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04.10.2022 | 15:52

Vater der Paläogenetik - Leipziger Forscher erhält Medizin-Nobelpreis

Paläogenetik
Was macht den modernen Menschen so einzigartig? Was unterscheidet ihn von seinen ausgestorbenen Verwandten? Solchen Fragen zur menschlichen Evolution widmet sich Svante Pääbo seit vielen Jahren. Seine großen Erfolge werden nun mit dem Preis der Preise für Forschende gekrönt. (c) Remar - fotolia.com

Svante Pääbo: Spurensucher und Begründer eines Forschungsfeldes



Er ist der Sohn eines Nobelpreisträgers, bezeichnet aber seine Mutter als größten Einfluss: Der seit 1997 in Leipzig forschende Schwede Svante Pääbo hat den Medizin-Nobelpreis zugesprochen bekommen.


Mumien, Skelette von Neandertalern oder auch versteinerter Kot eines ausgestorbenen Faultiers: Spuren aus der weit zurückliegenden Vergangenheit, insbesondere von ausgestorbenen Menschenformen, stehen im Zentrum der Arbeit des Genetikers Svante Pääbo. Entsprechend sieht man ihn auf Fotos zu seiner Forschung häufig mit alten Schädeln posieren.

Künftig dürfte Pääbo auf Porträts wohl ab und an auch mit einem anderen wichtigen Gegenstand zu sehen sein: der Nobelpreis-Medaille. Denn der Schwede hat am Montag diese Auszeichnung für Medizin zugesprochen bekommen - 40 Jahre nach seinem Vater, dem Biochemiker Sune Bergström.

Svante Pääbo ist seit Jahrzehnten in Deutschland tätig und spricht fließend Deutsch: Von 1990 an hatte er an der Universität München geforscht, seit 1997 arbeitet er am neu gegründeten Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig.

Die frohe Botschaft aus Schweden erreichte den zweifachen Vater am Tag der Deutschen Einheit zu Hause, kurz bevor er seine Tochter bei der Nanny abholen wollte. Nach der Nachricht habe er schließlich alkoholfrei mit seiner Frau, den Kindern und Nachbarn angestoßen, sagte der Forscher der dpa in Leipzig.

Die Faszination für vergangene Zeiten begann bei dem 1955 geborenen Forscher bereits in der Jugend: Damals habe ihn seine Mutter - die er am Montag als seinen größten Einfluss bezeichnete - auf eine Ägyptenreise mitgenommen, erzählte er vor Jahren in einem Interview.

Folgerichtig begann er 1975 an der Universität Uppsala in Schweden zunächst unter anderem ein Ägyptologie-Studium, realisierte dann aber, dass seine Vorstellung davon «viel zu romantisch» gewesen sei: «Es war viel, viel langweiliger, als ich dachte.» Um Ausgrabungen etwa sei es gar nicht gegangen. Pääbo wechselte zum Fach Medizin. Erkenntnisse aus dem Feld der Genetik verband er mit seinem Wissen um Bestände in ägyptologischen Museen.

Neben seiner eigentlichen Forschungsarbeit habe er in seiner Zeit als Doktorand nachts oder am Wochenende Versuche zu den Fragen gemacht, die ihn umtrieben - heimlich, aus Angst vor dem Doktorvater, wie er einst berichtete. Noch als Doktorand wies er nach, dass das Erbmolekül DNA in altägyptischen Mumien überdauern kann. Die Herausforderung in dem Feld: Es handelt sich um geringste DNA-Mengen, die nach all der Zeit nur noch bruchstückhaft vorliegen. Auch Verunreinigungen von Proben waren ein großes Problem.

Es gebe in einem Forscherleben viel mehr Momente, in denen man Frust miteinander teile, sagte Pääbo einmal im «Deutschlandfunk». Anders 1996, damals seien bei den ersten Erbgutsequenzen der Neandertaler die größten Emotionen gekommen: «Und da haben wir sofort erkannt: Das waren menschenähnliche, aber nicht identisch mit den jetzt lebenden Menschen. Das war schon ein großes Gefühl.» Auch für Dienstag hat Pääbo Feierlichkeiten am Institut angekündigt - erst einmal müsse er aber Sekt einkaufen gehen.

Pääbo gilt als Begründer der Disziplin Paläogenetik. Für Johannes Krause, ebenfalls Professor am Leipziger Institut, ist es völlig verdient, dass der Nobelpreis nur an Pääbo geht: Niemand sonst habe sich in dem Feld in vergleichbarer Weise hervorgetan. Krause beschrieb den Schweden als sehr offen und nahbar: Er spreche mit allen auf Augenhöhe, werde aber auch sehr respektiert, weil er sehr auf Details achte und Schwachstellen finde. Krause würdigte die Beständigkeit der Arbeit des Kollegen.

Pääbo hat in seiner Karriere zahlreiche weitere Preise gewonnen, etwa den Breakthrough Prize in Life Science, den Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft und den Japan-Preis. Apropos Japan: Pääbo möge das Land, erklärte der Anthropologe Jean-Jacques Hublin. Dort verbringe der künftige Nobelpreisträger, wann immer es möglich sei, Zeit beim Meditieren in einem kleinen Tempel. Auch eine Arbeitsgruppe hat Pääbo in Japan - er pendele, sagte Krause.

Ein weiterer Rückzugsort ist Krause zufolge ein kleiner Bauernhof in
Südschweden, dort gehe Pääbo mit seinen Kindern angeln oder wandern. Am Leipziger Institut seien die Hierarchien flach, die Türen offen - es gebe auf Initiative Pääbos eine Kletterwand und eine Sauna, außerdem Tischtennis und -kicker. Menschen seien rund um die Uhr im Haus. Diesen Spirit habe der Professor vielleicht von einer früheren Station in Kalifornien mitgebracht.
dpa
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