Weiterhin ungeklärt ist, wie gentechnisch veränderter Mais auf die Felder in Mexiko gelangt ist und ob die Transgene sich im Genpool der mexikanischen Landrassen etabliert haben. Die mexikanische Regierung hat inzwischen den Versuchsanbau von gentechnisch verändertem Mais zugelassen.
Ende 2001 hatten Ignacio Chapela und David Quist von der Universität Berkeley in Nature eine Arbeit über den Nachweis von
GVO-Spuren in mexikanischen
Maissorten veröffentlicht. Diese Veröffentlichung wurde von mehreren Wissenschaftlern wegen methodischer Unzulänglichkeiten heftig kritisiert. Wesentliche Kritikpunkte von damals treffen auf die neue Studie aus der Arbeitsgruppe von Elena Alvarez-Buylla in Molecular Ecology nicht zu; beispielsweise wurden die Ergebnisse durch eine zweite Methode abgesichert.
Die renommierte Ökologin Allison Snow, deren Arbeitsgruppe 2003 und 2004 keinerlei transgene DNA-Sequenzen in Maisproben aus Mexiko finden konnte, bewertete die neue Studie als überzeugenden Nachweis für die Einkreuzung von Transgenen aus gentechnisch veränderten Maissorten in mexikanische Landrassen.
Das Ausgangsmaterial für die neue Studie (68 Maiskolben aus 21 Kommunen) waren Proben, die der National Biodiversity Council (CONABIO) und das National Ecology Institute (INE) 2001 gesammelt hatten. Seit 2002 hatten Vertreter dieser beiden mexikanischen Behörden erklärt, eigene Daten erhoben zu haben, welche die Ergebnisse von Chapela und Quist bestätigen würden. Diese Daten wurden jedoch in keiner wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht. Es wurde bekannt, dass Nature einen entsprechenden Artikel damals zurückwies.
Auch die Autoren der aktuellen Studie hatten zunächst Schwierigkeiten, diese zu publizieren. Offen ist weiterhin, ob und in welchem Ausmaß tatsächlich Introgression stattgefunden hat, d.h. ob sich die Transgene tatsächlich im Genpool der Landrassen etabliert haben. Anscheinend haben sich die einheimischen Maispflanzen mit gentechnisch verändertem Mais gekreuzt.
Nicht geklärt ist allerdings, ob und in welchem Umfang die daraus entstandenen Pflanzen – die F1-Generation - sich wiederum mit den einheimischen Pflanzen kreuzen, die ggf. daraus entstandene F2-Generation sich ebenfalls mit den einheimischen Pflanzen kreuzt usw.. Diese so genannten Rückkreuzungen wären die Voraussetzung für die dauerhafte Etablierung der Transgene im Genpool der Landrassen.
Von Wissenschaftlern wird dies nicht einheitlich bewertet. Einige vertreten die Auffassung, dass eine Introgression von Transgenen nur zu erwarten ist, wenn letztere den Pflanzen einen Selektionsvorteil verschaffen.
Umweltgruppen befürchten, dass die Auskreuzung von gentechnisch veränderten Maissorten zu einer Reduktion der genetischen Vielfalt und schlimmstenfalls zu einem Aussterben von Landrassen führen könnte. Dass Introgression von modernen Hochleistungssorten jedoch nicht grundsätzlich eine Bedrohung für Landrassen sein muss, zeigt eine Veröffentlichung aus Italien, die in derselben Ausgabe von Molecular Ecology erschienen ist wie die Studie der Arbeitsgruppe von Elena Alvarez-Buylla. Konservierte Proben von italienischen Mais-Landrassen aus den fünfziger Jahren wurden mit molekularen Markern untersucht. Die Ergebnisse wurden verglichen mit denen für Landrassen, die heutzutage in Italien wachsen, sowie mit den Ergebnissen für moderne, nicht gentechnisch veränderte Hybridsorten, die seit den fünfziger Jahren in Italien angebaut werden.
Es konnte nachgewiesen werden, dass das
Erbgut der modernen Hybridsorten teilweise in die Landrassen "eingewandert" ist, dass jedoch gleichzeitig die genetische Vielfalt der Landrassen zugenommen hat. Unbeantwortet ist die Frage, ob es einen Unterschied macht, wenn es sich bei einem "eingewanderten" Gen um ein Transgen handelt.
Mexiko hatte 1998 ein
Anbauverbot für gentechnisch veränderten Mais erlassen, um seine regionalen Landrassen zu schützen. Im März 2009 wurde jedoch eine Gesetzesänderung vorgenommen, die nun den Versuchsanbau erlaubt. 2012 wird möglicherweise der reguläre Anbau zugelassen. Ein Grund für diese Entscheidungen könnte die vorübergehende Verknappung des Maisangebots Anfang 2007 sein, die zu Protestmärschen von Tausenden Mexikanern führte. Damals forderte der mexikanische
Bauernverband die Freigabe von gv-Mais, um die nationale Maiserzeugung zu steigern und Mexikos Abhängigkeit von Maisimporten zu verringern. Mit der Entscheidung der mexikanischen Regierung hat der Konflikt um den Anbau von gv-Mais in Mexiko ein vorläufiges Ende gefunden.
Quelle: Biosicherheit