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08.02.2014 | 13:15 | Kaffeeanbau 

Biologische Vielfalt bringt bessere Kaffee-Ernte

Frankfurt / Würzburg - Bienen, Vögel und Fledermäuse tragen deutlich dazu bei, dass die Kaffeebauern rund um den Kilimandscharo höhere Erträge erzielen – ein Beispiel dafür, wie sich Biodiversität buchstäblich auszahlen kann.

Kaffeeanbau
(c) eltfoto - fotolia.com
Tropenökologen der Universität Würzburg veröffentlichten jetzt, in enger Kooperation mit Wissenschaftlern des LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrums (BiK-F, Frankfurt/Main) und des Instituts für experimentelle Ökologie der Universität Ulm, eine aktuelle Studie zu diesem Thema in den Proceedings of the Royal Society B.

Am Kilimandscharo, dem fast 6000 Meter hohen Bergmassiv im Osten Afrikas, wird viel Kaffee angebaut. Die traditionellste Anbauform findet man in den Gärten des Chagga-Volkes: Dort gedeihen die sonnenscheuen Kaffeesträucher und viele andere Nutzpflanzen im Schatten von Bäumen und Bananenstauden.

Ein Großteil des Kaffees wächst aber auf Plantagen. Zwar stehen auch dort noch viele Schattenbäume, doch die werden immer häufiger abgeholzt. Der Grund dafür: „Die herkömmlichen Kaffeesorten, die auf Schatten angewiesen sind, werden zunehmend gegen Sorten ausgetauscht, die viel Sonne vertragen und resistenter gegen Pilze sind“, erklärt Professor Ingolf Steffan-Dewenter, Tropenökologe vom Biozentrum der Universität Würzburg.

Von dieser Intensivierung des Anbaus verspreche man sich höhere Erträge. Allerdings sei es möglich, dass die Ernte auf den Plantagen am Ende doch nicht besser ausfällt: Eben weil es dort kaum noch Schattenbäume gibt, könne der Lebensraum für Tiere knapp werden, die den Kaffee bestäuben, Schädlinge fressen und dadurch mithelfen, den Ertrag zu verbessern.

Teamwork an den Hängen des Kilimandjaro



Steffan-Dewenter und seine Doktorandin Alice Claßen wollten darum wissen, welchen Beitrag Bienen, Vögel, Fledermäuse und andere Tiere zur Bestäubung und zur biologischen Schädlingskontrolle auf den Kaffeefeldern leisten. Und sie wollten herausfinden, ob eine intensivierte Landwirtschaft Einfluss auf diese kostenlosen Dienstleistungen des Ökosystems hat. Dabei kooperierten sie eng mit Teams des LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrums (BiK-F, Frankfurt/Main) und des Instituts für experimentelle Ökologie der Universität Ulm.

Die Tropenexperten waren an den Hängen des Kilimandscharo in Tansania auf zwölf Flächen in allen drei Anbausystemen (Chagga-Gärten, Schattenplantagen, Sonnenplantagen) unterwegs. Mit Netzen verwehrten sie Tieren den Zugang zu den Kaffeeblüten oder gleich zu ganzen Sträuchern. Dann prüften sie unter anderem, wie sich die An- oder Abwesenheit der „tierischen Dienstleister“ auf Menge und Qualität der Ernte auswirkt.

Was Tiere im Kaffeeanbau leisten



Ergebnis: Hatten Vögel und Fledermäuse Zugang zu den Pflanzen, brachte das einen fast zehn Prozent höheren Fruchtansatz. „Das liegt unserer Einschätzung nach daran, dass die Tiere Schädlinge vertilgen, die sonst an den Kaffeepflanzen fressen würden“, sagt Julia Schmack vom BiK-F aus Frankfurt. Dieser verminderte Blattfraß führe wahrscheinlich dazu, dass weniger Kaffeefrüchte noch vor der Reife vom Strauch abfallen. Interessant war auch der Blick auf die Bestäubung.

Bienen und andere Insekten sollten dafür eigentlich überflüssig sein, denn die untersuchte Kaffee-Art Coffea arabica kann sich auch selbst bestäuben. Trotzdem zeigte sich: Wenn Bestäuber Zugang zu den Kaffeeblüten haben, werden die Früchte um etwa sieben Prozent schwerer, was gleichbedeutend ist mit einer höheren Qualität des Kaffees.

„Die Effekte der Bestäubung und der Schädlingskontrolle ergänzen sich also perfekt, beide sind wichtig für höhere Erträge“, sagt Steffan-Dewenter: Vögel und Fledermäuse sorgen für mehr Früchte, Bienen und andere Bestäuber für eine bessere Qualität.

Effekt in allen Anbausystemen gleich



Zur Überraschung der Forscher hat eine landwirtschaftliche Intensivierung keinen negativen Effekt: Die Leistungen der Tiere wirkten sich in allen drei Anbausystemen vergleichbar gut auf die Ernte aus, selbst in den Sonnenplantagen.

„Wir führen das auf die mosaikartige Landschaftsstruktur am Kilimandscharo mit Gärten, Wäldern und Grasländern zurück“, sagt Doktorandin Claßen: Durch die oft kleinteilige Gliederung der Landschaft könnten Bestäuber, Vögel und Fledermäuse noch ausreichend Nistmöglichkeiten und Lebensraum finden und von dort in die Plantagen ausschwärmen.

Unsichere Basis in Sonnenplantagen



„Diese scheinbar stabilen Ökosystemdienstleistungen haben in den Sonnenplantagen aber vermutlich eine unsichere Basis“, meinen die Würzburger Wissenschaftler. Denn dort haben sie fast nur eine einzige Art von Blütenbesuchern registriert: Honigbienen.

An den Kaffeeblüten in den Chagga-Gärten sichteten sie dagegen auch Wildbienen, Schwebfliegen und Schmetterlinge. Sollte also der Bestand an Honigbienen einmal schrumpfen, etwa in einem für die Insekten klimatisch ungünstigen Jahr, könnte das die Ernte in den Sonnenplantagen schmälern.

Ergebnisse einer DFG-Forschergruppe



Publiziert wurden diese Ergebnisse im Fachblatt „Proceedings of the Royal Society B“. Sie stammen aus einer Forschergruppe, die sich mit den Ökosystemen des Kilimandscharo befasst und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wird. (PD)
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