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25.09.2015 | 06:17 | Schweinemast 

Neuer Demonstrationsbetrieb zur Erprobung von mehr Tierwohl

Bonn - Stressreduzierte Fütterung, körperschonende Stalltechnik sowie ein innovatives Lüftungssystem: Das möchten Sandra und Andre Angenendt den Schweinen in ihrem Demonstrationsbetrieb im Westmünsterland künftig bieten.

Tierwohl in der Schweinemast
(c) proplanta
Das gewünschte Resultat: Weniger Schwanzbeißen und zufriedene Tiere. Gefördert durch die Tierwohl-Initiative des Bundeslandwirtschaftsministeriums entsteht zurzeit ein neuer Stall – mit einer Einrichtung, die Vorreiter für neue Wege zu mehr Tierwohl sein soll.

Auf dem Demonstrationsbetrieb haben Sandra und Andre Angenendt mit ihren Schweine eine besondere Aufgabe: Erkenntnisse, wie Schwanzbeißen in der Ferkelaufzucht und Schweinemast minimiert werden können, in die Praxis umsetzen.

Der Betrieb hält im fast geschlossenen System 160 Sauen und verfügt über 980 Flatdeckplätze sowie 800 Mastplätze. Ein Teil ihrer Ferkel mästen die Landwirte selbst, den Rest verkaufen sie an andere Mäster. In durchschnittlich 167 Lebendtagen erreichen die Mastschweine im Durchschnitt 118 Kilogramm Lebendgewicht. In dieser Zeit erfahren die Tiere so manch Ungewöhnliches. Denn die Angenendts probieren viel aus, um Schwanzbeißen zu verhindern und ihre Schweine gesund und ausgeglichen zu mästen.

Ob Eisblöcke mit Aromastoffen oder künstliche Suhle: Rund fünf bis sechs Stunden Beschäftigung pro Tag seien nötig, um Schwanzbeißen zu verhindern. Die Landwirte kombinieren ihre Erfahrungen im Durchbringen von nicht kupierten Tieren gepaart mit einem gewissen „Querdenkertum“.

Bundesminister Schmidt: Deutschland als Trendsetter beim Tierwohl



Bei allen Tierwohl-Gedanken dürfen die Angenendts die Wirtschaftlichkeit ihres Betriebs nicht aus den Augen lassen. Um dennoch innovative Methoden umzusetzen, haben sie sich bei der von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt vor einem Jahr gestarteten Tierwohl-Initiative „Eine Frage der Haltung“ als Demonstrationsbetrieb beworben – und wurden angenommen. „Ich will, dass Deutschland Trendsetter beim Tierwohl wird“, betont Schmidt. Deshalb fördere das Landwirtschaftsministerium über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) als Projektträger Investitionen mit 40 Prozent der anfallenden Kosten.

Innovative Stalltechnik im Neubau



Angenendts Stall wird drei nachweislich funktionierende Parameter für mehr Tierwohl enthalten: Ein durchdachtes und innovatives Lüftungskonzept sorgt für optimales Klima im Stall. Ein Wärmetauscher unterstützt höhere Luftraten, ohne dass dabei „Durchzug“ entsteht. Gleichzeitig werden per Unterflur-Absaugung Schadgase über der Gülle abgesaugt und aus dem Stall heraus gelenkt, ohne dass die Tiere damit in Kontakt kommen.

Um die Verletzungsgefahr zu reduzieren, setzen die Schweinehalter aus Dingden zudem auf eine körperschonende Stalleinrichtung mit wenig scharfen Kanten. Als dritten Parameter bieten sie ihren Tieren eine stressreduzierte Fütterung. Mit innovativer Technik werden den Schweinen, je nach Alter, bis zu 70 Mal in 24 Stunden bedarfsgerecht zusammengestellte Portionen serviert. Zudem sorgen die Landwirte mit der Technik für eine ausgewogene Kombination aus Sattfütterung und restriktiver Fütterung. Das Ergebnis: Die Schweine sind entspannt, gesund und Futterneid ist kein Thema.

Als Demonstrationsbetrieb haben sich die Angenendts verpflichtet, ihre Arbeit und Ergebnisse für die Branche zu kommunizieren. Bei ihrer ersten Multiplikatorenveranstaltung mit Gästen aus drei Veterinärämtern der Region ging es um die technischen Maßnahmen sowie die allgemeinen Haltungsbedingungen im Stall, aber auch um viele andere Themen; Medikamenteneinsatz zum Beispiel. Die Angenendts kommen nahezu ohne vorbeugende Medikamente in der Ferkelaufzucht aus. Allein das ist vielen Fachleuten ein Besuch wert.

Die Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuD) Tierschutz



Aus drei Säulen besteht das Konzept der MuD Tierschutz, die Teil der BMEL-Tierwohl-Initiative sind. Zum einen gibt es die Netzwerke der Demonstrationsbetriebe. Aktuell sind vier von rund 24 geplanten Netzwerken zu Themen wie Schwanzbeißen bei Schweinen oder Schnäbel kupieren bei Legehennen aktiv. Die Demonstrationsbetriebe erhalten neben der Investitionsförderung Zuwendungen, die beispielsweise Mehraufwand und wirtschaftliche Einbußen beim Testen neuer Verfahren kompensieren.

Neben den Demonstrationsbetrieben gibt es als zweites Standbein sogenannte Beratungsinitiativen. Betriebe profitieren dabei von einer individuellen Beratung durch ausgewählte Einrichtungen sowie den Austausch mit Berufskolleginnen und -kollegen. Seit Anfang 2014 konnten acht Beratungsinitiativen mit 250 Betrieben zu den Themen Schweine, Geflügel, Wiederkäuer und Milchziegen ihre Arbeit erfolgreich aufnehmen.

Die dritte Säule der MuD Tierschutz bildet der Bereich der Aquakultur. Derzeit werden in drei Projekten beispielsweise Erkenntnisse über die Verbesserung der Haltungsbedingungen von aquatisch lebenden Tieren in der Praxis umgesetzt. (ble)
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