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18.03.2013 | 13:02 | Biomasseforschung 

Energie vom Acker - Mehr Vielfalt bei Biomasse

Gülzow/Malchow - Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe hat in den 20 Jahren ihres Bestehens 2.500 Forschungsprojekte gefördert. Ein Renner unter den alternativen Energieträgern ist der Raps. Doch künftig soll ein bunter Pflanzenmix das Einerlei im Tank ersetzen.

Energiepflanzenzüchtung
(c) proplanta

Bei Eis und Schnee blüht in Malchow auf der Ostseeinsel Poel der Raps schon leuchtend gelb. «Hier ist immer Frühling», sagt Rapszüchter Werner Paulmann in einem der Gewächshäuser der Norddeutschen Pflanzenzucht Hans-Georg Lembke KG (NPZ).

Speziallampen unterm Glasdach gaukeln den Pflanzen eitel Sonnenschein und warme Witterung vor. So können die Forscher rund ums Jahr und damit doppelt so schnell wie im Freiland die Sorten selektieren und einkreuzen. Ziel der Züchtung sei ein Raps, der resistent gegen Krankheitserreger ist und weniger chemische Pflanzenschutzmittel braucht, sagt Paulmann. «Das spart Geld und ist gut für Umwelt.»

Das Poeler Programm gehört zu den fast 2.500 Projekten, mit denen die bundeseigene Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) in Gülzow bei Güstrow in den 20 Jahren ihres Bestehens die Suche nach alternativen Energieträgern forciert hat, wie Geschäftsführer Andreas Schütte bilanziert. Mit rund 670 Millionen Euro Fördergeld wurden fast eine Milliarde Euro Investitionen in hochgradig risikobehaftete Forschungsvorhaben zugunsten einer Energiewende in Deutschland ausgelöst. Ein Kongress in Berlin beleuchtet Mitte April Ergebnisse.

Zu den «Top Ten» gehört dabei das «Gold des Nordens»: Raps sei eine Super-Pflanze mit hoher Energiedichte, sagt Schütte. Allerdings habe er Nebenwirkungen. So sorgten die über 900.000 Hektar Rapsfelder in Deutschland auch für mehr Treibhausgase. Von 2017 an müsse Raps für Biosprit in der EU aber in Anbau und Verarbeitung 50 Prozent statt bisher 35 Prozent weniger solcher schädlichen Gas abgeben als fossile Kraftstoffe. «Sonst ist der Raps raus.»

Nach klimaschonenden Anbaumethoden für die Ölsaat sucht daher das Thünen-Institut Braunschweig. Drei Millionen Euro Fördergeld fließen von 2012 bis 2015 in fünf Feldversuche von bundesweit acht Forschungspartnern, wie Projektleiter Roland Fuß sagt. Stellschraube beim Raps sei die Düngung, die Einfluss auf die Emissionen von Lachgas - einem schädlichen Treibhausgas - habe, erklärt der Wissenschaftler.

«Alles ist offen», meint Fuß. Womöglich stelle sich der Raps wegen seiner erheblichen Emissionen gar als ungeeignet heraus, fossile Rohstoffe für die Spritproduktion abzulösen. Günstiger scheine dagegen der Einsatz von energiereichen Ernterückständen oder Lebensmittelabfällen. Experten sehen auch in schnell wachsenden Bäumen einen guten Rohstoff für Biokraftstoff.

Ein bunter Strauß verschiedener Pflanzen - so stellt sich Fachagentur-Chef Schütte die Biomasse der Zukunft vor. In Deutschland werde es laut einer Studie 2050 ein Potenzial von sieben Millionen Hektar Fläche für den Anbau nachwachsender Rohstoffe geben. Allein vier Millionen Hektar reichten aus, um mit Biomasse knapp ein Viertel der gesamten Energieversorgung Deutschlands abzusichern, sagt Schütte. Aktuell würden 2,5 Millionen Hektar bebaut, davon 2,1 Millionen Hektar mit Energiepflanzen wie Raps für Biodiesel oder Mais für Biogas.

Um den Hunger der wachsenden Zahl von Biogasanlagen zu stillen und zugleich einer weiteren «Vermaisung» der Landschaft vorzubeugen, gibt es Versuche mit alternativen Pflanzen. Nach Vorgaben der Universität Osnabrück würden in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern auf 400 Hektar Steinklee, die Durchwachsene Silphie oder Wildpflanzen- und Unkräuter-Mischungen angebaut, sagt Schütte. «Solche Wiesen sind auch super Bienenweiden und obendrein ein Augenschmaus.»

Neben dem Biosprit gehören auch die biologischen Kunststoffe zu den Schwerpunkten der FNR. Dabei sei es in der Vergangenheit auch zu einem Forschungsflop gekommen, erklärt Geschäftsführer Andreas Schütte. So habe die Fachagentur über Jahre das Ziel verfolgt, dass Plastik aus Stärke oder Zucker auch biologisch abbaubar sein müsse. Ein Fehler, weiß der Agraringenieur heute.

Denn auch lange haltbare Kunststoffe aus nachwachsenden statt fossilen Stoffen würden etwa für die Automobil- oder Handy-Herstellung benötigt. Karosserieteile oder Telefon-Gehäuse sollen sich bei Regen ja nicht zersetzen, wie Schütte betont. Inzwischen sei die Strategie geändert worden. «Die Anwendung bestimmt die Eigenschaften und damit die Forschung, nicht umgekehrt», sagt der FNR-Chef.


Fachagentur fördert nachwachsende Rohstoffe

Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) Gülzow bei Güstrow wurde 1993 von der Bundesregierung gegründet mit dem Ziel, Zuständigkeiten zu bündeln. Insgesamt förderte die Agentur fast 2.500 Forschungsprojekte mit rund 670 Millionen Euro und löste damit knapp eine Milliarde Euro Investitionen aus, wie Geschäftsführer Andreas Schütte bilanziert. Schwerpunkte der Forschungen seien Biosprit sowie die stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe etwa für Bio-Kunststoffe. Aufgaben sind auch Veröffentlichungen, Beratung sowie die Teilnahme an Messen und Kongressen. (dpa/mv)

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