Metzgermeister, Krone und Zepter, das an eine hölzerne Wurtzange erinnert. Wenn Gerhard Herbst, so heißt der Regent, nicht in Wurstangelegenheiten bei Festen und Messen unterwegs ist, hält er schon mal Audienz im Bratwurstmuseum in Holzhausen bei Arnstadt. Thüringens Wurstkult zieht sich durch ganz Europa: Seit der Anerkennung als regionale Spezialität durch die EU stieg der Absatz stark. Die Jahresproduktion liegt bei etwa 40.000 Tonnen.

Rettichkönig: Er ist der erste Mann auf diesem Thron. Im pfälzischen Schifferstadt schwingt Rettichkönig Lukas I. das Zepter. Der 22-jährige Lukas Kopping trägt den Rettich-Titel, der mit Unterbrechungen seit 1936 vergeben wird - bislang aber nur an Frauen.

Kopping ist nun für zwei Jahre «Botschafter des Rettichanbaus» und der «Rettichmetropole», wie sich Schifferstadt nennt. Und was macht der König so? Zum Beispiel repräsentieren. Er habe beim jährlichen Rettichfest bereits viele Eindrücke gesammelt, sagt Lukas I., der bei Auftritten einen Janker, eine Weste und eine Jeans trägt. «Es ist auf jeden Fall spannend.»

Käsekuchen-Königin: Die leidenschaftliche Hobbybäckerin Heidi Mick ist als Käsekuchen-Königin die erste ihrer Zunft. Die junge Frau aus Bous bei Saarbrücken wurde im Oktober vom Landkreis Saarlouis zum 200-jährigen Bestehen des Kreises gekürt, nachdem sie zuvor am Ofen überzeugte. Sie habe schon immer gerne gebacken, sagt sie. Was das Geheimnis ihres königlichen Kuchens ist? «Viel Schmand, viel Quark und viel Sahne.» In der Region ist Käsekuchen super beliebt: An saarländischen Festtafeln soll mindestens ein leckeres Exemplar zu finden sein.

Deutsche Hutkönigin: Diese Monarchin trägt keine Krone, sondern einen Hut. In Lindenberg im Allgäu dreht sich alles um diese Form der Kopfbedeckung - die Stadt hat eine lange Tradition der Hutmacher.

Auch das deutsche Hutmuseum ist hier beheimatet. Vor sieben Jahren wurde deshalb die erste Deutsche Hutkönigin gewählt. Seit 2016 ist Janine Halder die amtierende Repräsentantin der Hutmacher-Stadt. Ihre verschiedenen Kopfbedeckungen sind dabei mal sportlich oder klassisch schick, mal üppig garniert oder ganz schlicht.

Waldkönigin: «Das Schönste ist die Resonanz der Leute», sagt Maria Dolge zu ihrem Amt als Sachsen-Anhalts Waldkönigin. Besonders Kinder seien bei ihren Auftritten auf Festen und Veranstaltungen ganz aus dem Häuschen. Auch Erwachsene erzählten ihr oft, was sie mit dem Wald verbinden.

«Jeder hat eine Beziehung zum Wald.» Seit September 2016 soll Dolge die Aktivitäten der Forstwirtschaft bekannter machen - als erste Waldkönigin des Landes. Rund 50 Veranstaltungen hat sie seither absolviert, war auch auf der Grünen Woche. Ihren Titel bekam Dolge ganz unkompliziert: «Ich arbeite in der Forstverwaltung, wurde gefragt und habe ja gesagt.»

Spargelherzogin: Auch königliches Gemüse braucht Regenten. Elin I. herrscht im Kreis Herzogtum Lauenburg im Süden Schleswig-Holsteins. Seit 2016 bekleidet Elin Lippert (20), wie sie mit bürgerlichem Namen heißt, dieses Amt. Ein mit ihren Eltern bekannter Spargelbauer habe sie auf die Idee gebracht, sich zu bewerben, sagt Elin I. «Schon mein Großvater hat im Garten Spargel angebaut.» In der kurzen Spargelsaison von Ende April bis zum 24. Juni bereist sie Spargelfeste und Wochenmärkte in der Region.


Produkthoheiten im Überblick

dpa
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