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05.12.2008 | 14:00 | Energiemais 

Spektroskopie in der Pflanzenzüchtung: Mit der richtigen Wellenlänge zum Energiemais

Stuttgart/Hohenheim - Wenn in der Landwirtschaft von Erträgen gesprochen wird, ist im Allgemeinen die Erntemenge der Feldfrüchte gemeint.

Versuchsparzelle Maispflanzen
Prof. Albrecht Melchinger (Mitte), Dr. Juan Manuel Montes (links) und Franz Mauch (rechts) von der Universität Hohenheim vor einer Versuchsparzelle mit Maispflanzen. (c) KWS
Seitdem Landwirte neuerdings vermehrt auch als Energiewirte tätig sind, sollte bei dem Wort Ertrag allerdings genauer hingehört werden. Es könnte sich auch um die Energie handeln, die sich beispielsweise durch die Vergärung einer Erntemenge Mais gewinnen lässt.

Was Biogas zu einem Energieträger macht, ist sein Gehalt an Methan. Der Anteil des brennbaren Gases im Gesamtgemisch schwankt zwischen 50 und 75 Volumenprozent, weitere Hauptbestandteile sind Kohlendioxid und Wasserdampf. Dass der Methananteil im Biogas-Cocktail eine variable Größe einnimmt, stellt Pflanzenzüchter vor neue Aufgaben: Landwirte in Europa sollen Maissorten anbauen können, deren Methanausbeute für die Biogasnutzung optimiert ist. Klar, dass umso mehr Gas frei wird, je mehr organisches Material zur Vergärung kommt.

Auf Biomasseertrag zu züchten, ist deshalb naheliegend. Aber soll dies das ganze Geheimnis sein? In einem Verbund aus den Universitäten Hohenheim, Düsseldorf und Potsdam, dem Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie in Golm und dem Züchterhaus KWS Saat AG in Einbeck wird dieser Frage unter dem Namen GABI-Energy auf den Grund gegangen.

GABI steht für Genomanalyse im biologischen System Pflanze und deutet an, dass die Wissenschaftler Antworten in der Pflanzengenetik suchen. So könnten beispielsweise Pflanzeninhaltsstoffe wie Stärke, Öle oder Proteine eine Rolle für die Methanausbeute spielen, erklärt Dr. Juan Manuel Montes, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Pflanzenzüchtung, Saatgutforschung und Populationsgenetik der Universität Hohenheim. Die Arbeitsgruppe rund um Albrecht Melchinger, Professor für Angewandte Genetik und Pflanzenzüchtung, zeichnet sich für die Feldexperimente in der dreigliedrigen Versuchsreihe aus Freiland-, Gewächshaus- und Laborexperimenten verantwortlich.

Biomasse und Methan als Maxi-Menu

Zwei Ziele verfolgen die Wissenschaftler: Sie wollen eine Maissorte züchten, die sowohl ein Maximum an Biomasse produziert als auch in der Methanausbeute optimiert ist. Maismaterial aus der ganzen Welt steht ihnen zu Versuchszwecken zur Verfügung: 300 Linien und 600 Testkreuzungen. Mehr als 40.000 Quadratmeter Fläche nehmen die Feldversuche ein. Auf 5400 Parzellen pro Jahr müssen die Forscher einerseits herausfinden, welche Genotypen zu welchem Wachstumsstadium besonders viel Biomasse produzieren. Andererseits analysieren sie, welche Genotypen unter anaeroben Verhältnissen wie viel Methan freilassen.

Um Biomasse zu verschiedenen Wachstumsstadien zu bestimmen, gibt es eine bewährte Methode: Die zu untersuchenden Genotypen werden in mehrfachen Wiederholungen angebaut, um in gewissen zeitlichen Abständen eine Wiederholung nach der anderen zu ernten und ihr Gewicht zu messen. Doch für ein Feldexperiment im Ausmaß von GABI-Energy, bei dem 900 Genotypen untersucht werden sollen, kommt diese Handhabung nicht in Frage. Der ohnehin riesige Flächenbedarf würde sich um ein Vielfaches vergrößern und der zeitliche Aufwand wäre nicht zu bewältigen.

Sichtbares und unsichtbares Licht


Um Platz und Zeit zu sparen, muss die Biomasse auch ohne Erntevorgänge bestimmt werden können. „Wir arbeiten mit der Sonne“, sagt Montes und erklärt: „Mit spektralen Sensoren messen wir, wie viel Licht im sichtbaren Bereich von den Pflanzen reflektiert wird.“ Diese Sensoren, nebeneinander an einem Gestänge vor dem Parzellentraktor angebracht, messen das nach oben zurückstrahlende Licht von vier Pflanzenreihen gleichzeitig. Montes: „Die Pflanzen absorbieren viel Licht im Bereich zwischen 400 und 600 Nanometern Wellenlänge.“ Je weniger davon also gemessen wird, desto mehr Biomasse ist vorhanden. Eine solche Messkampagne ist beliebig oft wiederholbar, so dass zu sämtlichen Wachstumsstadien Biomasse bestimmt werden kann.

Der Lichtmessung bedienen sich die Hohenheimer Forscher ebenso, um den potentiellen Methanertrag der Genotypen zu ermitteln. Denn dessen Bestimmung im Biogaslabor ist sowohl zeit- als auch kostenintensiv. 35 Tage und bis zu 500 Euro müssen für eine Probe kalkuliert werden; für alle 900 Genotypen ein kostspieliges Unterfangen. Deshalb kommen nur so viele Proben zur Analyse, bis die Wissenschaftler den Zusammenhang zwischen Inhaltsstoffen und Methanertrag kennen.

Wie viel Stärke, Öle, Wasser oder Proteine in einem Genotypen vorhanden sind, analysieren sie mittels Nahinfrarotspektroskopie, auch NIRS genannt. „Wir vermahlen Pflanzenmaterial, nehmen eine Probe und bestrahlen sie mit Nahinfrarotlicht – Wellenlängen, die für unser Auge nicht sichtbar sind“, erläutert Montes. Aus den Ergebnissen ziehen die Wissenschaftler Rückschlüsse über die Pflanzeninhaltsstoffe und vergleichen sie mit den Ergebnissen aus dem Biogaslabor. Sind die Zusammenhänge klar, ist es ausreichend, alle Genotypen mittels NIRS zu untersuchen, um so deren Methanertrag zu kennen.

Wissen schafft Züchtung

Ist schließlich bekannt, welcher Genotyp zu welchem Wachstumsstadium am meisten Biomasse produziert und welcher Genotyp aufgrund seiner Inhaltsstoffe den höchsten Methanertrag bringt, können die Wissenschaftler deren Eigenschaften in einer Pflanze kombinieren und so eine effiziente Energiemaissorte hervorbringen. „Wissensbasierte Züchtung“ nennen sie diese Herangehensweise, bei der zunächst Grundlagenforschung betrieben wird, um die Voraussetzungen für eine gezielte Züchtung zu schaffen. Dass sie sich dabei fächerübegreifenden Methoden bedienen, wie im Projekt GABI-Energy der Spektroskopie, dient dazu, die Forschung zu beschleunigen, um so auf schnellstem Weg den Einsatz erneuerbarer Energien und Rohstoffe voranzubringen. (BioRegioStern)
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