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07.02.2013 | 16:23 | Neophyten-Forschung 

Die schnell wachsende Pueraria wird erforscht

Contone - Pueraria, auch Kudzu genannt (Pueraria lobata, Willd. Ohwi., Fabaceae), gehört gemäss IUCN* weltweit zu den 100 aggressivsten invasiven Neophyten.

Dauergrünland mit Pueraria überwuchert
(c) acw
In wenigen Jahren kann Pueraria unter günstigen Bedingungen eine existierende Vegetation komplett überdecken und zerstören. Ihr Stängelwachstum erreicht bis zu 27 cm pro Tag (!) - mit einschneidenden Konsequenzen auf die Biodiversität oder die Entwicklung von landwirtschaftlichen Kulturen. In der Schweiz ist Pueraria seit etwa 2 Jahrzehnten im Tessin präsent. Es sind 35 Befallsherde bekannt und unter Beobachtung. Angesichts ihres sehr schnellen Wachstums hat Agroscope Versuche durchgeführt, um das Ausbreitungspotenzial und Bekämpfungsmassnahmen zu erforschen.

Walt Disney hat sich bei „Mickey und die Kletterbohne" sicher von Pueraria inspirieren lassen. Der schier unglaubliche Tageszuwachs von 27 cm Länge dieser Leguminosenart ist wohl das Auffälligste an dieser Pflanze. Aufgrund dieses Wachstumspotenzials wurde die Pflanze in den Vereinigten Staaten in den 30er und 40er Jahren als Erosionsschutz verwendet. In der Zwischenzeit werden die wirtschaftlichen Schäden auf bis über eine halbe Milliarde Dollar pro Jahr geschätzt.

Wie Pueraria ins Tessin gelangte, ist ungeklärt. Die Lage der meisten Befallsherde lässt auf ein Auswildern aus Privatgärten schliessen. Aufgrund der zunehmenden Ausbreitung dieser Art wurde 2011 ein Projekt gestartet mit dem Ziel, das Ausbreitungspotenzial und mögliche Bekämpfungsmassnahmen auszuloten. Versuchsort ist der Monte Verità in Ascona, innerhalb des Geländes des Centro Stefano Franscini (CSF), dem internationalen Konferenzzentrum der ETH Zürich. Erste Resultate sind überraschend und lassen nichts Gutes erahnen. In der Literatur wird vermehrt auf die schlechte Keimfähigkeit der Bohnen hingewiesen und das Ausbreitungspotenzial von Pueraria v.a. der vegetativen Vermehrung zugeschrieben.

In unseren Untersuchungen lagen die Keimfähigkeitswerte von Pueraria-Samen, die an 4 verschiedenen Standorten gesammelt wurden, mit einer Keimfähigkeit von 51 % im Durchschnitt dreimal höher als in der Literatur. Dies verändert die Ausgangslage für das Ausbreitungsrisiko entscheidend. Die Pflanze kann sich nicht nur am Ursprungort über den Wuchs ausbreiten, sondern von Ort zu Ort passiv über Samen, der zum Beispiel durch Erde verteilt wird, die an Schuhsohlen klebt. Dies erklärt auch, warum am Monte Verità mehrere Befallsherde getrennt auftreten.

Der Einsatz von Herbiziden auf Grün- und Holzteilen von Pueraria erwies sich als erfolgreich, was die Grünteile anbelangt, für die Holzteile muss der nächste Frühling abgewartet werden. Die Herbizidbehandlung ist aber keine nachhaltige Lösung. Auf Grasland ist die Behandlung schwierig, in Wald und Ufergebieten ist sie gänzlich ausgeschlossen. Alternative Bekämpfungsmethoden wie mechanische Verfahren sind teuer oder die Bekämpfung mit biologischen Methoden (Parasitoiden) noch nicht praxisreif.

Zur Zeit scheint Pueraria nur für die Alpensüdseite ein Problem darzustellen, eine Ausweitung auf die Alpennordseite scheint aufgrund der Wintertemperaturen noch nicht realistisch. Pueraria ist aber nicht nur als Gefahr für Biodiversität und Kulturpflanzen bekannt. Seit 1.300 Jahren werden Bohnen, Wurzeln und Blätter wegen ihres hohen Stärkegehaltes in der chinesischen Küche verwendet. Weiter gilt sie als hochwertige Futter- und Textilpflanze. Noch bedeutender ist ihre Verwendung als Heilpflanze. Beschrieben sind Eigenschaften wie unter anderem Linderung oder Heilung von Alkohol- und Nikotinabhängigkeit, Migräne, Bluthochdruck, Allergien und Angina. Der Sprung vom Unkraut zur Nutzpflanze wäre hier also relativ klein. (acw)
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