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22.04.2012 | 05:32 | Folge von Zeckenbissen 

Von Zecken übertragene Borreliose bereitet Ärzten Sorge

Schweinfurt - Die Tiere sind winzig klein und doch so gefährlich: Zecken und die von ihnen übertragenen Krankheiten Borreliose und FSME geben Wissenschaftlern auch nach jahrzehntelanger Forschung noch immer Rätsel auf.

Zecke
(c) proplanta
«Es sind in den vergangenen Jahren wesentliche Fortschritte gemacht worden. Die zuverlässige Therapie ist allerdings weiterhin ein großes Problem. Da sind wir noch nicht am Ziel», sagt der Vorsitzende der Deutschen Borreliose-Gesellschaft (DBG), Kurt E. Müller, vor Beginn der Jahrestagung des Verbands im bayerischen Schweinfurt.

«Die Diagnose erfolgt nicht mit ausreichender Sicherheit. Befunde werden oft unterschiedlich interpretiert und es wird nicht selten unterschiedlich eingeschätzt, wann eine behandlungsbedürftige Borreliose vorliegt», berichtet Müller.

Der dreitägige Kongress mit etwa 140 Medizinern aus Deutschland, Europa und Amerika soll sich deshalb unter anderem damit beschäftigen, wie die Borreliose noch zuverlässiger erkannt und behandelt werden kann.

Typisches Symptom der Borreliose ist die sogenannte Wanderröte, ein roter Ring auf der Haut um den Zeckenbiss. Diese Körperreaktion tritt der DBG zufolge jedoch bei einem Drittel der Erkrankten nicht auf.

Weitere Symptome sind Muskel- und Gelenkschmerzen oder auch Fieber und eine Schwellung der Lymphknoten. Sie können innerhalb von vier Wochen nach dem Zeckenbiss auftreten.

Bei der Behandlung setzen Ärzte Antibiotika ein. Wird die Krankheit nicht frühzeitig erkannt, sind Spätfolgen wie Gelenkentzündungen (Arthritis), Herzmuskel- oder Nervenentzündungen möglich.

Müller und seine Kollegen rätseln seit Jahren, warum sie gerade mit dieser Infektionskrankheit solche Schwierigkeiten haben.

Forschungen haben ergeben, dass vor allem die Eigenschaften des Erregers die Behandlung schwer machen. «Er kann seine Struktur verändern und sich zudem in eine Ruheform zurückziehen. Das macht es schwer, ihn zuverlässig zu behandeln», erläutert der Experte.

Hier gebe es neue Ansätze, die auf der Tagung vorgestellt werden sollen. Forscher aus Innsbruck haben etwa eine Methode entwickelt, mit der im Gewebe der Patienten die Borreliose zuverlässiger erkannt werden kann.

Bei der Focus-Floating-Microscopy wird durch eine spezielle Schnitttechnik das Gewebe systematisch spiralförmig mit dem Mikroskop durchsucht. «In den Gewebeschnitten können wir Borrelien leichter finden und die Notwendigkeit der Behandlung zuverlässiger erkennen.»

Ein wichtiger Aspekt für eine bessere Behandlung sei, dass die Leistung des Immunsystems der Patienten genauer unter die Lupe genommen werden müsse. «Wir müssen uns noch mehr mit den personenbezogenen Eigenschaften auseinandersetzen», sagt der DBG-Vorsitzende.

Man könne wesentlich erfolgreicher behandeln, wenn die Verbesserung der Abwehrleistung des Körpers in die Therapie eingebunden werde.

Infektions- und Erkrankungszahlen gibt es für Deutschland nicht. «Da gibt es extrem widersprüchliche Zahlen, weil keine einheitliche Erfassung vorliegt», sagt der Hautarzt. «Es gibt Zahlen, die deuten darauf hin, dass im Jahr rund 0,5 Prozent der Bevölkerung neu an Borreliose erkrankt.»

Das Nationale Referenzzentrum für Borrelien in Erlangen spricht von 60.000 bis 100.000 Neuerkrankungen im Jahr.

Bayern und Baden-Württemberg gelten als Hochrisikogebiete in Deutschland. Im Bundesgebiet ist die Ausbreitung der Borreliose-übertragenden Zecken uneinheitlich. Sie nimmt laut Müller aber überall zu. Die Borreliose wird Experten zufolge noch immer unterschätzt.

In den ostdeutschen Ländern sowie in Rheinland-Pfalz besteht für die Lyme-Borreliose eine Meldepflicht. Auch Bayern will sie demnächst einführen. «Der Klimawandel könnte dazu führen, dass sich die Lebensbedingungen für die Zecken verbessern und die Borreliose in Bayern zunimmt», sagt Bayerns Gesundheitsminister Marcel Huber (CSU).

Für DBG-Chef Müller ist eine Meldepflicht zum derzeitigen Zeitpunkt nur beschränkt verwertbar. «Es wäre besser gewesen, noch zu warten und sich auf eine Vereinheitlichung der Meldekriterien zu einigen. So werden die Zahlen immer wieder infrage gestellt werden.»

Anders als gegen die ebenfalls von Zecken übertragene Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) ist gegen die Infektionskrankheit Borreliose keine Impfung möglich. Aufklärung und die richtige Kleidung - etwa lange Hosen in hohem Gras - gelten deshalb als die wichtigsten Schutzmaßnahmen. (dpa)
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