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10.07.2021 | 02:18 | Zitruspflanzen 

Wenn den Gärtner das Zitrusvirus erwischt

Brieskow-Finkenheerd / Neuzelle - Ralf Mainz ist stolz auf seine «Bizaria». «Die ist ein echtes Pflanzengemisch - aus Zitrone und Orange.

Zitronenbäumchen
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Ralf Mainz ist verrückt nach Zitruspflanzen. Da gibt es bei weitem mehr als Zitronen und Orangen. Angesteckt mit dem «Zitrusvirus» hat er sich durch seine Tätigkeit als Chefgärtner im barocken Klostergarten Neuzelle. (c) proplanta
Die beiden verschiedenen Zelltypen wachsen ineinander», erklärt der Gärtnermeister. In seinem Garten in Brieskow-Finkenheerd (Oder-Spree) hegt und pflegt der 44-Jährige 25 unterschiedliche Sorten - also nur eine Auswahl, wie er sagt. «Bekannt sind mehr als 400 Sorten, lediglich 15 bis 20 davon sind allerdings relevant für den kommerziellen Anbau», weiß Mainz, der Mitglied im Arbeitskreis Orangerien in Deutschland ist.

Bei Orangerien denken viele wohl an herrschaftliche Gewächshäuser oder auch an Klostergärten. Bei Mainz war es tatsächlich der barocke Klostergarten Neuzelle (Oder-Spree), der bei ihm die Zitrusleidenschaft entfachte. Seit 2004 wird der Garten aufwendig wiederhergestellt und seit 2008 gehört er nach Angaben des Kulturministeriums als letzter seiner Art in Brandenburg zu den 53 bedeutendsten Gartenanlagen Deutschlands.

Mainz hatte mit Beginn der Garten-Neugestaltung in Neuzelle gerade seinen Facharbeiter im Garten- und Landschaftsbau gemacht. Seine Lehrfirma war für den ersten Bauabschnitt im Klostergarten verantwortlich. Dazu gehörten die ersten Zitrusbäumchen, die in Kübeln an der Orangerie aufgestellt wurden.

«Um die kümmerst du dich, sagte mein Chef», erinnert sich Mainz, der schnell erfahren musste, dass die Pflege der ursprünglich aus China stammenden Pflanzen nicht so einfach ist. Schon das Gießen sei eine Wissenschaft für sich, deutet er an. «Du musst ein Gespür dafür entwickeln, wie viel Wasser die empfindlichen Bäumchen tatsächlich brauchen. Sie sind wie kleine Kinder, sonnenverwöhnt, und du musst dich um sie intensiv kümmern.»

Das fange bei der Kübelgröße an, setzte sich beim Schnitt fort und höre bei der Schädlingsbekämpfung noch lange nicht auf, erklärt der Fachmann. Damit die Zitruspflanzen blühen und auch Früchte tragen, lernte Mainz, sie zu veredeln.

Er suchte Kontakt zu Zitrusexperten, besuchte Schulungen und irgendwann war der «Zitrusvirus», wie er es beschreibt, auf ihn übergesprungen, so dass Mainz auch im heimischen Garten anfing, besondere Zitruspflanzen zu halten. «Wir richten unsere Urlaube nach den Gärten in Italien, Frankreich oder Griechenland aus, wo es neue, interessante Ziturspflanzen gibt», erzählt Ehefrau Ulrike lachend, die als Industriekauffrau im Stahlwerk Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) arbeitet. Damit die empfindlichen Pflanzen den Winter geschützt hinter Glas überstehen, hat die Familie ihr Grundstück extra dementsprechend umgebaut.

Ralf und Ulrike Mainz, die von wahrer Leidenschaft zu den exotischen Kübelpflanzen sprechen, engagieren sich im ehrenamtlichen Arbeitskreis Gartenkultur Neuzelle, organisieren Führungen und Veranstaltungen. Beliebt bei Besuchern ist der Vortrags-Abend «Der Geschmack der Citrus», zu dem Familie Mainz hauchdünne, getrocknete Zitruschips reicht.

Um alle Sinne anzusprechen, umfasst die kulinarische Reise auch Pralinen oder Marmelade, die sie aus den klostereigenen Bitter-Orangen gemacht haben. Zudem werden Sorten vorgestellt, die es in herkömmlichen Gärtnereien nicht gibt, etwa «Buddhas Hand», deren Früchte von der Form her tatsächlich an Hände erinnern, oder Pflanzen, deren Zitronen die Größe von Medizinbällen haben. Ebenfalls ein Publikumsrenner: «Pomeranzen im Winterschlaf».

Besucher können in der kalten Jahreszeit die Orangerie besichtigen und Fragen zum Überwintern von Kübelpflanzen stellen. «Das Interesse an der Orangerie-Kultur ist tatsächlich sehr groß», bestätigt Helge Klügel, Gartenmeister im mehr als 17 Hektar großen sächsischen Barockgarten Großsedlitz mit allein 340 Kübelpflanzen und jährlich etwa 50.000 Besuchern. Die Faszination bestehe wohl im attraktiven Aussehen der Zitruspflanzen mit dem glänzenden dunkelgrünen Laub, den herrlich duftenden weißen Blüten und den orangefarbenen oder gelben Früchten, glaubt er.

Vor zehn Jahren - Mainz hatte inzwischen seinen Meister gemacht - kürte ihn die Stiftung Stift Neuzelle schließlich zum Chef-Klostergärtner, nicht zuletzt aufgrund seines Einsatzes über die eigentliche Arbeitszeit hinaus. «Er hat alle Schritte der Wiederherstellung des Klostergartens begleitet. Dass er Begeisterung weitergeben kann und den Arbeitskreis Gartenkultur ins Leben gerufen hat, ist ein Glücksfall für uns», sagt Stiftungs-Geschäftsführer Norbert Kannowsky.

Inzwischen wird im fünf Hektar großen Barockgarten am dritten und letzten Bauabschnitt gewerkelt, im Frühjahr 2022 soll es eine große Einweihungsfeier geben. 120 Zitrusbäumchen-Kübel gehören zum festen Inventar im Klostergarten. 17 davon stammen noch von der «Erstausstattung» 2004 - worauf der Klostergärtner besonders stolz ist.
dpa/bb
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