Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
01.09.2006 | 07:28 | Vögel 

Stadtamseln sind stressresistenter als ihre Artgenossen aus dem Wald

Andechs/Seewiesen - In der Stadt geborene Amseln sind resistenter gegen akuten Stress als ihre Artgenossen aus den Wäldern.

Amsel
(c) proplanta
Das konnten die Wissenschaftler Jesko Partecke, Ingrid Schwabl und Eberhard Gwinner vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Andechs/Seewiesen http://www.orn.mpg.de jetzt nachweisen. Sie zogen Amsel-Nestlinge aus München und einem 40 Kilometer von München entfernten Waldgebiet unter exakt denselben kontrollierten Umweltbedingungen auf und entdeckten dabei, dass die Stadtamseln eine geringere hormonelle Stressreaktion aufwiesen als die Amseln aus dem Freiland. Die Forscher vermuten, dass diese Reaktion eine genetische Basis hat und das Resultat urbaner Selektionsfaktoren ist. Die Studie wurde in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Ecology http://esapubs.org/esapubs/journals/ecology.htm veröffentlicht.

"Die Studie ist ein Teilaspekt eines größeren Forschungsprojektes bezüglich der Konsequenzen der Verstädterung von Amseln", erklärt Partecke auf Nachfrage von pressetext. Die Forscher haben sich unter anderem die Reproduktion und das Zugsverhalten der Vögel angesehen, die Stressphysiologie war ein weiterer Aspekt. Um zu klären, inwiefern die Tiere ihre Stressantwort an das Stadtleben anpassen, hielten die Forscher über einen Zeitraum von einem Jahr Stadt- und Waldamseln zusammen in einem Vogelraum. Im ersten Herbst und im ersten Winter sowie im ersten Frühjahr setzten sie die Tiere jeweils unter gleichen standardisierten Bedingungen einer akuten Stresssituation aus und sammelten währenddessen Blutproben, um die Konzentration vom Vogel-Stresshormon Kortikosteron zu bestimmen.

Es stellte sich heraus, dass sich die Stadt- und Waldamseln unter normalen, stressfreien Bedingungen nicht in ihrer Korikosteron-Ausschüttung unterschieden. Auch zeigten beide Gruppen eine ähnlich akute hormonelle Stressantwort während ihres ersten Herbstes. Doch während des ersten Winters und des ersten Frühjahrs änderte sich dies drastisch: "Bei Stadtamseln reduzierte sich die akute Stressantwort erheblich, die Ausschüttung von Kortikosteron war viel geringer ausgeprägt", erläutert Partecke gegenüber pressetext. Der Wissenschaftler vermutet, dass dieser Unterschied in der hormonellen Stressantwort eine mikroevolutionäre Ursache hat und genetisch festgelegt ist.

"Diese Ergebnisse zeigen erstmals, dass das Stadtleben verhaltensphysiologische Mechanismen, die zum Überleben notwendig sind, in Wildtieren deutlich verändert", erklärt Partecke. Er hält es daher für wahrscheinlich, dass das Phänomen der reduzierten Stressantwort bei allen Tierarten auftritt, die erfolgreich in Städten leben und sich scheinbar reibungslos an neuen und potenziell stressvollen Umweltbedingungen - die permanente Präsenz von Menschen, Hunden und Katzen sowie Licht, Lärm und Verschmutzung - angepassen. "Diese Hypothese muss allerdings noch weiter untersucht werden", betont der Forscher abschließend. 

Quelle: Pressetext 29.08.2006 / 13:15
© Pressetext


Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Kommentierte Artikel

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken