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19.11.2015 | 10:02 | Waldzustandsbericht 2015 

Hessischer Wald trotz Hitzestress stabil

Wiesbaden - „Der Zustand des hessischen Waldes ist trotz der diesjährigen Witterungsbedingungen stabil geblieben. Das positive Gesamtergebnis wurde insbesondere aufgrund der günstigeren Resultate bei der älteren Buche erreicht.“

Gesunder Wald in Hessen
(c) proplanta
Das sagte Hessens Umweltministerin Priska Hinz bei der Vorstellung des Waldzustandsberichtes 2015 im Forstamt Wiesbaden-Chausseehaus.

Nach den Ergebnissen der diesjährigen Waldzustandserhebung ist die mittlere Kronenverlichtung aller Baumarten und Altersstufen um 2 %-Punkte auf 21 % zurückgegangen. Lediglich die jüngeren Bäume in der Rhein-Main-Ebene und landesweit die jüngeren Eichenbestände zeigen einen merklich ungünstigeren Zustand.

„Erfreulich ist die sehr geringe Absterberate die gerade einmal bei 0,1 % liegt“, erläuterte die Ministerin.

Witterungseinfluss auf den Wald

Das Jahr 2015 zeigte einmal mehr, dass neben den biotischen Einflüssen und Luftschadstoffen das jeweilige Witterungsgeschehen zu den wesentlichen Einflussfaktoren auf den Waldzustand gehört. „Konnten die hessischen Wälder noch mit ausreichenden Wasservorräten im Boden starten, so folgten ein viel zu trockenes Frühjahr und ein extrem heißer Sommer mit Temperaturrekorden. Erste Trockenheitsschäden am Wald und fast 120 Waldbrände waren die Folge“, so Hinz.

Die Vegetationsperiode, die Monate von Mai bis September, war in Bereichen Südhessens extrem trocken und erreichte teilweise nur rund die Hälfte des normalen Niederschlags. Hitzeperioden mit Spitzentemperaturen von knapp 40°C verschärften diese Situation noch. Die diesjährige Trockenperiode stellt auch für Südhessen ein seltenes Ereignis dar und kann zu Recht als Dürreperiode bezeichnet werden.

Inwieweit die außergewöhnlichen Witterungsereignisse in diesem Jahr noch zu langfristigen Beeinträchtigungen und Schäden führen, werden erst die nächsten Jahre zeigen. Im Zeitraum der Datenerhebung, im Juli und August, waren insbesondere in Mittel- und Nordhessen viele Böden noch bzw. wieder ausreichend mit Wasser versorgt. Die Auswirkungen des Trockenjahres 2003 und der Sturmereignisse zu Beginn der 1990er Jahre waren über mehrere Folgejahre festzustellen. Die weitere Entwicklung wird daher aufmerksam verfolgt.

Kronenzustand der Bäume

Das Gesamtergebnis in 2015 wird maßgeblich durch die gute Entwicklung der in Hessen häufigsten Baumart, der Buche, sowie einem stabilen Zustand bei älteren Eichen, Kiefern und Fichten beeinflusst. „Nach einem sehr hohen Blattverlust älterer Buchen in 2014 (35%) hat sich der Kronenzustand in 2015 um sechs Prozent-Punkte auf 29% verbessert. Nachdem im letzten Jahr 80% der älteren Buchen mittel bzw. stark fruktifizierten, blieb eine Fruchtbildung in 2015 nahezu aus“, verdeutlichte die Ministerin. Die Blüte und die anschließende Fruchtbildung stellen eine erhebliche Belastung für den Stoffhaushalt dar.

Die Kronenverlichtung bei den jüngeren Bäumen hat tendenziell leicht um einen Prozentpunkt auf sieben Prozent zugenommen, insbesondere bei den jüngeren Eichen ist sie allerdings deutlich angestiegen (2014: 9%; 2015: 16 %). Hier waren durch die extreme Witterung in 2015 auch Trockenheitsschäden vermehrt zu beobachten.

Waldzustand im Rhein-Main-Gebiet

Angespannter bleibt die Situation der Wälder in der Rhein-Main-Ebene, insbesondere bei den älteren Eichen und den jüngeren Bäumen. So beträgt die mittlere Kronenverlichtung der jüngeren Bäume (alle Baumarten) in diesem Jahr 17% und liegt damit um zehn Prozent-Punkte über dem Landesdurchschnitt. In der Rhein-Main-Ebene wird sich der Trockenstress für die Wälder mit ungünstigem Grundwasseranschluss aufgrund der Klimaänderungen weiter erhöhen.

„Die Hessische Landesregierung ist sich ihrer besonderen Verantwortung für diese Region bewusst und wird für die Sanierung der Wälder im Hessischen Ried ein spezielles Programm auflegen“, so Hinz. Für Waldsanierungs- und Waldumbaumaßnahmen werden in den nächsten vier Jahren erhebliche personelle und finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt.

Waldböden und Bodenschutzkalkung

Trotz aller Bemühungen und Erfolge zur Reduktion der Säureeinträge in den letzten Jahrzehnten hat sich der Zustand der Waldböden bislang nur teilweise verbessert. Die Erholung der Böden wird unter anderem durch die Freisetzung von im Boden zwischengespeichertem Schwefel und einem weiterhin hohen Eintrag an Stickstoff verzögert. Nach den Ergebnissen der Bodenzustandserhebung hat sich die Kalkung als wirksam zum Schutz des Waldbodens erwiesen und soll zielgerichtet fortgeführt werden.

Bis zu einer Revitalisierung und Stabilisierung der Waldböden, bleiben Bodenschutzkalkungen in begrenztem Umfang weiterhin nötig. Der Waldumbau ist auf naturnähre und klimastabilere Wälder ausgerichtet und bleibt auch in Zukunft Bestandteil der forstlichen Förderung für kommunale und private Waldbesitzer. Im Jahr 2015 wurden in allen Waldbesitzarten rund 7.200 Hektar Wald gekalkt. „Langfristig möchten wir aber erreichen, dass bei einer naturnahen Waldbewirtschaftung möglichst auf die Kalkung verzichtet wird“, machte die Umweltministerin deutlich.

Wie funktioniert die Waldzustandserhebung?

Bundesweit einheitlich erfolgt die Waldzustandserhebung im Sommer. Sie findet auf einem für die hessischen Wälder repräsentativen 8 x 8 km-Dauerbeobachtungsnetz mit 139 Flächen statt. Dabei werden die Kronenverlichtung der Bäume, die Fruktifikation, Kleinblättrigkeit sowie Insekten- und Pilzschäden von geschulten Teams erfasst. Seit 1994 erfolgt in der besonders betroffenen Rhein-Main-Ebene zusätzlich eine Vollerhebung auf einem 4 x 4 km-Rasternetz. Die Daten von insgesamt rund 4.000 Bäumen ermöglichen Aussagen zum aktuellen Zustand des Gesamtwaldes sowie zu den hessischen Hauptbaumarten Buche, Eiche, Fichte und Kiefer.

„Gerade in Zukunft besteht eine vermehrte gesellschaftspolitische, betriebliche und wissenschaftliche Nachfrage nach belastbaren Informationen zu europäischen Waldökosystemen auch im Zusammenhang mit der Klimadiskussion“, sagte die Ministerin. Die Landesregierung hält daher die jährliche Erfassung des Waldzustandes, die Erhebungen auf den intensiveren Monitoringflächen und Forschungen zu für Hessen besonders bedeutsamen Fragestellungen, wie beispielsweise dem „Trockenstressrisiko der Buche in Hessen“, für unverzichtbar.

Aus den vielfältigen positiven Wirkungen der Wälder auf unsere Umwelt und für unsere Gesellschaft resultiert eine besondere Verantwortung zu ihrem Erhalt und zur schonenden, nachhaltigen und ökologisch sensiblen Nutzung. Die Entwicklung der Wälder Hessens in den zurückliegenden Jahren hin zu mehr Vielfalt und Naturnähe - mit inzwischen rund 60 % Laubwaldanteil - zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. „Durch die voranschreitende FSC-Zertifizierung des Hessischen Staatswaldes sollen diese Wälder zukünftig noch stabiler und artenreicher werden. Im Laufe des 1. Quartals 2016 werden bereits mehr als die Hälfte der Forstämter zusätzlich nach FSC zertifiziert sein“, so die Ministerin abschließend.

Weitere Ergebnisse im Detail:

- Die Buche ist mit rund 31 Prozent Baumartenanteil die wichtigste Baumart in Hessens Wäldern. Sie beeinflusst somit das Gesamtergebnis zum Zustand der hessischen Wälder erheblich.

- Die Kronenverlichtung der älteren Eichen hat sich leicht um 2 %-Punkte auf 20 % verschlechtert, einem jedoch nach wie vor niedrigen Wert. Das dürfte wesentlich durch die anhaltend geringen Fraßschäden durch die Raupen der Eichenfraßgesellschaft (Frostspanner, Eichenwickler u.a.) beeinflusst worden sein.

- Die mittlere Kronenverlichtung der älteren Fichten (26 %) und Kiefern (21 %) ist unverändert. Stärkere Insektenschäden waren bei beiden Baumarten bislang nicht festzustellen. Bemerkenswert bei der älteren Kiefer ist die anhaltend stabile Entwicklung seit Mitte der 1990er Jahre.

- Durch Maßnahmen wie Rauchgasentschwefelung bei Großfeuerungsanlagen oder die Einführung von schwefelarmen Kraftstoffen nahmen die Sulfateinträge in die Wälder deutlich ab (bis zu 90 % gegenüber Mitte der 80erJahre). Trotz eines Rückgangs überschreiten allerdings die Stickstoffeinträge regional nach wie vor den Bedarf der Bestände für ihr Wachstum teilweise erheblich.

- Die jährliche Absterberate (alle Bäume, alle Alter) ist gegenüber dem  Vorjahr von 0,2% auf 0,1% zurückgegangen. Sie liegt damit auf einem sehr niedrigen Niveau. Im Beobachtungszeitraum (1984-2014) zeigen sich erhöhte Absterberaten jeweils nach Sturmwürfen sowie nach Trockenjahren. Die durchschnittliche Absterberate liegt für den gesamten Beobachtungszeitraum bei nur 0,3%.

- Bei der Bodenschutzkalkung wird das Waldökosystem durch die geringe Menge (drei Tonnen Kalk je Hektar) und den Ausbringungszeitraum (September bis März) nur wenig gestört. Besonders sensible Waldbereiche, wie Aue- und Schluchtwälder sowie trockene Standorte und Naturschutzgebiete, werden zudem grundsätzlich ausgespart.

Unter folgendem Link steht der Waldzustandsbericht 2015 zum Herunterladen bereit: https://umweltministerium.hessen.de/umwelt-natur/wald/waldzustand
umwelt-hessen
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