Um einen fundierten Überblick über den aktuellen Stand des Wissens zu bekommen und die gesellschaftlichen Leistungen des Ökolandbaus differenziert zu bewerten, hat das
Thünen-Institut zusammen mit anderen Forschungspartnern die wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema ausgewertet.
Besonderes Augenmerk wurde auf die Bereiche
Wasserschutz,
Bodenfruchtbarkeit, biologische Vielfalt,
Klimaschutz und -anpassung, Ressourceneffizienz und
Tierwohl gelegt. Die Ergebnisse haben die Wissenschaftler am 21. Januar 2019 auf einer Fachveranstaltung im Rahmen der Internationalen Grünen Woche in Berlin vorgestellt.
Für die Studie wurden 528 Veröffentlichungen ausgewertet, in denen insgesamt 33 Vergleichsparameter zwischen ökologisch und konventionell wirtschaftenden Betrieben betrachtet wurden. So ergaben sich mehr als 2.800 Einzelvergleiche.
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass der
Ökolandbau ein hohes Potenzial zum Schutz von Grund- und Oberflächenwasser zu zuschreiben ist. Positiv wirkt sich der Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel aus. In den ausgewerteten Untersuchungen verminderte eine ökologische Bewirtschaftung zudem die Stickstoffausträge im Mittel um 28 %. Auch bei Tierarzneimitteln und den Phosphoreinträgen in Gewässer lässt der Ökolandbau eine geringere Belastung erwarten. Speziell hier liegen allerdings nicht genügend geeignete Studien vor.
Vorteile der ökologischen Wirtschaftsweise zeigen sich auch bei der Bodenfruchtbarkeit. Die Abundanzen (Häufigkeiten) und Biomassen von Regenwurm-Populationen waren hier im Mittel um 78 bzw. 94 % höher. Bei 62 % der Vergleichspaare war die ökologische Wirtschaftsweise im Oberboden mit einer geringeren Versauerung verbunden. Beim Gehalt an pflanzenverfügbarem Phosphor im Oberboden konnte hingegen keine eindeutige Tendenz für die eine oder andere Bewirtschaftungsform festgestellt werden.
Dass sich der Ökolandbau positiv auf die
Biodiversität auswirkt, ist für die untersuchten Artengruppen eindeutig belegbar (z.B. mittlere Artenzahlen der Ackerflora um 95 %, der Feldvögel um 35 % und der blütenbesuchenden Insekten um 23 % erhöht). Zu berücksichtigen ist, dass die Landschaftsstruktur einen erheblichen Einfluss auf die
Artenvielfalt – insbesondere bei der Fauna – hat und diese die Effekte der
Landnutzung stark überlagern können.
Weniger eindeutig ist der Beitrag des ökologischen Landbaus zum Klimaschutz. Durch eine höhere Kohlenstoffspeicherungsrate und verminderte Lachgasemissionen emittieren
Ökobetriebe gemäß der Auswertung im Mittel 1.082 kg weniger CO2‐Äquivalente pro Hektar und Jahr. Aufgrund des niedrigeren Ertragsniveaus im Ökolandbau sind die ertragsbezogenen Klimaschutzleistungen im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft jedoch vermutlich vergleichbar.
Die Studienergebnisse unterstreichen zudem, dass der ökologische
Landbau zur Erosionsvermeidung und zum
Hochwasserschutz beitragen kann. Der Gehalt an organischem
Kohlenstoff im Boden – vereinfacht gesagt der Humusgehalt – und die Aggregatstabilität waren im Ökolandbau im Mittel 26 % bzw. 15 % höher; bei der Infiltration wurde ein Unterschied von 137 % festgestellt. Dadurch werden Oberflächenabfluss und Bodenabtrag vermindert.
Der sparsame Ressourcenverbrauch im Ökolandbau spiegelt sich unter anderem in der Stickstoff- und
Energieeffizienz wider. In beiden Bereichen erwies sich der ökologische Landbau als vorteilhafter. Im
Pflanzenbau war die Stickstoffeffizienz im Mittel 12 %, die Energieeffizienz 19 % höher als im konventionellen Landbau.
Kein klares Bild zeigte sich beim Tierwohl. Bei 46 % der Vergleichspaare wurden keine eindeutigen Unterschiede zwischen ökologischer und konventioneller Tierhaltung festgestellt. Die ökologische Wirtschaftsweise wies bei 35 % der Vergleichspaare Vorteile auf, die konventionelle bei 19 %. Hinsichtlich Verhalten und Emotionen deuten sich Vorteile der ökologischen Tierhaltung an. Bei der
Tiergesundheit sind keine grundlegenden Unterschiede festzustellen; das Management scheint hier entscheidender zu sein als die Wirtschaftsweise.
An dem interdisziplinären
Verbundprojekt waren das Thünen‐Institut, die Universität Kassel, die Bayerische
Landesanstalt für Landwirtschaft, die Justus‐Liebig Universität Gießen, das Leibniz‐Zentrum für Agrarlandschaftsforschung, die TU München und das Zentrum für angewandte Forschung und Technologie an der HTW Dresden beteiligt. Gefördert wurde das Projekt mit Mitteln des Bundesministeriums für
Ernährung und Landwirtschaft (
BMEL) im Rahmen des Bundesprogramms ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft.
Die Ergebnisse der Studie wurden als Thünen Report 65 veröffentlicht, der auf der Thünen-Webseite (www.thuenen.de) als PDF verfügbar ist.