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25.06.2016 | 15:15 | Berberaffen 

Affenberg Salem - Forschung und Freizeit seit 40 Jahren

Salem - Neugierig beäugt das schwarze Affenbaby seine Umgebung, kuschelt sich ins Fell seiner Mutter, wagt erste Kletterversuche: Es ist eines der acht Jungtiere, die am Affenberg in Salem (Baden-Württemberg) dieses Frühjahr geboren wurden.

Affenberg Salem
In Salem rasen die Affen durch den Wald. Aber anders als in dem schwungvollen Kinderlied macht hier keiner den anderen «kalt»: Auf 20 Hektar leben hier mehr als 200 Berberaffen in stabilen Gruppen. (c) proplanta
Mehr als 200 Berberaffen leben hier in fast freier Wildbahn und lassen sich ohne Glas oder Gitter aus nächster Nähe beobachten und füttern. Das missfällt Tierschützern und lockt Besucher: Mit rund 350.000 Touristen im Jahr gehört das Freigehege zu den beliebtesten Ausflugszielen am Bodensee.

Wissenschaftler loben die Forschungsbedingungen am Affenberg, der vor 40 Jahren von einem französischen Baron auf Pachtland des Schlosses Salem angelegt wurde. «Hier haben die Wissenschaftler die Möglichkeit, Fragen zu beantworten, an die sie in freier Wildbahn gar nicht herankommen», sagt Affenforscher und Parkleiter Roland Hilgartner.

Vor allem Verhaltensbiologen schätzen die Voraussetzungen in Salem, wie die Primatologin Julia Fischer vom Deutschen Primatenzentrum in Göttingen erklärt: «Sie bieten Zugang zu einer großen Anzahl von Tieren, die in intakten Gruppen leben, aber dennoch völlig an Menschen gewöhnt sind.» Weil man jedes Individuum und seine verwandtschaftlichen Verhältnisse genau kennt, lässt sich das soziale Verhalten innerhalb der Gruppenhierarchie untersuchen.

Deshalb kommen Forscher aus ganz Deutschland in das Freigehege mit Fischweiher, Damwildanlage und Storchenstation. Master-Studenten der Universität Göttingen etwa betreiben jedes Jahr kleinere Affenstudien in Salem: «Sie erleben die Geburtssaison im Juni, beobachten die Kindheitsentwicklung oder unterschiedliche Mütterstile», sagt die Göttinger Verhaltensökologin Julia Ostner.

Gegründet wurde der Park vom elsässischen Baron Gilbert de Turckheim, der die Primatenart mit dem lateinischen Namen Macaca sylvanus naturnah in Europa zeigen wollte. Seinen ersten Affenpark, La Montagne des Singes, eröffnete er 1969 im elsässischen Kintzheim, den zweiten 1974 in Rocamadour in Südfrankreich. 1976 kam der Affenberg in Salem als drittes Freigehege hinzu, 2005 ein Park im englischen Trentham - alle mit dem gleichen Konzept. Sein Sohn Guillaume ist heute Geschäftsführer aller vier Affenparks.

Die Tierschutzorganisation PETA sieht solche Einrichtungen kritisch. Dass die Tiere am Affenberg von Besuchern mit Popcorn gefüttert und so an den Menschen gewöhnt werden, animiere sie zum Betteln, sagt die PETA-Fachreferentin für Wildtiere, Vanessa Reithinger. «Wir betrachten es mit Sorge, dass vor allem Kinder dort einen völlig falschen Umgang mit Wildtieren beigebracht bekommen.»

Der Park sieht sich hingegen als Arche Noah für die bedrohten Wildtiere: «Am Affenberg und in seinen Partnerparks lebt der weltweit wichtigste Reservebestand von auswilderungsfähigen Berberaffen. Das ist angesichts der stark gefährdeten Populationen in ihren Ursprungsländern Algerien und Marokko wichtiger denn je», betont Hilgartner. Zusammen mit den französischen Partnerparks konnten die Salemer Mitte der 1980er Jahre 600 Tiere nach Marokko auswildern.

«Leider sind solche Auswilderungsaktionen aktuell nicht möglich», sagt Hilgartner, «weil es an geeigneten Gebieten fehlt und die Tiere dort Gefahr laufen, dem illegalen Handel mit Affenbabys zum Opfer zu fallen». Reithinger von PETA beurteilt solche Projekte skeptisch. «Artenschutz sollte lieber in den jeweiligen Heimatländern betrieben werden, um die Bedingungen wieder herzustellen, damit die Tiere vor Ort überleben können», sagt die Tierschützerin.

Ein solches Artenschutzprojekt war die 1978 gegründete Storchenstation: «Die Salemer Storchenstation wurde zu einer Zeit eingerichtet, als es in ganz Baden-Württemberg nur noch wenige Brutpaare gab. Über viele Jahre waren die Affenberger Störche die einzige Kolonie in Südbaden und Oberschwaben», erzählt Wolfgang Fiedler, Vogelkundler am Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell. Heute ziehen rund um den Affenberg 100 Brutpaare ihren Nachwuchs auf, der in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut beringt und wissenschaftlich begleitet wird.

«Der Affenberg hat dafür gesorgt, dass es wieder Störche in der Landschaft gibt», sagt Fiedler. Wegen des schlechten Wetters überlebte in diesem Frühjahr jedoch nur etwa die Hälfte der Jungstörche die ersten Monate - trotz Zufütterung am Affenberg.
dpa
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