«Ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren hat dazu geführt, dass sich verschiedene Arten stark vermehrt haben», sagt die Mückenexpertin Doreen Walther. Sie ist Biologin am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung im brandenburgischen Müncheberg.
Zum einen habe es in Niedersachsen kontinuierliche Regenfälle gebeben, so dass viele Überflutungsgebiete und Pfützen immer mit Wasser gefüllt waren, erläutert die Biologin. Bis zu 100.000 Eier können Mückenweibchen pro Quadratmeter legen, in Tümpeln und Pfützen sind in diesem Sommer massenweise Überflutungsmücken geschlüpft. Bei warmen Temperaturen vermehren sie sich innerhalb kürzester Zeit. «Das sind wirklich kleine fiese Stecher, die uns auf Radtouren oder am Badesee angreifen», erklärte die Expertin.
Auch Wald- und Wiesenmücken gebe es in diesem Jahr mehr als in vorherigen Sommern. Hinzu kommen die Hausmücken, die etwa in Regentonnen nahe von Siedlungen schlüpfen. Sie ärgerten die Menschen jedoch jedes Jahr gleichermaßen. Hinzu kam, dass es zwischen Juni und August nicht wirklich heiß war: Zwischen 20 und 25 Grad fühlen sich Mücke am wohlsten. «Sie konnten dadurch länger als sonst leben», erklärt die Mückenforscherin. Im
Schnitt leben Mücken vier bis sechs Wochen.
Auch der Insektenexperte des Nabu, Julian Heiermann, hat den Eindruck, dass in diesem Jahr mehr Mücken unterwegs sind. Stechmücken und Gnitzen hätten vom regnerischen Sommer profitiert, die Brutmöglichkeiten seien sehr gut gewesen. Außerdem startete die Saison durch das zunächst milde Frühjahr schon früher als sonst. Statt im April hat Biologin Walther schon im März die ersten Mücken gesichtet. «Wir hatten dadurch im Juni und Juli Populationsdichten, die wir sonst erst im August erreichen.»
Zum Ende des Sommers drängen die Hausmücken nun in die Häuser, um dort im Warmen zu überwintern. Die gute Nachricht für alle Mückenstichgeplagten: «Die Weibchen sind nun begattet und blutgesogen und stechen in der Regel nicht mehr», erläutert Biologin Walther. Insgesamt gibt es 28 Mückenfamilien, wovon nur drei blutsaugend sind: Die Steckmücke, die Gnitze und die Kriebelmücke. Ein weiteres Ärgernis können Grasmilben sein. Sie beißen Tiere und Menschen, gehören aber nicht zu den Mücken, sondern zur Familie der Spinnentiere.
«Lokal können Grasmilben sehr stark ausgebreitet sein - 1.000 Tierchen auf einem 100 Quadratmeter Rasen sind nicht ungewöhnlich», sagt Rainer Willmann, Leiter der Abteilung Morphologie, Systematik und Evolutionsbiologie an der Uni Göttingen. In der Anfangszeit leben die auch Herbstmilben genannten Tiere als
Larven und ernähren sich als Parasiten. Sie schlüpfen meist im Juni oder Juli, danach befallen sie Menschen und Tiere, bohren sich in deren Haut, um Nährstoffe aufzunehmen. Das kann bei Menschen allergische Reaktionen auslösen: «Das reizt die Haut und es treten meist juckende Pusteln auf», beschreibt der Experte aus Göttingen.