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06.12.2013 | 11:13 | Energieforschung 

Biokraftstoffe nicht für Hunger verantwortlich

Berlin - Biodiesel und Bioethanol haben einen sehr viel geringeren Einfluss auf die Preise an den Agrarmärkten als vielfach angenommen.

Biokraftstoffe
(c) proplanta
Selbst wenn durch Biokraftstoffe die Weltagrarpreise steigen sollten, bedeutet dies nicht, dass Nahrungsmittel auf den lokalen Märkten in Entwicklungsländern ebenfalls teurer werden.

Nur 18 Prozent des Weltmarktgeschehens wird auf die Binnenmärkte von armen Ländern übertragen. Die Preise dort werden gebildet durch staatliche Eingriffe in die Märkte, hohe Transportkosten, schlechte Infrastruktur und mangelnde Marktanbindung. Folglich sind Biokraftstoffe nicht ursächlich dafür, dass weltweit Menschen hungern. Dies sind die wichtigsten Ergebnisse einer Studie, die Prof. Dr. Michael Schmitz von der Universität Gießen heute in Berlin vorgestellt hat.

In einer Studie des englischen Overseas Development Institute (ODI), die heute ebenfalls präsentiert wurde, hatten sich die Autoren mit dem großflächigen Erwerb von Land, dem so genannten „Landgrabbing“, beschäftigt. Nach Angaben von Anna Locke, einer Autorin der Studie, müssen die hierzu veröffentlichten Zahlen mit Bedacht verwendet werden, da die für Biokraftstoffe verwendeten Flächen übertrieben hoch angegeben werden.

Auf den Flächen, die offiziell für die Biokraftstoffproduktion erworben wurden, werden den Untersuchungen zufolge bisher nur zu zwei bis drei Prozent Rohstoffe für Biodiesel oder Bioethanol angebaut. Aufgrund dieses geringen Ausmaßes ist die Behauptung nicht haltbar, dass derzeit durch die  Biokraftstoffproduktion in Entwicklungsländern die Nahrungsmittelsicherheit gefährdet wird. „Landgrabbing“ für Biokraftstoffe scheint in einem weitaus geringeren Maße stattzufinden, als gemeinhin angenommen wird.

„Wir fordern, dass sich die Kritiker von Biokraftstoffen wie Oxfam, Misereor und Campact mit diesen Studien auseinandersetzen. Es ist ärgerlich, wenn ständig versucht wird, die ganze Biokraftstoffbranche durch sachlich weitgehend unbegründete Behauptungen politisch ins Abseits zu stellen“, sagte Stephan Arens, Geschäftsführer der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (Ufop).

Schmitz erläuterte, die Gründe für Hunger seien korrupte Regierungen, Armut, mangelnde Investitionen in die Landwirtschaft, Wetterextreme, Kriege und Bürgerkriege. Diese Faktoren seien schwer änderbar. Auf eine Mehrnachfrage nach Agrargütern aufgrund der Biokraftstoffproduktion könnten sich die Marktteilnehmer dagegen mittel- und langfristig einstellen, indem sie ihre Produktion ausweiten.

„Den Hunger zu bekämpfen heißt, auskömmliche Landwirtschaft in den Ländern des globalen Südens zu ermöglichen. Wer allen Ernstes Biokraftstoffe zum Sündenbock für Hunger macht, ist ein mutwilliger Heuchler. Gerade kirchlichen Organisationen steht dies denkbar schlecht zu Gesicht“, sagte Elmar Baumann, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB).

Obwohl die Autoren der Studie des ODI nur fünf ausgesuchte Länder in Afrika und Asien untersucht haben, gehen sie davon aus, dass die Ergebnisse auch die Situation in anderen Ländern widerspiegeln. „Für eine Entwarnung ist es allerdings zu früh, denn die vorliegende Datengrundlage muss dringend verbessert werden. Zudem gibt es noch immer eine ganze Reihe von Projekten, bei denen nicht geklärt ist, ob sie noch durchgeführt werden oder wie die Auswirkungen auf die lokale Bevölkerung sein werden. Hier sollten noch weitere Untersuchungen angestellt werden“, sagte Locke.

Derzeit importieren europäische Biokraftstoffproduzenten allerdings praktisch keine Rohstoffe aus Afrika – die Endprodukte Biodiesel oder Bioethanol kommen ebenso wenig dorther. „Die deutsche Biokraftstoffindustrie lehnt Landgrabbing ab. Unrechtmäßige Landnahme ist nicht zu akzeptieren und muss verhindert werden“, sagte Baumann. „Sollte die EU-Kommission feststellen, dass Landgrabbing eine Problem ist, werden wir sie auffordern, durch geeignete Maßnahmen diese Art der Landnahme für Biokraftstoffe zu verhindern“, ergänzte Arens.

Als "Landgrabbing" oder Landraub werden Geschäfte bezeichnet, bei denen vor allem in Entwicklungs- oder Schwellenländern großflächig Land verkauft oder verpachtet wird, um darauf Agrarerzeugnisse zu produzieren, die für den Export bestimmt sind. Dies ist insbesondere dann problematisch, wenn bestehende Landrechte nicht berücksichtigt werden – auch traditionelle und solche, die nicht verbrieft sind. (vdb)
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