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12.04.2007 | 07:10 | Gentechnik 

Genweizen erhitzt Gemüter - Bedroht er einmalige Pflanzensammlung?

Gatersleben - Weizenpflanzen auf einem kleinen Feld in einer weltweit anerkannten Forschungseinrichtung erhitzen derzeit die Gemüter.

Gentechnik
(c) FikMik - fotolia.com
Grund der Aufregung: Sie sind genverändert und könnten eine in der Welt nahezu einzigartige Sammlung von Kulturpflanzen im Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben (Sachsen-Anhalt) bedrohen. Dieser Ansicht sind die Gegner dieses Freilandversuches, darunter das Umweltinstitut München und die Grünen.

Den 11 200 Weizenpflanzen waren Gene von Gerste und Ackerbohnen übertragen worden, unter anderem um den Eiweißgehalt zu erhöhen. Das ist vor allem für die Produktion von Viehfutter wichtig. Die Pflanzen wachsen seit Herbst 2006 auf dem Gelände des Institutes auf 1200 Quadratmetern heran. Zum Vergleich: ein Fußballfeld ist 7500 Quadratmeter groß.

Der Samen von 150 000 verschiedenen Kulturpflanzen wird in der Sammlung von Kulturpflanzen des IPK aufbewahrt. Dazu zählen uralte Getreidesorten, aber auch der Samen ganz gebräuchlicher Arten, die in den Klimakammern lagern. In regelmäßigen Abständen muss der Samen auf dem Feld ausgebracht und vermehrt werden, um immer keimfähiges Saatgut vorrätig zu haben. Für Forscher und Pflanzenzüchter ist das ein einzigartiger Fundus. In jedem Jahr werden von Gatersleben aus mehr als 12 000 Saatgutproben in alle Welt versandt.

Der genveränderte Weizen könnte den Weizen aus der Sammlung kontaminieren, befürchtet Andreas Bauer, Gentechnik-Experte des Umweltinstitutes München. Mit dem Freisetzungsversuch werde ein traditioneller Züchtungsstandort und die wertvolle Genbank mit den dazugehörigen Vermehrungsflächen bedroht, meint auch die Landesvorsitzende der Grünen Sachsen-Anhalts, Undine Kurth.

Bauern und Wissenschaftler teilen diese Befürchtung jedoch nicht. «Es wird keine Gefahr geben, das Experiment ist bei den Experten in Gatersleben in guten Händen» heißt es in einer Mitteilung des Bauernverbandes Nordharz. Es werde vielmehr wissenschaftlicher Vorlauf bei der Züchtung neuer Sorten mit neuen Gebrauchseigenschaften und Ertragsleistungen gebraucht.

«Ich verstehe die Hysterie nicht, wir haben doch keine Monstergene eingepflanzt», sagt Andreas Graner, seit 1999 Chef der Genbank und seit 1. April auch Chef des IPK. «Der Versuch ist vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit genehmigt, wir erfüllen alle Auflagen, der genveränderte Weizen kann sich nicht mit Weizensorten aus der Genbank vermischen.» Schon aus biologischen Gründen - als Selbstbestäuber befruchtet sich Weizen innerhalb der Blüte durch eigene Pollen - seien Auskreuzungen sehr unwahrscheinlich.

Der Versuch diene ausschließlich Forschungszwecken, betont Graner. Die Verwendung des Getreides etwa für die Ernährung von Menschen oder Tieren sei nicht vorgesehen. Dennoch hatte es 27 000 Proteststimmen gegen den Versuch gegeben. Bauern und Wissenschaftler führen das vor allem auf mangelnde Aufklärung zurück. «Viele wissen gar nicht genau, worum es bei diesem Experiment geht. Und die am lautesten dagegen protestieren, verstehen am wenigsten davon», erklärt eine Sprecherin des Landesbauernverbandes.

Möglicherweise war mangelnde Aufklärung auch der Grund warum ähnliche Versuche 2002 und 2004 in Friemar (Thüringen) und Bernburg (Sachsen-Anhalt) gescheitert sind. Umweltschützer hatten Flächen zerstört beziehungsweise durch die Aussaat von Öko-Weizen unbrauchbar gemacht. Das kann in Gatersleben nicht passieren. «Das Gelände ist bewacht», sagt Institutschef Graner. (dpa)
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