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25.07.2020 | 02:13 | Plastikmüll 

Planet Plastik: Wie kann die Kunststoffwelle gestoppt werden?

Washington / Leeds / Madrid - Plastikmüll ist allgegenwärtig: Er findet sich in Ozeanen, Flüssen und Seen weltweit, und winzige Partikel sind auch in Menschen und Tieren nachweisbar.

Plastikmüll im Meer
Die Kunststoffproduktion steigt stetig - ebenso wie die Menge an Plastikmüll. Nun berechnen Forscher, wie sich die Menge des Abfalls deutlich senken lässt. (c) proplanta
Eine umfassende und globale Kombination von Maßnahmen könnte die Menge des weltweiten Plastikmülls in den kommenden zwei Jahrzehnten um fast 80 Prozent reduzieren, schreibt ein internationales Forscherteam im Fachblatt «Science». Doch selbst in diesem optimistischen Szenario würden bis zum Jahr 2040 noch 710 Millionen Tonnen Plastik in der Umwelt landen: 460 Millionen Tonnen an Land und 250 Millionen Tonnen in Gewässern.

Allein in Deutschland gelangen nach einer Untersuchung von 2018 jährlich rund 446 000 Tonnen Kunststoff in die Umwelt. Inzwischen reagiert die Politik: So beschloss die EU ein ab Mitte 2021 geltendes Herstellungsverbot für Einwegplastik, 2019 wurden im Rahmen der Basler Konvention die Regeln für den Export von Kunststoffabfällen verschärft.

Nun berechnete das internationale Team um Winnie Lau von der US-Organisation Pew Charitable Trusts fünf Szenarien dazu, wie sich die weltweite Menge an Plastikabfällen bis zum Jahr 2040 entwickeln könnte. Zu den Szenarien gehörten Einsammeln und Entsorgen, Recycling, Verringerung der Plastikmenge sowie ein umfassender Systemwechsel durch Anwendung all dieser Maßnahmen. Diese «System Change» genannte Kombination könnte den Kunststoffmüll bis 2040 demnach um 78 Prozent verringern.

«Die Ergebnisse der Analysen sind grundsätzlich plausibel und alarmierend zugleich, da sie die unmittelbare Notwendigkeit zeitnaher Veränderungen in unserem Umgang mit Plastik eindrücklich aufzeigen», kommentiert Stefan Krause von der Universität Birmingham die Studie.

Sie zeige zudem, welche Maßnahmen und Maßnahmenkombinationen die globalen Plastikeinträge in die Umwelt reduzieren könnten. Daraus ließen sich wertvolle Handlungsempfehlungen ableiten. «Es verwundert allerdings, dass die Autoren sich dazu entschieden haben, technologische Innovationen in der Produktion von abbaubarem Bioplastik nur begrenzt in ihren Szenarien zu berücksichtigen», bemängelt der Biogeochemiker.

Für die Meeresbiologin Melanie Bergmann vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung unterstreicht die Studie den Handlungsdruck für die Verringerung von Plastikmüll: «Zum ersten Mal werden die Auswirkungen verschiedener Instrumente zur Reduzierung von Plastik-Emissionen beziehungsweise ihre Gesamtwirkung berechnet, und es zeigt sich, dass selbst beim gebotenen sehr ehrgeizigen Ziel «System Change» immer noch 22 Prozent in unsere Umwelt gelangen, was nicht wenig ist.» Die Arbeit zeige, dass Eile geboten sei, denn wenn die tiefgreifenden Veränderungen dieses Szenarios um nur fünf Jahre verschoben würden, sammelten sich in der Umwelt 300 Millionen Tonnen mehr Plastik an: «Genau derartige Zeitskalen brauchen wir, um den Ernst der Lage zu begreifen und beherzt umzusteuern.»

Mit der Studie verbunden ist der ausführliche Bericht «Die Plastikwelle stoppen - eine umfassende Bewertung der Lösungsansätze zur Eindämmung der Plastikverschmutzung der Meere». Die gemeinsame Veröffentlichung der Pew Charitable Trusts und des deutschen Unternehmens Systemiq mit Unterstützung der Universitäten von Leeds und Oxford empfiehlt vor allem folgende Maßnahmen:

- Reduzierung der Plastikproduktion und des Kunststoffverbrauchs, um fast ein Drittel des weltweiten prognostizierten Plastikmülls zu vermeiden
- Ersetzen von Plastik durch Papier und kompostierbare Materialien
- Produktion von wiederverwendbaren Produkten und Verpackungen
- Ausweitung der Abfallsammelquoten in Ländern mit mittlerem und niedrigem Einkommen
- Einrichtungen zur Entsorgung jener 23 Prozent an Kunststoffen, die nicht wirtschaftlich recycelt werden können
- Reduktion des Exports von Plastikmüll

«Die hier untersuchten Interventionen sind alle mit vorhandenen und bereits ausgereiften Technologien erreichbar», betont Ko-Autor Ed Cook von der Universität Leeds: «Die von uns vorgeschlagenen Ansätze liegen bereits innerhalb unserer Möglichkeiten - aber es erfordert den politischen, gesellschaftlichen und unternehmerischen Willen, um dies zu erreichen.»
dpa
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