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19.04.2022 | 13:10 | Illegale Jagd 

Jagdwilderei: Sinkende Fallzahlen in Rheinland-Pfalz?

Mainz/Gensingen - Ein Hund, der ein Reh hetzt, oder der tote Hase, der nach einem Wildunfall einfach in den Kofferraum gepackt und mitgenommen wird: Unter Wilderei fällt nicht nur die illegale Jagd mit Schusswaffen auf einen Hirsch in einem fremden Revier.

Jagdwilderei
Dutzende Fälle von Wilderei werden in Rheinland-Pfalz jedes Jahr bekannt. Wie viele Delikte unentdeckt bleiben, ist unbekannt. Auch Hundehalter und Autofahrer sind zuweilen unter den Wilderern. (c) proplanta
Die Zahl der festgestellten Fälle von Jagdwilderei liegt in Rheinland-Pfalz bei einigen Dutzend pro Jahr, die Tendenz ist rückläufig. Doch die Dunkelziffer ist unklar, sprich: Wie viele Fälle werden überhaupt aufgedeckt?

Zuletzt hat das Thema durch die Polizistenmorde nahe Kusel in der Pfalz Schlagzeilen gemacht. Ende Januar hatten zwei Beamte nachts zwei mutmaßliche Wilderer kontrolliert, ein 38-Jähriger soll sie daraufhin erschossen haben, gegen ihn laufen Ermittlungen wegen Mordes. Ein besonders krasser Fall mit tödlichen Folgen.

Wilderei in Rheinland-Pfalz war bis dahin nicht als besonderes Phänomen von Kriminalität aufgefallen. In den Jahren zuvor hat die Polizei immer weniger Delikte erfasst. Waren es im Jahr 2017 noch 112 Fälle, sank diese Zahl in den Folgejahren kontinuierlich bis auf 80 im Jahr 2021. Das geht aus einer Antwort des rheinland-pfälzischen Innenministers Roger Lewentz (SPD) auf eine parlamentarische Anfrage der AfD-Landtagsfraktion hervor.

Welcher Schaden dabei für Jagdpächter entstanden ist, ob Menschen dadurch verletzt wurden - darauf lässt die polizeiliche Kriminalstatistik keine Rückschlüsse zu. Die AfD-Fraktion sieht daher dringenden Handlungsbedarf und fordert, mehr Details zu den Taten in der Kriminalstatistik zu erfassen, um daraus Präventionsmaßnahmen abzuleiten. Dazu zähle etwa, ob die verwendeten Schusswaffen legal oder illegal waren, die Tatzeitpunkte oder der entstandene Schaden.

Ermittelt wurde laut Innenministerium im Jahr 2021 gegen 22 Verdächtige, fünf Jahre zuvor hatte diese Zahl bei 42 und damit fast doppelt so hoch gelegen. Viele Fälle von Jagdwilderei blieben unentdeckt, mutmaßt auch Ron Lux vom rheinland-pfälzischen Landesjagdverband. «Es gibt Reviere, da lässt sich das nicht wirklich feststellen.» Da spiele etwa die schiere Größe der Fläche etwa in einem Waldgebiet eine Rolle. Zudem müsse der Wilderer quasi auf frischer Tat erwischt werden, damit eine Strafverfolgung möglich werde.

Die Spannbreite von Jagdwilderei ist groß. Sie reicht vom Hund, der Wild nachstellt und es womöglich reißt, über die Jagd in einem fremden Revier bis zum Wildunfall, bei dem einfach das angefahrene, tote Tier eingepackt wird. Die Strafen reichen von Bußgeldern bis zu fünf Jahren Haft in besonders schweren Fällen.

Dem Gesetzestext nach reicht es theoretisch sogar aus, ein im Wald gefundenes Hirschgeweih ohne Erlaubnis des Jagdpächters mit nach Hause zu nehmen, um sich der Wilderei schuldig zu machen. «Mir ist kein Fall bekannt, wo es irgendwie verfolgt wurde», sagte Ron Lux vom Landesjagdverband. Er rät dazu, den Jagdpächter einfach anzusprechen, wer unbedingt ein Stück Geweih wolle. Dabei gehe es auch darum, dass die Suche im Wald Wild aufscheuchen könne.

Ein großes Problem sehen die Jäger aber vor allem in freilaufenden Hunden im Wald, die den Tieren wegen ihres Beutetriebs nachjagten. «Im Hund steckt immer noch ein bisschen Wolf drin», erläuterte Lux. Er selbst habe in seinem eigenen Jagdrevier im vergangenen Jahr sieben Rehkitze gefunden, die von einem Hund gerissen worden seien.

In vier der Fälle habe das Tier zwar noch gelebt, sei aber so schwer verletzt gewesen, dass er es habe töten müssen. Sehe er Hundehalter, die ihre Vierbeiner freilaufen ließen, zeige er ihnen Fotos davon, um aufzuklären.

Bei der illegalen Jagd mit Waffen auf Wildtiere in einem fremden Revier gehe es zum einen um das Wildfleisch, erläuterte Lux. Zum anderen um die Trophäenjagd, bei dem die Wilderer nur den Kopf des erlegten Tieres mitnähmen und den übrigen Kadaver zurückließen. Aus Rheinland-Pfalz wisse er aber von keinem einzigen solchen Fall, sagte Lux.

Wegen der schrecklichen Geschehnisse in Kusel liefen derzeit Gespräche zwischen Landesjagdverband und dem rheinland-pfälzischen Innenministerium für eine Art Handreichung für Jäger, wie sie sich im Falle einer nächtlichen Verkehrskontrolle durch die Polizei verhalten sollten. Dabei gehe es etwa darum, dass sich die Jäger schnell als solche zu erkennen geben sollten, um von vornherein Missverständnisse mit der Polizei auszuschließen, sagte Lux.
dpa/lrs
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