Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
13.06.2016 | 15:12 | Agrarforschung 

Warum lehnt Hamburg die Exzellenzstrategie ab?

Hamburg / Berlin - Eigentlich schien es nur eine Formalie zu sein: Die Ministerpräsidenten der 16 Länder und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unterschreiben die Neuauflage der Exzellenzinitiative für Spitzenforschung, loben nochmal kurz ihre Wissenschaftsminister für die schöne, den auserwählten Hochschulen jährlich 533 Millionen Euro einbringende Vereinbarung - um sich dann im Kanzleramt den «wichtigen» Themen zu widmen.

SPD
Die Chancen einer neuen milliardenschweren «Exzellenzstrategie» für die Forscher-Elite stehen nicht gut. Denn Hamburg will dem geplanten Regelwerk nicht zustimmen. In Berlin ist die Unruhe inzwischen groß. Am Donnerstag könnte der Sekt schal werden.
Schließlich haben die Regierungschefs an diesem Donnerstag eine Reihe kritischer Punkte zu besprechen, etwa die Bund-Länder-Finanzen oder die Integrationskosten für Flüchtlinge.

Aus den Feierlichkeiten rund um die Elite-Förderung an den Hochschulen wird aber nun womöglich nichts. Selbst der Feuerwehreinsatz vieler Staatsräte und Staatssekretäre, Senats- und Staatskanzleien, Landesvertretungen, ja selbst anderer Ressortminister hat bislang nichts genützt: In der vorliegenden Form will Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) das Bund-Länder-Papier nicht unterschreiben - womit die Vereinbarung der Minister hinfällig wäre. Denn bei derartigen Abkommen ist Einstimmigkeit Pflicht.

Dabei drängt die Zeit. Die 2006 gestartete, bislang rund 4,6 Milliarden Euro teure Exzellenzinitiative läuft Ende 2017 aus. Noch in diesem Sommer sollen deshalb für das nun als «Exzellenzstrategie» bezeichnete Nachfolgeprogramm die Ausschreibungen für bis zu 50 Forschungsprojekte als Exzellenzcluster beginnen. Im Juli 2019 sollen dann auch die acht bis elf neuen Elite-Universitäten feststehen.

Grundsätzlich hat Hamburg auch nichts dagegen. «Wir stehen zur Exzellenzinitiative», sagt Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) bei nahezu jeder sich bietenden Gelegenheit. Und doch bleibt sie in einem Punkt unnachgiebig - nämlich bei der Frage, wie sichergestellt werden kann, dass jede Hochschule in Deutschland die gleiche Chance hat, Elite-Uni zu werden.

Genau das scheint den Hamburgern nach den bisher vorgesehenen Regularien zumindest zweifelhaft. Denn demnach - davon ist Fegebank überzeugt - ist es künftig für eine aufstrebende Hochschule faktisch unmöglich, den Titel Eexzellenz-Universität neu zu erwerben, da die Platzhirsche ihre Leistungen nicht wirklich überprüfen lassen müssen. Disqualifizieren könne sich eine Universität nur, wenn sie keine zwei Exzellenzcluster mehr vorzuweisen habe. Fegebank: «Das heißt also: Nur wer trotz intensiver Förderung nach sieben Jahren schlechter ist als heute, verliert den Status.»

Schon im April hatte sich die Senatorin aus dem hohen Norden in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) beim Beschluss zur Bund-Länder-Vereinbarung der Stimme enthalten und in einer Protokollnotiz ihre Bedenken festhalten lassen. Zudem machte Hamburg einen Vorschlag, wie der umstrittene Evaluationsparagraf ergänzt werden könnte - indem «die bereits in der Förderung befindlichen Exzellenzuniversitäten im Wettbewerb mit möglichen Neuanträgen regelmäßig nach sieben Jahren evaluiert werden».

Eine Selbstverständlichkeit? Nicht für das Forschungsministerium von Johanna Wanka (CDU), der mit einem «Exzellenzstrategie»-Flop eine der bittersten Niederlagen ihrer gut dreijährigen Amtszeit droht. Bisher hatte die Bundesministerin freundlich-jovial und durchaus selbstbewusst meist Schönes zu verkünden: die Fortsetzung des Hochschulpakts, mehr Bundes-Kompetenzen in der Forschungspolitik, die komplette Bafög-Kostenübernahme, zahlreiche teure Förderprogramme - und überhaupt eine Aufwertung der Bildungspolitik in Deutschland.

Die ursprüngliche Berliner Idee, nur ganz wenige Elite-Unis als «Leuchttürme» zu fördern (dafür aber dauerhaft), kam vor allem bei jenen Ländern nicht gut an, die schon eine der bisher elf deutschen Top-Hochschulen haben. Sie fürchteten einen möglichen Abstieg in die zweite Forscher-Liga. Im Wanka-Ministerium wird die Hamburger Position nun wohl auch deswegen als so nervig empfunden, weil bald auch andere Länder trotz des Pakts der Ressortchefs noch Sonderwünsche äußern könnten.

Stellt sich die Frage, warum Scholz und Fegebank dennoch so penetrant auf Erfüllung einer - wie Kritiker meinen - Lappalie bestehen? Bei der grünen Wissenschaftssenatorin mutmaßen Gegner, dass sie allein die Chancen der bislang erfolglosen Universität Hamburg auf den begehrten Elite-Titel mehren will. Doch was treibt den Bürgermeister um, der sich in Hamburg bislang nicht übermäßig für die Wissenschaft eingesetzt hatte? Wieso hat er - wie zu hören ist - im Senat sogar auf seinen Amtseid verwiesen, der ihm eine derart weitreichende Unterschrift unter das Exzellenz-Paket geradezu verbiete?

Es genügt ein Blick auf das Parteibuch: Scholz ist durch und durch Sozialdemokrat (sogar stellvertretender Bundesparteichef). Und so geht es ihm womöglich schlicht um eine Frage der Gerechtigkeit - ein ursozialdemokratisches Thema.
dpa
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Forschende warnen vor Ende von Camembert-Pilz

  Kommentierte Artikel

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken