Sie mahnen deshalb eine Reform der Umweltrisikobewertung der Wirkstoffe an, zumal selbst die aus ihrer Sicht zu hohen Grenzwerte in Gewässern vielfach nicht eingehalten würden. Bei ihrer Einschätzung berufen sich die Forscher auf die Ergebnisse eines Monitoringprogramms, das unter Leitung des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) im Auftrag des Umweltbundesamtes (
UBA) durchgeführt wurde.
Die Wissenschaftler untersuchten zwei Jahre lang die Pflanzenschutzmittelbelastung an mehr als 100 Messstellen an Bächen, die durch überwiegend landwirtschaftlich genutzte Tieflandregionen in zwölf Bundesländern fließen. Dabei seien „erhebliche Überschreitungen“ der „Regulatorisch Akzeptablen Konzentration“ (RAK) festgestellt worden, berichtete das UFZ am Dienstag (15.6.) in einer Presseverlautbarung. So seien die RAK-Werte in 81 % der Gewässer überschritten worden; in 18 % der Bäche seien für mehr als zehn Wirkstoffe Überschreitungen nachgewiesen worden.
Laut UFZ-Projektkoordinator Prof. Matthias Liess wurde eine deutlich höhere Pestizidbelastung in den Kleingewässern nachgewiesen, als ursprünglich erwartet. Zum Beispiel habe Thiacloprid den RAK-Wert in drei Gewässern um mehr als das 100-Fache überstiegen. Andere Insektizidwirkstoffe wie
Clothianidin, Methiocarb und Fipronil, aber auch Herbizidwirkstoffe wie Terbuthylazin, Nicosulfuron und Lenacil hätten den RAK-Wert um den Faktor 10 bis 100 in 27 Gewässern überschritten.
Dem UFZ zufolge konnten die Forscher anhand des umfangreichen Datensatzes zudem nachweisen, dass die Pflanzenschutzmittel auf Lebensgemeinschaften aquatischer Wirbelloser bereits in viel niedrigeren Konzentrationen wirken, als in der Zulassung angenommen. Ab welcher Konzentration das der Fall sei, hänge davon ab, welche Arten überleben sollten.
Darüber hinaus hätten die Wissenschaftler festgestellt, dass die Art der Probenahme entscheidenden Einfluss auf die gemessenen Konzentrationen der Wirkstoffe habe. Liess forderte ein regelmäßiges behördliches Umweltmonitoring, um die Menge und die Auswirkungen der Pestizide bewerten zu können. Daneben müssten neue wissenschaftliche Erkenntnisse schneller als bisher in den Zulassungsprozess für Pflanzenschutzmittel einfließen.