Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
03.04.2013 | 06:54 | Vogelseuche 

Forschung auf den Spuren des Usutu-Virus

Weinheim / Waldsee - In einem Keller in Weinheim setzt Hanna Jöst den Sauger an. Die Biologin ist aber weit davon entfernt, das Gewölbe von Staub zu befreien - sie ist auf der Jagd nach Mücken, die dort überwintern.

Amsel
(c) proplanta
Zwischen Spinnweben sitzen sie an der Wand und rühren sich nicht, so dass sie mit dem Spezial-Gerät leicht zu erwischen sind. Schon nach wenigen Minuten hat Jöst ein gutes Dutzend gefangen. Ihr Ziel: Die kleinen Blutsauger auf einen aus Afrika stammenden Krankheitserreger untersuchen zu lassen, das Usutu-Virus.

Den Mücken macht der exotische Erreger nichts aus, wohl aber den Tieren, die sie stechen: Hunderttausende Vögel sind seit 2011 daran gestorben, vor allem im Dreiländereck Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg - hauptsächlich Amseln, aber auch Stare, Eisvögel und Sperlinge. «Die Hausmücke sticht überwiegend Vögel, deshalb sind sie am meisten betroffen», sagt Jöst. Weshalb es vor allem Amseln getroffen hat, ist unklar. Für den Menschen ist der Erreger in der Regel nicht gefährlich.

Vor dem Haus steckt die Biologin die Mücken in Plastikröhrchen und legt sie auf Trockeneis. Gefroren werden sie nach Hamburg geschickt, damit sie im Bernhard-Nocht-Institut (BNI) untersucht werden. Die Erkenntnisse über die Ausbreitung des Erregers könnten auch im Fall von anderen Viren wichtige Hinweise liefern, sagt Jöst. Der Usutu-Erreger hat sich überall dort ausgebreitet, wo es viele Stechmücken gibt: Im Südwesten und den Gebieten am Rhein. Auch das milde Klima in der Vorderpfalz gefällt den Blutsaugern gut.

Dass das Virus in den Insekten überwintern kann, haben Jöst und ihre Kollegen von der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (Kabs) mit Sitz im pfälzischen Waldsee bereits nachgewiesen. Nun geht es um einen erneuten Beweis. So sei auch noch unbekannt, wie der Erreger genau übertragen werde, sagt die Virologin. Klar sei nur, dass nicht jede infizierte Mücke auch Überträger sei.

Wenn es im Frühjahr warm wird, schwärmen die Mücken aus. Die Weibchen gieren nach dem langen Winter nach Blut, um Eier produzieren zu können. Für die Vögel gibt es dennoch Hoffnung: «Es sieht so aus, als ob es zuletzt nicht zu einem weiteren Einbruch der Populationen gekommen ist», sagt Lars Lachmann, Vogelschutzexperte bei der Umweltorganisation Nabu, die Meldungen über tote Vögel sammelt.

Nach zwei Jahren Amselsterben in den betroffenen Gebieten hätten Zählungen im Januar Hinweise darauf ergeben, dass ein Teil der Tiere immun gegen das Usutu-Virus geworden sei. Gewissheit werde aber erst eine erneute Erhebung im Mai geben. Amseln stellen dem Experten zufolge nach wie vor mit Abstand die größte Gruppe unter den Vögeln in Deutschland, bis zu 16 Millionen Brutpaare gibt es Jahr für Jahr.

Eine Gefahr für den Bestand der Tierart sieht der Experte deshalb nicht, auch wenn das Usutu-Virus in den betroffenen Gebieten zu einem «signifikanten Rückgang» geführt habe. Eine gute Nachricht sei auch, dass das Virus sich im vergangenen Jahr nicht wesentlich über die bereits betroffenen Gebiete hinaus ausbreiten konnte: «Man muss deshalb nicht davon ausgehen, dass es 2013 ganz Deutschland überschwemmt», sagt der Vogelschützer.


Infobox: Die Hausmücke

Stechmücken hinterlassen rote, juckende Stellen. Lateinisch heißen sie Culex pipiens, sie werden auch Hausmücke genannt. Nicht alle Exemplare dürstet es nach Blut: Nur die Weibchen saugen an Mensch und Tier, während sich die Männchen mit Pflanzensäften begnügen.

Die weiblichen Mücken brauchen das Blut, um Eier zu bilden. Ihre Opfer finden sie hauptsächlich mit dem Geruchssinn. Sie richten sich nach ausgeatmeten Kohlendioxid oder anderen Duftstoffen wie Schweiß. Geräte, die einen hohen Piepton aussenden, um Mücken abzuhalten, machen nach Einschätzung von Mückenforschern deshalb keinen Sinn. (dpa)
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Kommentierte Artikel

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken