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19.11.2010 | 05:33 | Nutztierforschung 

Können Embryonen die eigene Lebensfähigkeit in der Mutter beeinflussen?

Dummerstorf - Wissenschaftlern des Leibniz-Instituts für Nutztierbiologie in Dummerstorf (FBN) ist eine wegweisende Entdeckung bei der Erforschung des Zusammenspiels zwischen Muttertier und frühem Embryo während der Trächtigkeit gelungen.

Muttersau mit Ferkel
Dr. Karin Wollenhaupt und Dr. Wolfgang Tomek vom Forschungsbereich Fortpflanzungsbiologie konnten erstmals bei Schweinen einen neuartigen Regulationsmechanismus nachweisen, bei dem ein Embryo die mütterliche Gebärmutterschleimhaut beeinflusst, um damit das Fortbestehen der Trächtigkeit zu sichern. Im Zentrum der Untersuchung steht ein in allen Zellen von Säugetieren vorkommendes und lebenswichtiges Protein (eIF4E) (siehe unten).

Die Forscher entdeckten in der Gebärmutterschleimhaut eine neue Variante dieses Proteins, das bei anderen untersuchten Tierarten, zum Beispiel bei der Maus oder beim Rind, und in anderen Organen des Schweins nicht auftritt. Genaue Kenntnisse dieses Mechanismus könnten künftig dazu beitragen, embryonale Verluste zu verringern, um langfristig gesunde, lebensfähige Ferkel mit einem ausgeglichenen Wurfgewicht zu erzeugen.

Das Projekt wurde zwischen 2007 und 2010 am Leibniz-Institut für Nutztierbiologie in Dummerstorf durchgeführt. Finanziell unterstützt wurde es von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Bei den komplexen Untersuchungen kamen veterinärmedizinischen Methoden (zum Beispiel Endoskopie, künstliche Besamung,) sowie biochemische und molekularbiologische Methoden (beispielsweise Massenspektrometrie) zum Einsatz. Die Ergebnisse werden in der Dezemberausgabe der international beachteten Fachzeitschrift Biochemical Journal veröffentlicht.

Die Einnistung (Implantation) der Embryonen in die Gebärmutter (Uterus) eines Muttertiers ist ein Schlüsselereignis für den Fortbestand einer Trächtigkeit. In diesem Zeitraum signalisiert der Embryo dem mütterlichen Organismus den Beginn dieses Ereignisses und nimmt Einfluss auf die Struktur und die Funktion der Uterusschleimhaut, um das eigene Wachstum und die Entwicklung zu ermöglichen. Die Grundlagenforscher entdeckten die verkürzte Form des Proteins eIF4E gerade zu dem Zeitpunkt in der Uterussschleimhaut des Schweins, wenn der Embryo mit dieser intensiv in Kontakt tritt. Diese Prozesse haben wiederum auf molekularer Ebene weit reichende Folgen für die mütterlichen Zellen. So wird unter anderem die Regulierung des körpereigenen Aufbaus von Proteinen (Proteinbiosynthese) beeinflusst, wobei entwicklungsbedingt neue Proteine entstehen.

Die Uterussschleimhaut beim Schwein ist in sofern einzigartig, da sie anders als beim Menschen oder einer Maus als eine Art Barriere wirkt und das Eindringen des Embryos verhindert (nicht-invasiver Implantationsmechanismus). Die FBN-Wissenschaftler haben herausgefunden, dass dafür vermutlich die von Ihnen entdeckte verkürzte Form des Proteins eIF4E verantwortlich ist. Wenn ein Schweinembryo hingegen mit anderen Geweben in Kontakt kommt, die diesen bestimmten Faktor nicht bilden, beispielsweise bei einer Eileiterschwangerschaft, wird das mütterliche Gewebe zerstört. Die neu entdeckte Proteinvariante führt demzufolge zur Bildung spezifischer Proteine beim Schwein, die einerseits das Eindringen des Embryos verhindern, andererseits aber das Fortbestehen der Trächtigkeit und die embryonale Lebensfähigkeit fördern.

Dies ist Gegenstand weiterer Forschungen. Dabei soll nun genauer untersucht werden, welche Proteine neu gebildet werden. Es geht unter anderem darum, die Auswirkungen auf die Überlebensfähigkeit der Embryonen zu analysieren. Die künftigen Ergebnisse könnten dazu beitragen, die Bedingungen für die Entwicklung der Embryonen in der Gebärmutterschleimhaut zu verbessern.


„Protein eIF4E“ ist lebenswichtig

Proteine (Eiweiße) sind aus Aminosäuren aufgebaute Makromoleküle. Sie bilden einen wesentlichen Bestandteil der Grundbausteine einer Zelle und steuern fast alle Lebensprozesse. Eiweiße bestimmen letztlich die Form und Struktur der Zellen. Das Protein, der Initiationsfaktor eIF4E (eukaryotische Initiationsfaktor 4E), spielt eine zentrale Rolle im zellulären Stoffwechsel. Es kommt in allen Zellen von Säugetieren vor. Ohne diesen Faktor sind Zellen nicht lebensfähig, da das Protein an zentraler Stelle die Proteinbiosynthese (Herstellung eines Proteins in Lebewesen) reguliert. Die herausragende Bedeutung von eIF4E wird auch daran deutlich, dass eine Entgleisung seiner Regulation mit der Entstehung von verschiedenen Krebsarten in Verbindung gebracht wird. (fbn)
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