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01.01.2014 | 09:58 | Tiergesundheit und Bestandsgröße 
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Weniger Tiere - gesündere Tiere?

Braunschweig - Die Bestandsgrößen in der Nutztierhaltung wachsen kontinuierlich. Viele Umwelt- und Tierschutzverbände gehen davon aus, dass Tiere in großen Betrieben weniger tiergerecht gehalten werden als in kleinen.

Bestandsdichte
(c) proplanta
Ein großer Teil der landwirtschaftlichen Verbände, Veterinäre und Agrarwissenschaftler hält dagegen, dass weniger die Bestandsgröße, als vielmehr Haltungsverfahren und Management entscheidend für das Wohl der Tiere sind.

Mit ihrer Masterarbeit zum „Einfluss von Tierbestandsgrößen in schweinehaltenden Betrieben auf Tierverhalten und Tiergesundheit“ hat sich Aileen Ernst, Studentin der Agrarwissenschaft, dieser öffentlichen Debatte angenommen.

Hat die Größe eines Viehbestands Einfluss auf die Tiergerechtheit? – lautet die Kernfrage der Untersuchung, der die Studentin nachgegangen ist. Dafür hat sie nationale und internationale empirische Untersuchungen zu Tiergesundheit und Tierverhalten hinsichtlich des Einflusses von Bestandsgrößen ausgewertet. Während für das Tierverhalten bislang kaum Untersuchun­gen vorliegen, fand Aileen Ernst zur Tiergesundheit belastbare Ergebnisse in der Literatur.

Ein wichtiges Ergebnis der vom Braunschweiger Thünen-Institut für Betriebswirtschaft und dem Department für Nutztierwissenschaften der Universität Göttingen gemeinsam betreuten Masterarbeit: Welchen Einfluss die Größe des Tierbestands auf die Tiergesundheit in der Schweinehaltung hat, lässt sich pauschal nicht beurteilen. Denn während die Bestandsgröße für Krankheiten wie der Influenza bei Schweinen oder dem sogenannten Ferkelhusten (Mycoplasma hyopneumoniae) keinen Einflussfaktor darstellt, kann ihre Wirkung bei MRSA (Methicillin-resistente Staphylococcus aureus) und Toxoplasmose als belegt angesehen werden.

Was viele jedoch überraschen dürfte: Bei Toxoplasmose, einer durch Parasiten verursachten Infektionskrankheit, die hauptsächlich Katzen, aber auch andere Säugetiere befällt, sinkt das Risiko einer Infektion laut Studienlage mit zunehmender Bestandsgröße.

Anders verhält es sich bei MRSA: Verschiedene Studien haben die Keime sowohl bei Mastschweinen als auch bei Zuchtsauen in großen Betrieben häufiger nachweisen können. Sie sind gegen die üblicherweise verwendeten Antibiotika resistent und können beim Menschen Wundinfektionen und Lungenentzündungen hervorrufen. Traten sie früher vor allem im Krankenhaus auf, häufen sich seit 2005 Nachweise bei Personen, die Kontakt zu MRSA-befallenen Tieren hatten.

Für Pleuritis, eine bakteriell oder viral verursachte Rippenfellentzündung, und PRRS, eine Virusinfektion, die zu verringerten Wurfgrößen und der Geburt toter oder lebensschwacher Ferkel führen kann, stellt sich die Sachlage uneinheitlich dar. Während einige wissenschaftliche Untersuchungen keinen Zusammenhang zwischen Bestandsgröße und Krankheit feststellen konnten, halten andere ein steigendes Infektionsrisiko mit wachsender Bestandsgröße fest.

Die Untersuchung zeigt, dass es offenbar keine generelle Wirkungsbeziehung zwischen Bestandsgröße und höherer Krankheitsanfälligkeit bei Schweinen gibt. Manche Krankheiten treten unabhängig von der Größe der Bestände auf, deshalb ist man bei Diskussionen über das Thema gut beraten, genau zu unterscheiden, um welchen Krankheitstyp es sich konkret handelt. (ti)
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Eckard Wendt, AGfaN e.V. schrieb am 01.01.2014 18:51 Uhrzustimmen(115) widersprechen(70)
Gewiß spielt das Management eine sehr große Rolle, weshalb es wichtig ist, diesbezüglich Haltungen mit gleich hohem Standard miteinander zu vergleichen. Große Bestände KÖNNEN einen gewissen Vorteil bieten, weil theoretisch gesehen die Möglichkeit besteht, daß ein oder mehrere hochqualifizierte Betreuer ständig zugegen sein KÖNN(T)EN. Auf kleineren Betrieben gehen u.U. Erntearbeiten vor, wenn z.B. Heu noch vor dem aufziehenden Gewitter geborgen werden muß. Aus meiner Sicht ist es aber wichtiger, gut geführte konventionelle Stallhaltungen mit Auslauf- und möglichst auch Freilandhaltungen zu vergleichen. Nachteil der reinen Stallhaltungen ist der trotz der Spaltenböden hohe Re-Infektionsdruck, weil die Schweine mit den Rüsseln am Boden wühlen und dabei intensiv mit dem Kot in Berührung kommen, während in den beiden alternativen Haltungssystemen Kot- und Aktivitäts- sowie Ruhebereiche von den Tieren weitgehend getrennt werden. Das künstliche, unnatürliche und dennoch "optimal" genannte Klima der Stallhaltung verhindert den Aufbau eines stabilen Immunsystems und unterbindet den desinfizierenden Einfluß des UV-Anteils des Tageslichts, das nicht durch Bleiglas dringen kann. Deshalb müssen bei Stallhaltungen mit hoher Besatzdicht (d.h. wenig Platz je Tier) so viel Medikamente eingesetzt werden, um die Tiere "frei von Krankheiten" zu halten, was nun mal etwas ganz anderes ist als Gesundheit und Vitalität.
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