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04.02.2017 | 07:35 | Forstwirtschaft 
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Frauen erobern Männerdomäne - immer mehr Försterinnen

Niederndorf - Die 120 Jahre alten Tannen wären wohl weg, wenn es Sabine Schleicher nicht geben würde.

Forstwirtschaft - (k)ein Männerberuf?
Förster pflegen nicht nur den Wald, sondern halten mit ihrer Arbeit auch die Holzverarbeiter und Papierfabriken am Laufen. Seit einigen Jahrzehnten drängen mehr Frauen in den Beruf, sie sind aber bis heute im Wald unterrepräsentiert. Das soll sich ändern. (c) proplanta
Sie hat sich mit einer Fellmütze gegen die Kälte gewappnet und stapft mit ihren beiden Münsterländern Erle und Frido durch den Schnee in Ostthüringen. «Als ich hier anfing 1989, sollten sie gefällt werden», erzählt die Försterin. Es sei die letzte Gruppe Weißtannen in dem Gebiet gewesen.

«Ich habe sie damals unter einstweiligen Schutz gestellt, so haben sie die Wende überlebt.» Die 51-Jährige arbeitet im Wald - und ist bis heute eine der wenigen Frauen im Försterberuf.

Die Forstwirtschaft ist ein Milliardenmarkt. Mit ihrer Arbeit pflegen Förster nicht nur den Wald, sondern sie liefern den Rohstoff für etliche Wirtschaftszweige. Auf das Holz warten Sägewerke, Papier- und Zellstofffabriken, aber auch Großhandel und Bauhandwerk.

Seit mehr als 25 Jahren ist Schleicher Försterin im Umland von Gera. Sie betreut rund 1.700 Hektar Wald, der größtenteils in Privatbesitz ist. Dabei muss sie sich in einem Beruf behaupten, der in Deutschland nach wie vor von Männern dominiert wird.

Während in Vorlesungen und Seminaren der Forststudiengänge inzwischen etwa 25 bis 30 Prozent Frauen sitzen, liege ihr Anteil in der Praxis weit darunter, sagt Christiane Lorenz-Laubner. Sie ist zweite Vorsitzende des bundesweit aktiven Vereins «Frauen im Forstbereich». Im Westen ist der Anteil besonders gering: In den alten Bundesländern seien es nach aktuell verfügbaren Zahlen unter zehn Prozent.

Das Bild vom männlichen Förster in grüner Uniform, der mit Hund den Wald durchstreift, hat sich wohl über Generationen eingebrannt. So sehr, vermutet Lorenz-Laubner, dass manche naturinteressierte Frau den Beruf für sich gar nicht in Erwägung ziehe. Dass in den Wäldern über Jahrhunderte Männer das Sagen hatten, lag nicht nur an oftmals konservativ geprägten Waldbesitzern. Auch gab es lange eine enge Verquickung zwischen Militär und Forst, die sich nicht nur in der Dienstkleidung spiegelt, sondern lange Zeit auch bei Einstellungen.

In Ostdeutschland hatten Frauen zu DDR-Zeiten im Forst wohl bessere Berufschancen. Dort ist ihr Anteil bis heute höher. In Thüringen etwa beträgt er laut Landesforstanstalt bei Revierförsterinnen wie auch in gehobenen Funktionen 23 Prozent. In Schleichers Revier sprießen um die Altbäume, die sie früher unter Schutz gestellt hat, längst neue Weißtannen. Auf diese Baumart setzen Förster heute beim Waldumbau, sind sie doch deutlich robuster als Fichten.

Schleicher hat eine Ausbildung zur Waldarbeiterin gemacht und später studiert. «Ich habe mich schon immer für Natur interessiert», erzählt sie. «Wenn man die schwere Waldarbeit am eigenen Leib kennt, macht einem keiner etwas vor», sagt sie. Das habe ihr geholfen, als Försterin akzeptiert zu werden. Auch in der Jägerschaft hat sie sich durchgesetzt - sie ist im Vorstand des Vereins und züchtet Hunde.

«Letztlich sind aber die wenigsten Studentinnen aus meiner Zeit bei der Stange geblieben», erzählt die 51-Jährige. Zwar sei die Arbeit nicht so körperlich anstrengend wie die des Waldarbeiters. Dennoch sei sie bei Wind und Wetter draußen und müsse auch durch unwegsames Gelände und Brombeergestrüpp streifen - etwa um Bäume für den Holzeinschlag zu markieren oder deren Gesundheit zu prüfen. Feste Arbeitszeiten seien nicht immer leicht umzusetzen, das könne eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie erschweren, sagt Schleicher.

55,6 Millionen Kubikmeter Holz wurden laut Statistischem Bundesamt 2015 in deutschen Wäldern geerntet. Der Rohstoff geht zum Beispiel an Sägewerke oder Papierfabriken. Fachleute sprechen vom Wirtschaftscluster Forst und Holz. Laut jüngster Analyse des Thünen-Instituts bringt es dieser Wirtschaftsbereich auf mehr als 177 Milliarden Euro Umsatz im Jahr und etwa eine Million Beschäftigte.

Dass sich deutlich mehr Männer als Frauen für den Försterberuf interessieren, liegt aus Sicht von Erik Findeisen, Studiengangsleiter der Fachrichtung Forstwirtschaft an der Fachhochschule Erfurt, auch daran, dass deren Interesse an Technik oft größer sei. Technik ist vor allem bei der Holzernte wichtig. Dies müsse jungen Frauen schmackhafter gemacht werden, meint er. Ansonsten stünden im Studium die Frauen den Männern in nichts nach - und hätten gerade mit Blick auf den anstehenden Generationswechsel gute Berufsaussichten.

Lorenz-Laubner, die ein Revier im Harz in Niedersachsen betreut, hält ein Umdenken für nötig. In der Außendarstellung des Forsts müsse öfter neben dem Förster auch die Försterin treten. Körperlich sieht sie keine Nachteile: «Der Beruf ist absolut leistbar für eine Frau.» Damit sich ihr Anteil im Wald dem in den Hörsälen angleicht, spricht sie sich für eine Frauenquote aus. Die sollte sich am Frauenanteil der Absolventen der Forststudiengänge orientieren.

Schleicher ist inzwischen an einer mit Kiefern und Lärchen neu aufgeforsteten Fläche angekommen. Hier prüft sie die Schäden durch Wildverbiss an den jungen Bäumen. Dahinter wachsen Walnussbäume, die von einem Zaun vor hungrigen Wildtieren geschützt sind.

«Angesichts des Klimawandels probieren wir auch andere Baumarten», erklärt sie. Und ihre stolzen Weißtannen? «Die sind weiter als Habitatbäume geschützt und werden irgendwann eines natürlichen Todes sterben», erläutert die Fachfrau. So könnten sie durchaus 200 Jahre alt werden.
dpa
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Kommentare 
Förster schrieb am 06.02.2017 16:20 Uhrzustimmen(124) widersprechen(32)
Eine stärkere Frauenquote für Försterinnen halte ich für unnötig. Der Großteil der Berufe im Forstwesen ist öffentlicher Dienst und da wird das unterrepräsentierte Geschlecht (bei Förstern Frauen, bei Erziehern eben Männer) sowieso bevorteilt bei der Bewerbung, leider allerdings ohne Rücksicht darauf, wie hoch der "Frauenanteil der Absolventen der Forststudiengänge" ist. Sind also 30% der Absolventen Frauen und bewerben sich diese in den alten Bundesländern, in denen Frauen stark unterrepräsentiert sind, haben sie deutlich höhere Chancen als Männer mit vergleichbarer Qualifikation. Für die Gleichberechtigung und die Wiederherstellung eines ausgeglichenen Geschlechterverhältnisses mag das gut sein, für einen männlichen Absolventen kann das heuer aber ganz schön frustrierend sein.
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